AUF DEM WEG ZU NEUEN UFERN
Wirtschaftswissenschaftler der Uni vor erster Prüfungsordnung mit„Credit-Point-System“
Vor seiner Einführung steht erstmalig ein insbesondere durch die Vergabe von Kredit-Punkten gekennzeichnetes studienbegleitendes Prüfungssystem an der Universität Potsdam. Sanktioniert wird es durch die neue gemeinsame Diplomprüfungsordnung(DPO) für die wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre sowie Volkswirtschaftslehre sozialwissenschaftlicher Richtung. Noch allerdings ist es nicht ganz soweit. Bis Ende November erfolgt voraussichtlich die rechtsaufsichtliche Beurteilung des Gesetzesentwurfs im zuständigen Referat des brandenburgischen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Erst dann geht die Hochschule an die Umsetzung des Pilotprojektes.
Das Vorhaben entspricht nicht zuletzt auch den von der bundesdeutschen Hochschulrektorenkonferenz entwickelten Richtlinien für die Modernisierung von Studienangeboten. Thematisch und zeitlich abgestimmte Module des Studiums, das heißt zusammengefaßte Stoffgebiete, sollen demnach künftig vermehrt studienbegleitend abgeprüft und gleichzeitig mit Kreditpunkten vergolten werden. Dabei stellen jene jetzt favorisierten Punktesysteme längst kein Novum mehr dar. Allein in Deutschland verwenden sie bereits rund 30 Hochschulen, in vielen Fällen jedoch auf der sich nochmals unterscheidenden Ebene des europäischen Systems zur Anrechnung von Studienleistungen(ECTS). So zählen die Potsdamer zwar nicht zu den Erfindern einer mit dem Credit-Point-Sy
{ ' an
A
Die neue Prüfungsordnung der Wirtschaftswissenschaftler sieht am Ende einer jeden Veranstaltung eine Prüfung vor. Der Griff zum Buch und die Rückmeldung über den individuellen Kenntnisstand
werden damit für die Studierenden vermutlich kontinuierlicher.
stem verbundenen Prüfungsordnung, gehören dennoch aber zu den Vorreitern dieser Reform der Studienorganisation. Andere diesbezügliche Modelle in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen gibt es beispielsweise an den Universitäten Bonn, Magdeburg, Frankfurt/M. oder Bamberg. Die mit deren Installierung verbundenen bildungspolitischen Ziele scheinen konsensfähig. Dabei handelt es sich in erster Linie um kürzere Studienzeiten, wenn auch durch das additive, also Stück fü Stück mögliche Erwerben der Vordiplomund Diplomprüfung theoretische Möglich
m
Rund ein Jahr dauerte die Diskussion um die Diplomprüfungsordnung. Lehrkräfte und Studierende der wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge stehen jetzt in den Startlöchern, um sie in der Praxis
auszuprobieren.
Foto: Tribukeit
Foto:Tribukeit
keiten zur Verlängerung der üblichen Regelstudienzeit bestehen, Überschaubarkeit sowie kontinuierliche Leistungskontrolle als Orientierungshilfe für Studierende und Lehrende. Daneben wird zudem eine größere Flexibilität des Studiums erreicht.
Stopp durch studentisches Sondervotum
Der in Potsdam vorhandene Entwurf zur neuen Prüfungsordnung trägt heute auch die studentische Handschrift. Ulf Rosner, 6. Fachsemester Volkswirtschaftslehre sozialwissenschaftlicher Richtung, und Mathias Muncke, 9. Fachsemester Politikwissenschaft, wissen um die darum geführten haren Auseinandersetzungen. Beide Kommilitonen haben sie als damalige Mitglieder des zuständigen Fakultätsrates erlebt. „Manches konnte so nicht stehenbleiben. Deshalb haben wir von unserem Recht Gebrauch gemacht, Änderungsvorschläge zu formulieren“, erinnern sich die zwei. Sie kritisieren in diesem Zusammenhang die ihrer Meinung nach anfänglich nur zögerliche Einbeziehung Studierender in die Erarbeitung des Papiers.„Die Schwierigkeit bei der Prüfungsordnung war“, so deren Einschätzung,„daß diese schon das Ergebnis eines Verhandlungsprozesses zwischen den Wirtschaftsprofessoren darstellte“. Problematisch ist für sie im späteren Diskussionsverlauf unter anderem die Frage der geplanten Prüfungen am Studienende, der Übergang vom Crund- ins Hauptstudium oder die avisierten begrenzten Wiederholungsmöglichkeiten.
Seite 16
PUTZ 8/97