Heft 
(1.1.2019) 08
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Ganz oben auf der Sorgenliste aber stehen die angedachten Fristen. In dem eigens dazu verfaßten studentischen Sondervotum vom November 1996 heißt es denn auch: Die Vorgaben(fünf Semester als Obergrenze für das Vordiplom beziehungsweise zehn Se­mester für das Diplom)gehen von einem Idealstudenten aus, der sich ausschließlich seinem Studium widmet, In dem Falle feh­le die Zeit für den Blick über den Tellerrand, die Arbeit zum Lebensunterhalt oder das Engagement in universitären Gremien. Im Fakultätsrat bleibt es durch Beschluß vom 18.12.1996 bei der zeitlichen Beschränkung. Weitergeführt wird der Disput jetzt in der un­ter Leitung der Prorektorin Prof. Dr. Bärbel Kirsch tagenden Senatskommission für Leh­re und Studium(LSK).

Zweite Runde in Uni­Senatskommission

In der LSK liegen die Argumente für und ge­gen einzelne Festlegungen erneut auf dem Tisch. Hinsichtlich des gemeinsamen Ziels herrscht dennoch gleich zu Beginn Überein­stimmung: man will die neue Prüfungsord­nung. Die Studenten sollen genügend Raum erhalten, eigene Vorstellungen zu präsentie­ren. Zündstoff bieten zum Beispiel die bei­den am Ende der Ausbildung geplanten mündlichen Prüfungen, die nicht überall in diesem System üblich sind.Letztlich, kon­statiert Kirsch,hat die LSK diesen Prüfungs­

gesprächen zugestimmt, weil sie die Mög­lichkeit schaffen, ein Fach nicht nur in seinen Segmenten zu reflektieren, sondern Beziehungsgefüge herzustellen. Auch eine aus Sicht der jungen Leute drohende stärke­re Reglementierung des gesamten Studien­ablaufs sorgt nochmals für hitzige Wortge­fechte, andere Themen kommen hinzu. Das Pro und Kontra bringt den erhofften Erfolg. Es entsteht ein Kompromiß.Ich denke, re­sümiert die Prorektorin für Lehre und Studi­um an der Potsdamer Alma mater,die Ar­beit hat sich gelohnt.Ecken und Kanten existieren mit Sicherheit. Dennoch sollte wir nun den Versuch starten, einer sich in den Hochschulen einer Reihe von Ländern abzeichnenden Tendenz Rechnung zu tra­gen. Aus den Erfahrungen könnten mögli­che Nachfolger profitieren. Konkrete Pen­dants in den anderen Fakultäten bestünden allerdings derzeit noch nicht.

Die Details stehen fest

Das Prinzip der Diplomprüfungsordnung scheint einfach: am Ende jeder Veranstaltung wird eine in der Regel schriftliche Prüfung angesetzt, der Teilnehmer bekommt dafür je nach Leistung Bonus- oder Maluspunkte. Sind im Hauptstudium in fünf Fächern jeweils 14 Bonuspunkte erreicht und die Diplomar­beit erfolgreich geschneben, so ist das Ex­amen bestanden. Die Gesamtnote ergibt sich aus dem mit den Bonuspunkten gewichteten

Durchschnitt der Einzelnoten.

Zahlreiche Nebenbedingungen untermau­ern die Struktur des Entwurfs. Dabei leistet sich Potsdam durchaus Spezifika.Zu ihnen gehören, erklärt Prof. Dr. Wilfried Fuhr­mann aus der Wirtschafts- und Sozialwis­senschaftlichen Fakultät,jene zwei münd­ichen Prüfungen am Schluß des Studiums und das nach oben mit 32 Punkten begrenz­e Malussystem, das eine individuelle Wiederholungsstruktur zuläßt.

Drei Hauptaspekte machen das Anliegen der DPO nach dessen Ansicht aus: größere Flexibilität, höhere Transparenz sowie weni­ger Mobilitätshemmnisse. So können bei­spielsweise an anderen Universitäten er­brachte Prüfungen im Umfang von 28 Bonus­punkten angerechnet werden. Damit steht es den Studierenden frei, bis zu einer gewis­sen Obergrenze einzelne Veranstaltungen in außerhalb Potsdams befindlichen Einrich­tungen zu absolvieren. Eine Zwangs­vermischung zwischen Berlin und Branden­burg soll es dabei jedoch aus Sicht Fuhr­manns nicht geben.Die Prüfungsordnung, unterstreicht der Wissenschaftler,ist schließlich entstanden mit Blick auf eine bessere Ausbildung, einen funktionierenden Know-how-Transfer, hohe Wissenschaftlich­keit. Ihr zugrunde lägen keine finanzpoliti­schen Spiele. Es sei eine Initiative der Uni, mahnt er, nicht der Politiker. Die Hochschu­le habe Reformfähigkeit bewiesen. PS.

DDR-SPITZENSPORT STEUERTE AUF TALFAHRT ZU Potsdamer Uni-Projekt mit neuen Fakten

Die ökonomische Realität hatte den DDR­Spitzensport eingeholt, als die DDR formell noch bestand. Zu dieser Einschätzung kommt Prof. Dr. Hans Joachim Teichler vom Institut für Sportwissenschaft der Universi­tät Potsdam. In einem Forschungsprojekt widmen er und seine Mitarbeiter sich dem einstigen Leistungssportsystem in den 80er Jahren bis hin zu dessen Auflösung.

Nach neuesten Erkenntnissen der Wissen­schaftler spitzte sich die Lage auf dem ge­samten Sportsektor drastisch zu. Die wirt­schaftliche Krise des sozialistischen Staates blieb offensichtlich nicht ohne Auswirkun­gen auch auf das bis dahin äußerlich funk­tionierende Vorzeigeobjekt. Jede Mark Zu­wendung erforderte jetzt harte Auseinander­setzungen mit der staatlichen Plankommis­sion. Auf Unterstützung durch das Politbüro konnten die Funktionäre dennoch hoffen. Der im Januar 1989 als Orientierung dekla­mierte Leistungssportbeschluß für die Jahre 1990-1994 beispielsweise dezimierte zwar die beantragten Investitionen um ein Viertel

auf 348,7 Mio DM, genehmigte jedoch 420 weitere Planstellen, mehr Personal für den Sportmedizinischen Dienst und Fahrzeuge. Wie dramatisch die Lage trotzdem inzwi­schen war, kennzeichne nach Ansicht Teichlers nicht nur der bereits verhängte Stop von Neubauten geplanter Trainings­und Wettkampfstätten, sondern ebenso der spärliche Erhalt vorhandener Anlagen.In einigen Bereichen hatte man damit begon­nen, den Ast, auf dem man saß, abzusägen, so seine Einschätzung. Der TSC Berlin etwa sei bei dessen Bemühungen um die notwen­dige Instandsetzung des zerfallenden Frie­sen-Stadions erfolglos geblieben. Schwim­mer des Clubs sowie weiterer Trainings­zentren saßen deshalb buchstäblich auf dem Trockenen. Für aktuelle Olympia-Kader und Medaillenanwärter aber sicherten Sonderre­gelungen das Trainingspensum.

Nichtsdestotrotz: DDR-Athleten zahlreicher Disziplinen beherrschten auch jetzt die Teilnehmerfelder internationaler Wettbewer­be. Daß dies durchaus keine in Serien pro­duzierten Zufälle darstellte, bleibe dabei

unstrittig. Einigkeit herrsche unter den Ex­perten in jenem Zusammenhang über die Effizienz des damals üblichen einheitlichen Systems der Sichtung und Auswahl mögli­cher Talente, das mit seinen Folgeerschei­nungen allerdings viel Geld kostete. Allein im zivilen Bereich, noch fehlen den Potsda­mern exakte, insbesondere finanzielle Anga­ben über die Sportvereinigungen ASK und Dynamo, gab es 1800 Trainingszentren, von denen jährlich rund 3000 Jugendliche in die 25 Kinder- und Jugendsportschulen des Lan­des kamen. Dort erhielten sie teilweise eine ‚besonders personalintensive Einzelbetreu­ung, erforderliche Ausbildungszeitverlänge­rungen wurden mit dem fiktiven Jahreslohn eines Facharbeiters in Höhe von 20.000 DM pro Jahr materiell abgegolten.Nachweis­lich floß die Masse der volkswirtschaftlichen Ressourcen nicht in den Breiten-, sondern in den schmalen Sektor Leistungssport, so der Inhaber der Professur für Zeitgeschich­te des Sports.Dazu gehörten im ganzen nur annähernd 100.000 Personen, wie zum Bei­

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