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(1.1.2019) 09
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Nach schwerer Diskussion hat der Senat der Universität Potsdam am 20. Novem­ber 1997 ein reduziertes Sollstellen­konzept für die wissenschaftlichen Mitar­beiter beschlossen. Es beruht, entspre­chend der Vorgaben aus dem branden­burgischen Wissenschaftsministerium, auf einer Struktur von 209 Professoren­stellen und bewegt sich innerhalb des ebenfalls vorgegebenen Rahmens von 397 bzw. 404 Stellen.

Insgesamt verfügt die Hochschule derzeit über 496 wissenschaftliche Mitarbeiter­stellen in den Fakultäten. Die sich daraus ergebende Differenz läßt bereits erahnen, welche immensen Probleme auf die Univer­sität zukommen werden, wenn sie die nun beschlossene Sollzahl erreichen will ein in kurzer Frist unmöglich zu bewältigendes Vorhaben. Dem Beschluß gingen mehrmo­natige, mühevolle Verhandlungen in den Fakultäten voraus, in denen sich die Mitglie­der um konstruktive Lösungen bemüht ha­ben. Dazu gezwungen wurden sie durch die Mittelfristige Finanzplanung des Landes, die aufgrund der Kürzungsvorgaben ohne einen solchen Senatsbeschluß bewirkt hätte, daß die Hochschule aller ihrer befristeten Quali­ikationsstellen verlustig gegangen wäre. ‚Die Universitätsleitung und der Senat sind sich allerdings sehr wohl bewußt, daß die Mitarbeiter, die nun in einen sogenannten Überhang zu definieren sind, einen entschei­denden Beitrag zum Aufbau der Hochschu­e geleistet haben, charakterisierte denn auch die für die Strukturplanung verantwort­iche Prorektorin Prof. Dr. Helene Harth die Zwangslage der Potsdamer Universität. Je­doch könne es sich eine Hochschule einfach nicht leisten, keine Qulifikationsstellen zu haben und somit auf die Ausbildung eines qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuch­ses zu verzichten.

Die Senatorinnen und Senatoren haben vor diesem Hintergrund ganz klare Erwartun­gen an ihren schweren Beschluß geknüpft: Sie gehen davon aus, daß die Landesregie­rung es der Hochschule auch bei künftigen finanziellen Schwierigkeiten ermöglicht, sich mit den nunmehr festgesetzten Kapazitäten auf dem erreichten Niveau zu konsolidieren und sich ihren eigentlichen Aufgaben in Leh­re und Forschung, in der Planung innovativer Strukturen sowie in der Schaffung eines auch für das Land wirtschaftlich und gesell­schaftlich wichtigen Potentials zu widmen. Sie erwarten ferner, daß die zum Teil schon diffamierenden Unterstellungen, die Univer­sität Potsdam würde sich verweigern und Nicht bewegen, endgültig aufhören. Und sie wiesen sehr deutlich auf die Notwendigkeit der Finanzierung eines sogenannten Über­hangkapitels hin, um die Umstrukturierungs­

DIE ZITRONE IST AUSGEPRESST!

Senat beschloß reduziertes Stellenkonzept

maßnahmen überhaupt zu ermöglichen. Unabhängig davon bedeutet das nunmehr beschlossene Sollstellenkonzept, daß das Ende der Fahnenstange erreicht ist.Aus der Potsdamer Universität lassen sich ein­fach keine weiteren Stellen mehr heraus­pressen, ohne daß sie, ihr Ruf und somit auch das Land Brandenburg schweren Schaden erleiden würde, lautete das Cre­do der Senatorinnen und Senatoren. Bereits jetzt konnten nicht mehr alle von ihnen der Planung zustimmen: Während acht mit Bauchgrimmen in den sauren Apfel bissen und mit ja stimmten, lehnten drei das Sollst­ellenplankonzept ab. Hg.

KOMMENTIERT:

Stimmung eines Mittelbauvertreters im Senat

Der Senat beschloß am 20. November 1997 bisher nur Stellenzahlen für wissenschaftlı­che Mitarbeiter in den Fächern, nicht etwa schon Ärgeres, wie eine Tageszeitung am folgenden Tag meldete. Die Hochschul­leitung sieht sich durch das Wissenschafts­ministerium genötigt, die Sparvorgaben um­zusetzen, weil sonst jede weitere Bewegung - wie Berufungen oder Neueinstellungen von diesem verhindert werden würde. Den von der Kommission für Entwicklungs­planung und Finanzen vorgeschlagenen Zah­len war trotzdem nicht zuzustimmen, weil damit im Vergleich zu anderen deutschen Hochschulen die jeweils ungünstigsten Rela­tionen zwischen Mitarbeiter- und Professo­renzahlen ohne Kompensation durch z.B. Funktionsstellen von der Universität akzep­tiert werden- auch wenn ein weiterer Se­natsbeschluß den Rektor beauftragt, in die­ser Angelegenheit mit dem Wissenschafts­ministerium weiter zu verhandeln. Weiter war der Vorlage nicht zuzustimmen, weil die rechtlichen Konsequenzen dieser Zahlen­spiele nicht ausreichend klar sind. Weder ein Überhangkapitel noch akzeptable flankie­rende Maßnahmen zu einem sozialverträg­lichen Personalabbau sind erkennbar. Ledig­lich eineVerfahrensrichtlinie zur Durchfüh­rung der Sozialauswahl im Rahmen des Stellenabbaus als weiterer Tagesordnungs­punkt der Senatssitzung läßt vermuten, was als unvermeidbar angesehen wird, Ich halte es für eine Illusion anzunehmen, daß durch diepersonenscharfe Definition des Überhangs zusätzliches Geld im Lan­deshaushalt für die Universität Potsdam ge­funden wird. Die Situation für die Uni bleibt: keine freien Stellen, keine Neuberufungen oder Neueinstellungen. Der Beschluß wurde mit drei Gegenstimmen angenommen. Meinen die Studentenvertre­ter im Senat, daß mit diesen Mitarbeiterzah­Jen ihre Betreuung angemessen ‚erfolgen kann? Meint die Vertreterin des Personals in Technik und Verwaltung, daß der Sparkelch an ihrer Gruppe vorübergeht? Wurde über solche Vorgaben noch nicht geredet?

Fred Albrecht

ZIEL NICHT ERREICHT

Stellungnahme der Universität Potsdam zum Entwurf des Landeshochschulgesetzes

Der brandenburgische Wissenschafts­minister Steffen Reiche hat einen Entwurf für ein neues Landeshochschulgesetz vorge­legt, das die Hochschuleneffektiver, flexi­bler und wettbewerbsfähiger machen soll siehe auch den BerichtIn Sorge um die künftige Entwicklung in dieser PUTZ). Die Universität Potsdam begrüßt grundsätzlich eine solche Novellierung, die den vorhande­nen Defiziten des geltenden Rechts abhilft sowie die bestehende Überreglementierung der staatlichen Eingriffsmöglichkeiten redu­ziert. Sie begrüßt insbesondere die Absicht des Ministers, die Autonomie der Hochschu­len zu stärken und die rechtlichen Spielräu­me für ihre Selbstverwaltung zu vergrößern. In diesem Zusammenhang weist der Rektor der Universität, Professor Dr. Wolfgang Lo­schelder, zum Beispiel auf die geplante Ein­richtung von Globalhaushalten zur Stärkung der Finanzautonomie der Hochschulen hin. Die Universität Potsdam bedauert jedoch, daß bei der Erarbeitung des vorliegenden Gesetz­entwurfs die Fachkompetenz der brandenbur­gischen Hochschulen in nur geringem Maße einbezogen worden ist. In der Sache ist die Universität Potsdam der Auffassung, daß der Gesetzentwurf die Ziele einer Stärkung der Autonomie der Hochschulen und einer Deregulierung im Hochschulbereich nicht erreicht, ihnen im Gegenteil in entscheiden­den Punkten entgegenwirkt. Die Universität Potsdam hält den Entwurf insbesondere im Hinblick auf die veränderten Leitungs- und Entscheidungsstrukturen, die er vorsieht, für grundsätzlich bedenklich, sowohl in verfas­sungsrechtlicher wie in wissenschafts­politischer Hinsicht, und in seiner Konzeption mit den Eigengesetzlichkeiten des Hoch­schulbereichs für nicht vereinbar. So sollen z.B. die Mitwirkungsrechte des Landtags in wesentlichen Fragen beseitigt werden und die Zahl der Ermächtigungen des Wissen­schaftsministers zum Erlaß von Rechtsverord­nungen stark ansteigen. Demgegenüber ist darauf zu dringen, daß die Zahl dieser Er­mächtigungen erheblich vermindert wird. Insbesondere die Befugnis zur Errichtung, zur Zusammenlegung und Schließung von Hochschulen und Hochschulstandorten muß beim Parlament verbleiben.

Das Modell, das der Gesetzentwurf zugrun­de legt, läßt sich von einem Bild der Verfas­sung von Wirtschaftsunternehmen leiten, das mit seinen monokratischen, hierarchischen und bürokratischen Strukturen schon im eige­nen Bereich als überholt gilt. Die Universität Potsdam fordert anstelle einer solch uniformen, detaillierten Regelung eine weit­gespannte Experimentierklausel, die es»

PUTZ 9/97

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