Heft 
(1.1.2019) 04
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MEHR ÄHNLICHKEITEN ALS UNTERSCHIEDE IN OST UND WEST

Berliner Wendekinder ein DFG-gefördertes Forschungsprojekt

Umwälzungen, wie sie beispielsweise mit dem Zusammenbruch eines Gesell­schaftssystems verbunden sind, berühren nicht nur die sogenannte große Politik. Sie greifen ebenso entscheidend in das alltäg­liche Leben von Millionen Menschen ein. Daß bereits kleine Kinder solche Ereignis­se reflektieren und verarbeiten, wird oft vergessen. Deshalb wandten sich Wissen­schaftler den bisher wenig beachteten sozialen und sozial-emotionalen Aspekten dieser Problematik zu. So entstand das ProjektBerliner Wendekinder.

Im Sommer 1992 begannen unter der Lei­tung der damals noch an der FU Berlin täti­gen Prof. Dr. Hellgard Rauh, heute Professo­rin für Entwicklungspsychologie an der Uni­versität Potsdam, und Dr. Christine Weber, Berliner Institut für Kleinkindpädagogik und

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überwiegen im übrigen deren Vorteile: Sau­erstoff gelangt bis zum Grund, am Sedi­ment vorhandene abgestorbene Algen wer­den zersetzt.

Das Team um Sabine Friedrich konzentriert sich bei seiner Analyse nicht nur auf chemi­sche, sondern ebenfalls auf physikalische und biologische Parameter. So registrieren die Mitarbeiter beispielsweise derzeit be­reits ein Abnehmen der Sichttiefe(von 150 auf 90 Zentimeter) sowie die Zunahme des Chlorophyll a-Gehaltes(von 3 auf 8,5 g/l) im Gewässer. Chemische Angaben dagegen machen den Löwenanteil aus. Zu ihnen ge­hören unter anderem neben CSB(Chemi­scher Sauerstoffbedarf)-Werten auch die für die Algenaktivität aussagekräftigen, gegen­wärtig steigenden pH-Werte(von 7,85 auf 8,55). Ganz besondere Aufmerksamkeit er­fahren die durch Badenutzung beeinflußten Nährstoffkonzentrationen.Momentan lie­gen sie unter der Nachweisgrenze der Ge­räte, konstatiert Friedrich.Unter diesem Aspekt besitzt der See augenblicklich sogar Trinkwasserqualität. Jene fehlenden Phos­phate, Nitrite, Nitrate und dergleichen je­doch lagern möglicherweise gebunden im Sediment. Bei sommerlich hohen Tempera­turen sowie Sauerstofflosigkeit könnten sie sich rücklösen und doch noch den Wasser­körper erreichen. Vorerst aber gibt es für die Potsdamer durchaus Hoffnung.Die ermit­telten Werte, urteilt die Projektleiterin,sind generell sehr ordentlich. An der Fortsetzung besagter Tendenz freilich bestehen Zweifel. Wir gehen, so die habilitierte Chemikerin, VON einer gravierenden Änderung aus, SO­bald der Badebetrieb einsetzt. Man muß den Sommer abwarten. PG.

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familienbegleitende Kinderbetreuung- BIK eV, die Untersuchungen. Das von der Deut­Schen Forschungsgemeinschaft(DFG) fi­Nanzierte und bis August 1998 verlängerte Projekt analysiert dieSchulanpassung bei Kindern mit Krippen- und Kindergarten­erfahrung im sich vereinigenden Berlin. Kinder der Geburtsjahrgänge 1985/86, aus Berlin Ost 48 und aus Berlin West 45, wählte man dafür aus. Mit 1989/90 Geborenen wird die Arbeit nun fortgesetzt. Die 1992 Einge­Schulten wiesen als Gemeinsamkeit intensi­ve Krippen- und Kindergartenerfahrungen im jeweiligen sozial-politischen System auf, Ein Jahr lang existierte 1992 bereits das for­Mal gleiche Berliner Schulsystem. Die wis­sSenschaftliche Begleitung der Probanden erfolgte in deren ersten beiden Schuljahren. Struktrierte Fragebögen und Gespräche mit den Kindern, ihren Eltern und Lehrern dien­ten als methodische Mittel. Erhoben wurden dabei sowohl die generellen und persönli­chen Erfahrungen der Erwachsenen mit dem sozialen Wandel als auch die Anpas­Sung der Kinder.

Die Generation der Kinder in Berlin, die ihre Kindheit in getrennten und unterschiedli­chen Systemen erlebten, dann aber in das gleiche Schulsystem eintraten, erlaubt nach Auffassung Hellgard Rauhs,zu prüfen, in­wieweit eher die familienspezifischen Be­sonderheiten und Probleme oder system­spezifischen Charakteristika das Verhalten von Schulanfängern beeinflussen.

Wenn auch nicht unbedingt erwartet, So tra­ten die geschlechtsspezifischen Unter­sSchiede deutlicher als die Systemunter­schiede zutage. Die Ergebnisse belegen,

daß die Verhaltensauffälligkeit bei Schul­eintritt stärker mit den von den Müttern berichteten Partnerproblemen während der Schwangerschaft in Verbindung stehen als mit system-spezifischen Ost-West-Charak­teristika. Bemerkenswert auch, daß die Mütter jener Schulanfänger, die nur in der Schule auffielen, auf die Wende und die folgenden politischen Ereignisse mit wenig Existenzangst reagierten. Kinder dagegen, die lediglich zu Hause auf die Einschulung mit Verhaltensproblemen hervortraten, hat­en Mütter, die nur anfangs besonders ängstlich waren, erläuterte Rauh.

Das Forschungsteam aus Pädagogen und Psychologen kann auch noch anzutreffen­den Vorurteilen Fakten entgegenhalten: Die Kinder unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Intelligenz in Ost und West genausowenig, wie die Zahl derjenigen, die den Lehrern als schwierig galten. Kinder, die in den er­sten Wochen zwar in der Schule, aber nicht zu Hause hervortraten, hatten meist Eltern, die dem gesamten Wendegeschehen emo­jonal relativ neutral oder distanziert gegen­überstanden. Eltern dagegen, die die Wen­de gleich zu Beginn deutlich emotional wahrnahmen, bemerkten auch bei ihrem Nachwuchs zu Hause Belastungs­merkmale. Kinder, bei denen weder Lehrer noch Eltern Veränderungen registrierten, hatten meist Eltern, die die Wende­ereignisse erst allmählich in der Bedeutung für ihr Leben erkannten. Es zeigte sichdaß die Sensivität gegenüber politischen Ereig­nissen und gegenüber feinen psychologi­schen Belastungen der eigenen Kinder mit­einander in Wechselwirkung stehen. B.E.

Pan Angst bei Müttern 7 stark u 6 s5 mittel QOst m West gering o 1985/86 Juni- Ende Juli- Sylvester Sylvester Sylvester - Ende Nov 1989 Sept 1991 1992 1993 1988 1989 1990 *..>.r "Mauerfall" Wiedervereinigung Währungsunion

Mütter wurden 1993 hinsichtlich ihrer Gefühlslage zu verschiedenen Zeitpunkten in den Wendejahren befragt: Die Angst derOst-Mütter lag im Geburtsjahr ihrer Kinder niedriger als die derWest­Mütter, zur Zeit der Währungsunion und der Wiedervereinigung höher und pendelte sich dann auf

etwa gleichem Niveau ein.

Grafik: zg.

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