einen guten Ruf habe, erlebe er ständig. Und Ministerpräsident Dr. Manfred Stolpe kam zwar„nur zum Zuhören an die Uni“, verkündete aber, während der Zeit, in der er Verantwortung trage, gäbe es im Land drei Universitäten.
B.E:
Auf der sich der Demonstration anschließenden Kundgebung betonten alle Redner, gemeinsam gegen die falschen Sparmaßnahmen der Landesregierung im Bildungs- und Hochschulbereich vorgehen zu wollen. Foto: Tribukeit
RESOLUTIONEN
Die Mitglieder des Senates, des Konzils und der Personalräte der Universität Potsdam wandten sich angesichts der aktuellen Lage der Hochschulentwicklung mit eigenen Resolutionen an die Öffentlichkeit.‘
In der Senatsresolution heißt es:
„Im Lande Brandenburg werden derzeitig nur 211,- DM pro Kopf der Bevölkerung für Hochschulpolitik ausgegeben, während im Durchschnitt der neuen Bundesländer 409,- DM pro Kopf investiert werden. Damit wird hier der für die Zukunft wichtige forschungspolitische Sektor wesentlich schwächer finanziert als zum Beispiel in Mecklenburg- Vorpommern, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Während also andere SPD-regierte neue Bundesländer— wie etwa Sachsen-Anhalt- ihre finanziellen Aufwendungen für Wissenschaft und Forschung zukünftig erhöhen, ist in Brandenburg geplant, die in diesem Vergleich ohnehin nur 50prozentige Ausstattung weiterhin zurückzufahren.
Dadurch wird aus Sicht der Universität Potsdam die Landesregierung ihrer politischen Verantwortung für die Zukunft Bran
denburgs nicht gerecht. Obwohl bundesweit derzeit von allen Parteien einheitlich Bildung, Wissenschaft und Forschung als das eigentliche Zukunftspotential Deutschlands herausgestellt werden, riskiert Brandenburg mit dieser singulären Politik, an der weiteren wissenschaftlich-wirtschaftlichen Entwicklung nicht teilzunehmen und damit die Chance zur Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Innovation zu versäumen, Vor diesem Hintergrund fordert der Senat der Universität Potsdam die politischen Entscheidungsträger des Landes zu einer Umkehr dieser Entwicklung auf, um die Chancen des Landes Brandenburg im nationalen und internationalen Wettbewerb zu erhalten...“
In der Konzilsresolution wird bemerkt: „Die Universität Potsdam ist das Flaggschiff in der brandenburgischen Hochschullandschaft. Es ist noch nicht lange her, daß das Wissenschaftsministerium diese Parole ausgab. Die Praxis der Landespolitik sieht anders aus: Das Flaggschiff soll abgetakelt werden. Die einstigen Visionen von blühenden Wissenschaftslandschaften in Brandenburg erweisen sich als eine Fata Morgana...
Sprach das Ministerium zunächst von einer „Streckung“ des Ausbaus, erweist sich nun, daß das Opfer Universität auf das Prokrustesbett gespannt und nach allen Seiten gestreckt wird, damit sie so einigermaßen in die einstige Planung paßt. Zugleich werden ihr— mittels drastischer Personal- und Mittelkürzung—- die Gliedmaßen abgehackt...
Das Konzil als das oberste Organ der Universität,... protestiert gegen weitere Kürzungen im personellen und sächlichen Bereich, die die Arbeitsfähigkeit der Universität lahmlegen. Das Konzil appelliert an Landesregierung und Landtag, sich der Ressourcen Wissenschaft und Forschung in einem Land bewußt zu werden, das sonst keine natürlichen Ressourcen aufzuweisen hat. Um so wichtiger ist es deshalb für das Land Brandenburg, seine Zukunftsfähigkeit durch die Förderung von Wissenschaft und Forschung und der darin liegenden wirtschaftlichen Chancen zu sichern. Mit einem Etat für den Hochschulbereich, der in seiner Niedrigkeit beispiellos in Deutschland ist, sind bisher die Weichen dafür falsch gestellt. Das Konzil fordert Landesregierung und Landtag auf, die für einen weiteren Ausbau der Universität Potsdam erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.“
In der Resolution des wissenschaftlichen
und künstlerischen Personals heißt es:
„... Unsere vor erst sechs Jahren gegründe
te Universität
— ist derzeit die Alma mater für die Hälfte aller in Brandenburg Studierenden,
— hat durch ihren zunehmend guten Ruf weiter wachsende Studentenzahlen zu verzeichnen,
— ist angetreten mit Ansprüchen eigener Qualität, die sich von einer überlasteten Massenuniversität unterscheiden,
— verfügt über ein erhebliches Forschungspotential, dessen Wertschätzung in- und ausländische Kooperationspartner in eindrucksvoller Weise bekunden,
— hat alle Potenzen, für das Land Brandenburg ein effizientes und attraktives wissenschaftliches, geistiges und kulturelles Zentrum zu sein.
Voller Besorgnis sehen wir all dies durch die Kürzungsabsichten der Landesregierung in Gefahr geraten. Unsere Sorge richtet sich auf
— erzwungene Strukturveränderungen, die das innovative Potential der Universität erheblich schwächen würden,
— einen möglichen Abbau von Stellen im Bereich des für Lehre und Forschung dringend nötigen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals, der zwangsläufig zu einer Minderung an Studien- und Forschungsqualität führen müßte...
Wir erwarten von den Politikern des Landes Brandenburg Verantwortungsbewußtsein, Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und kompetente, zukunftsorientierte Entscheidungen und fordern deshalb:
— die Rücknahme der Kürzungspläne im Rahmen der Mittelfristigen Finanzplanung und
— die Erarbeitung vernünftiger Konzepte „die der Entwicklung, nicht dem Abbau der Brandenburger Hochschulen dienen.“
In der Resolution der Mitarbeiter aus Technik und Verwaltung heißt es:
„... Die Mitarbeiter verstehen nicht, wie bei einer Universität, die sich noch im Aufbau befindet, der Personalbestand erheblich reduziert werden soll, so daß durch die Hochschulleitung sogar betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen werden.Ständig wachsende Studentenzahlen zeigen die zunehmende Beliebtheit der Universität Potsdam. Es ist unverantwortlich, diese positive Entwicklungsarbeit durch andauernde Haushaltskürzungen zu unterbinden. Wie kann man den Wissenschaftspark in Golm aufbauen und gleichzeitig die Kündigung von Mitarbeitern aus Technik und Verwaltung der Universität planen, die eng mit den neuen wissenschaftlichen Einrichtungen in Golm zusammenarbeiten sollen. Ohne technische Mitarbeiter ist eine wissenschaftliche Arbeit nicht möglich. Wir verwahren uns gegen Ansichten, daß die Universität Potsdam zu viele Beschäftigte in Werkstätten, Laboren und Verwaltungen habe...“
Seite 16
PUTZ 4/97