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(1.1.2019) 09
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Eigenkapitalfinanzierung mittels Börsen­gang schaffen. In Deutschland seien heute über 1.500 Unternehmen börsenfähig, so von Rosen. Allerdings zeige der Vergleich eu an die Börse gebrachter Unternehmen im Zeitraum der letzten zehn Jahre interna­tional klare Unterschiede. In der Bundesre­publik betreffe dies etwa 200, in London 1900 und in New York gar 6000 Firmen.

Welche Vorteile bringt nun der Börsengang, so eine der aufgeworfenen Fragen. Die Expertenmeinung dazu: Er lasse dem Unter­nehmen Eigen- beziehungsweise Wagnis­kapital zufließen, das der Wachstums­finanzierung dient und gleichzeitig hilft, auch Krisenzeiten zu überstehen. Durch die Medienpräsenz erzeugt der Börsengang zudem eine große Werbewirkung. Außer­dem sichert er die Unternehmensnachfolge und damit Arbeitsplätze. Nachteile jedoch bestünden ebenfalls. Die aber ließen sich durch professionelle Hilfe, in erster Linie durch die Banken, in ihren Auswirkungen für d d

je betroffenen Unternehmen deutlich mil­ern. Sorge bereite vielen Mittelstandsunter­nehmern oder auch Gesellschaftern der Ver­ust von Gesellschafterrechten. Nach einem Börsengang hätten die Aktionäre ein gewich­tiges Wort bei allen unternehmensrelevanten Entscheidungen I mitzureden und stellten außerdem Dividendenan­sprüche. Auch die hohen Kosten so­wie die strengeren Publizitätsanfor­derungen stießen nicht immer auf Gegenliebe bei Altgesellschaftern. Dennoch seien die Vorteile eines Bör­senganges domi­

Dr. von Rosen gilt in Fachkreisen als ausge­wiesener Kapitalmarkt­und Börsenexperte SO­

nierend. Nach von wie als Förderer des An­Rosen kommt auf- lageinstrumentsAktie. Foto: Ze,

grund des bereits heute an seine Grenzen stoßenden deut­schen Altersvorsorgesystems der privaten Altersversorgung wachsende Bedeutung zu. Pensionsfonds nach amerikanischem Vor­bild könnten beispielsweise durch ihre enor­men Kapitalmengen den Mittelstand finan­zieren, indem sie gewaltige Beträge an Risi­ko- und Wachstumskapital zur Verfügung stellten. So bliebe für die noch fast 2.000 börsenfähigen Unternehmen in Deutschland die Chance der Versorgung mit Wachstums­kapital erhalten, was einen gewaltigen Inno­vationsschub und die Schaffung tausender Arbeitsplätze zur Folge hätte. Zu viel Kapital sei in Deutschlandin den Pensionsrückstel­lungen gebunkert, anstatt über Pensions­fonds oder über die Börse der gesamten Wirtschaft zugute zu kommen.

Andrej Großmann/ Dirk Einicke

GEGEN LEERSTAND UND VERFALL

Leise, leise! Die Zuhörerschaft imStallhaus derMärkischen Höfe im brandenburgi­schen Netzeband will sich konzentrieren. Wofür interessiert sie sich so brennend? Vie­le der Dörfer Brandenburgs befinden sich in einem rasenden Verfall, nur schleppend kann dem entgegen gewirkt werden. Deshalb haben sich im vergangenen Winter- und Sommersemester 20 Studierende des Institutes für Geographie und Geoökologie der Uni­versität Potsdam unter der Leitung von Prof. Dr. Gabriele Saupe und Dr. Carsten Felgen­treff zur Aufgabe gemacht, den Prozeß der Dorferhaltung und-entwicklung zu befördern.

Im Landkreis Ostprig­nitz-Ruppin untersuch­ten die Nachwuchsfor­scher, wie dem Leer­stand und Verfall vor dem Hintergrund der bisherigen Ökonomi­schen und demogra­phischen Entwicklung in den Dörfern begeg­net werden kann. Da dieses Problem nich nur die Betroffenen vo Ort bewegt, spiege ich in der engen Zu­ammenarbeit von Uni­ersität, dem Ministeri­m für Stadtentwicklung, Wohnen und Ver­ehr(MSWV), der Treuhand Liegenschafts­esellschaft(TLG) und der Landesentwick­ngsgesellschaft Brandenburg(LEC) wi­er. Im Mittelpunkt der Untersuchungen anden Häuser und Wohnungen, die derzeit noch von der TLG verwaltet werden und auf­grund ungeklärter Eigentumsverhältnisse häufig Problemfälle für die Gemeinden dar­stellen. Nachdem die Projektergebnisse in einem Bericht zusammengefaßt wurden, ent­schlossen sich die Beteiligten, einen Work­shop zum ThemaRevitalisierung ländlicher Wohnbausubstanz in Dörfern des Landkrei­ses Ostprignitz-Ruppin zu veranstalten. Schließlich lud die Projektgruppe im Sep­tember nach Netzeband, um über die Er­gebnisse der studentischen Arbeitsgruppen in der Region zu berichten, zwischen den Interessen der Gemeinden, der TLG, der LEG sowie dem Ministerium zu vermitteln und Kommunikations- und Informations­defizite aus dem Weg zu räumen.

Eines der wichtigsten Ergebnisse ist, daß sich etwa 75 Prozent der 107 untersuchten Liegenschaften auch zukünftig nur zu Wohnzwecken eignen.Die Wohnnutzung könnte im Sinne des Ministeriums dazu füh­ren, daß es nicht zu Wüstungen im Dorfkern kommt, so Projektleiterin Gabriele Saupe. Dies birgt die Gefahr, daß sich die Orte zu Schlafdörfern entwickeln. Des weiteren zeigte sich, daß eine Umnutzung ehemals landwirtschaftlich genutzter Nebengebäu­de(Ställe, Scheune) für gewerbliche oder teilgewerbliche Zwecke in einigen Untersu­Chungsorten in kleinem Maßstab möglich wäre. Ebenfalls könnte der Ausbau der tou­ristischen Infrastruktur(z.B. Ferienwohnun­

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Studierende der Uni Potsdam entwickelten Konzepte gegen den rasenden Verfall vieler brandenburgischer Dörfer.

Foto: Lomsky

gen) in einigen Gemeinden zu einer erfolg­versprechenden Dorferhaltung und-ent­wicklung führen. Die Diskussion zeigte, daß man vor allem die Bewohner in den Prozeß der Dorferneue­rung mit einbeziehen muß. Denkbar wäre es, wenn sie zur Stabilisierung des ländlichen Raumes ein Bewußtsein für im Dorf vorhan­dene Rewvitalisierungspotentiale entwickeln würden und sich stärker engagieren. Das Stadtentwicklungsministerium plant acht bis zehn Modellprojekte, in denen leerstehende Gebäudeensemble bis Ende 1998/99 reak­tiviert werden sollen. Anhand ihres Beispiels möchte man zeigen, wie Dorfbevölkerung, Käufer und Eigentümer zusammenarbeiten. Außerdem empfehlen die Studierenden, För­derungsmöglichkeiten des Landes und des Bundes transparenter zu gestalten. Die Anwesenden vereinbarten, sich im Mai 1998 wieder zusammenzusetzen, um über die Entwicklungen, Probleme und Ergeb­isse der(landeseigenen) Modellprojekte u beraten. Darüber hinaus denkt die Treu­and Liegenschaftsgesellschaft nun über ine Umstellung ihres Vertriebssystems ach, um die Kommunikations- und Infor­ationshemmnisse zwischen ihr und den ommunen abzubauen. Dabei sollte den Mietern und potentiellen Käufern die Mög­ichkeit eingeräumt werden, in engeren Kontakt mit der TLG treten zu können. Für die Abteilung Anthropogeographie des Institutes für Geographie steht eines fest: Nach mehreren Projekten wird sie die wei­ere Entwicklung dieses Raumes nicht nur wissenschaftlich begleiten, sondern nach Möglichkeit auch aktiv unterstützen. Andre Lomsky

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PUTZ 9/97

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