Nach schwerer Diskussion hat der Senat der Universität Potsdam am 20. November 1997 ein reduziertes Sollstellenkonzept für die wissenschaftlichen Mitarbeiter beschlossen. Es beruht, entsprechend der Vorgaben aus dem brandenburgischen Wissenschaftsministerium, auf einer Struktur von 209 Professorenstellen und bewegt sich innerhalb des ebenfalls vorgegebenen Rahmens von 397 bzw. 404 Stellen.
Insgesamt verfügt die Hochschule derzeit über 496 wissenschaftliche Mitarbeiterstellen in den Fakultäten. Die sich daraus ergebende Differenz läßt bereits erahnen, welche immensen Probleme auf die Universität zukommen werden, wenn sie die nun beschlossene Sollzahl erreichen will— ein in kurzer Frist unmöglich zu bewältigendes Vorhaben. Dem Beschluß gingen mehrmonatige, mühevolle Verhandlungen in den Fakultäten voraus, in denen sich die Mitglieder um konstruktive Lösungen bemüht haben. Dazu gezwungen wurden sie durch die Mittelfristige Finanzplanung des Landes, die aufgrund der Kürzungsvorgaben ohne einen solchen Senatsbeschluß bewirkt hätte, daß die Hochschule aller ihrer befristeten Qualiikationsstellen verlustig gegangen wäre. ‚Die Universitätsleitung und der Senat sind sich allerdings sehr wohl bewußt, daß die Mitarbeiter, die nun in einen sogenannten Überhang zu definieren sind, einen entscheidenden Beitrag zum Aufbau der Hochschue geleistet haben“, charakterisierte denn auch die für die Strukturplanung verantwortiche Prorektorin Prof. Dr. Helene Harth die Zwangslage der Potsdamer Universität. Jedoch könne es sich eine Hochschule einfach nicht leisten, keine Qulifikationsstellen zu haben und somit auf die Ausbildung eines qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses zu verzichten.
Die Senatorinnen und Senatoren haben vor diesem Hintergrund ganz klare Erwartungen an ihren schweren Beschluß geknüpft: Sie gehen davon aus, daß die Landesregierung es der Hochschule auch bei künftigen finanziellen Schwierigkeiten ermöglicht, sich mit den nunmehr festgesetzten Kapazitäten auf dem erreichten Niveau zu konsolidieren und sich ihren eigentlichen Aufgaben in Lehre und Forschung, in der Planung innovativer Strukturen sowie in der Schaffung eines auch für das Land wirtschaftlich und gesellschaftlich wichtigen Potentials zu widmen. Sie erwarten ferner, daß die zum Teil schon diffamierenden Unterstellungen, die Universität Potsdam würde sich verweigern und Nicht bewegen, endgültig aufhören. Und sie wiesen sehr deutlich auf die Notwendigkeit der Finanzierung eines sogenannten Überhangkapitels hin, um die Umstrukturierungs
DIE ZITRONE IST AUSGEPRESST!
Senat beschloß reduziertes Stellenkonzept
maßnahmen überhaupt zu ermöglichen. Unabhängig davon bedeutet das nunmehr beschlossene Sollstellenkonzept, daß das Ende der Fahnenstange erreicht ist.„Aus der Potsdamer Universität lassen sich einfach keine weiteren Stellen mehr herauspressen, ohne daß sie, ihr Ruf und somit auch das Land Brandenburg schweren Schaden erleiden würde“, lautete das Credo der Senatorinnen und Senatoren. Bereits jetzt konnten nicht mehr alle von ihnen der Planung zustimmen: Während acht mit Bauchgrimmen in den sauren Apfel bissen und mit ja stimmten, lehnten drei das Sollstellenplankonzept ab. Hg.
KOMMENTIERT:
Stimmung eines Mittelbauvertreters im Senat
Der Senat beschloß am 20. November 1997 bisher nur Stellenzahlen für wissenschaftlıche Mitarbeiter in den Fächern, nicht etwa schon Ärgeres, wie eine Tageszeitung am folgenden Tag meldete. Die Hochschulleitung sieht sich durch das Wissenschaftsministerium genötigt, die Sparvorgaben umzusetzen, weil sonst jede weitere Bewegung —- wie Berufungen oder Neueinstellungen— von diesem verhindert werden würde. Den von der Kommission für Entwicklungsplanung und Finanzen vorgeschlagenen Zahlen war trotzdem nicht zuzustimmen, weil damit im Vergleich zu anderen deutschen Hochschulen die jeweils ungünstigsten Relationen zwischen Mitarbeiter- und Professorenzahlen ohne Kompensation durch z.B. Funktionsstellen von der Universität akzeptiert werden—- auch wenn ein weiterer Senatsbeschluß den Rektor beauftragt, in dieser Angelegenheit mit dem Wissenschaftsministerium weiter zu verhandeln. Weiter war der Vorlage nicht zuzustimmen, weil die rechtlichen Konsequenzen dieser Zahlenspiele nicht ausreichend klar sind. Weder ein „Überhangkapitel“ noch akzeptable flankierende Maßnahmen zu einem sozialverträglichen Personalabbau sind erkennbar. Lediglich eine„Verfahrensrichtlinie zur Durchführung der Sozialauswahl im Rahmen des Stellenabbaus”“ als weiterer Tagesordnungspunkt der Senatssitzung läßt vermuten, was als unvermeidbar angesehen wird, Ich halte es für eine Illusion anzunehmen, daß durch die„personenscharfe“ Definition des Überhangs zusätzliches Geld im Landeshaushalt für die Universität Potsdam gefunden wird. Die Situation für die Uni bleibt: keine freien Stellen, keine Neuberufungen oder Neueinstellungen. Der Beschluß wurde mit drei Gegenstimmen angenommen. Meinen die Studentenvertreter im Senat, daß mit diesen MitarbeiterzahJen ihre Betreuung angemessen ‚erfolgen kann? Meint die Vertreterin des Personals in Technik und Verwaltung, daß der Sparkelch an ihrer Gruppe vorübergeht? Wurde über solche Vorgaben noch nicht geredet?
Fred Albrecht
ZIEL NICHT ERREICHT
Stellungnahme der Universität Potsdam zum Entwurf des Landeshochschulgesetzes
Der brandenburgische Wissenschaftsminister Steffen Reiche hat einen Entwurf für ein neues Landeshochschulgesetz vorgelegt, das die Hochschulen„effektiver, flexibler und wettbewerbsfähiger“ machen soll siehe auch den Bericht„In Sorge um die künftige Entwicklung“ in dieser PUTZ). Die Universität Potsdam begrüßt grundsätzlich eine solche Novellierung, die den vorhandenen Defiziten des geltenden Rechts abhilft sowie die bestehende Überreglementierung der staatlichen Eingriffsmöglichkeiten reduziert. Sie begrüßt insbesondere die Absicht des Ministers, die Autonomie der Hochschulen zu stärken und die rechtlichen Spielräume für ihre Selbstverwaltung zu vergrößern. In diesem Zusammenhang weist der Rektor der Universität, Professor Dr. Wolfgang Loschelder, zum Beispiel auf die geplante Einrichtung von Globalhaushalten zur Stärkung der Finanzautonomie der Hochschulen hin. Die Universität Potsdam bedauert jedoch, daß bei der Erarbeitung des vorliegenden Gesetzentwurfs die Fachkompetenz der brandenburgischen Hochschulen in nur geringem Maße einbezogen worden ist. In der Sache ist die Universität Potsdam der Auffassung, daß der Gesetzentwurf die Ziele einer Stärkung der Autonomie der Hochschulen und einer Deregulierung im Hochschulbereich nicht erreicht, ihnen im Gegenteil in entscheidenden Punkten entgegenwirkt. Die Universität Potsdam hält den Entwurf insbesondere im Hinblick auf die veränderten Leitungs- und Entscheidungsstrukturen, die er vorsieht, für grundsätzlich bedenklich, sowohl in verfassungsrechtlicher wie in wissenschaftspolitischer Hinsicht, und in seiner Konzeption mit den Eigengesetzlichkeiten des Hochschulbereichs für nicht vereinbar. So sollen z.B. die Mitwirkungsrechte des Landtags in wesentlichen Fragen beseitigt werden und die Zahl der Ermächtigungen des Wissenschaftsministers zum Erlaß von Rechtsverordnungen stark ansteigen. Demgegenüber ist darauf zu dringen, daß die Zahl dieser Ermächtigungen erheblich vermindert wird. Insbesondere die Befugnis zur Errichtung, zur Zusammenlegung und Schließung von Hochschulen und Hochschulstandorten muß beim Parlament verbleiben.
Das Modell, das der Gesetzentwurf zugrunde legt, läßt sich von einem Bild der Verfassung von Wirtschaftsunternehmen leiten, das mit seinen monokratischen, hierarchischen und bürokratischen Strukturen schon im eigenen Bereich als überholt gilt. Die Universität Potsdam fordert anstelle einer solch uniformen, detaillierten Regelung eine weitgespannte Experimentierklausel, die es»
PUTZ 9/97
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