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(1.1.2019) 09
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umkreiste die beiden Begriffe theoretisch, die sechs Vorträge von Dozenten des Insti­utes für Romanistik und des Sprachen­zentrums der Uni spürten ihnen anhand kon­kreter Beispiele nach. So stellte Alejandra Navas Mendes das ProjektAdieu vor, mit dem Studierende aus Deutschland und Spa­nien durch Auswertung von Videointerviews besser auf ihre Auslandsaufenthalte vorbe­reitet werden. Prof, Dr. Gerda Haßler erläu­erte die Zusammenhänge zwischen der sich intensivierenden interkulturellen Kom­munikation und dem Aussterben einzelner Kleinsprachen. Andere Referenten präsen­tierten die Beobachtung italienischer Intel­lektueller im Berlin der 20er Jahre, die beson­deren Beziehungen zwischen Thomas Mann und Marguerite Yourcenar oder Perspektiven für einen projektorientierten Französisch­unterricht. Mit einer Interpretation der Roma­ne des französisch schreibenden Autors Al­bert Cohen illustrierte Prof. Dr. Ottmar Ette, der Organisator der Veranstaltung, die Schwierigkeiten beim Umsetzen des Ideals des interkulturellen Austauschs. Immer wie­der beschreibt Albert Cohen in seinem Werk Protagonisten, deren Lebenswege nicht mehr einfach in nationalen Kategorien aufge­hen, sondern quer zu Landes-, Sprach- und Kulturgrenzen verlaufen. Besonders im Ge­dächtnis blieb eine Szene, die in der Bahnhofstoilette von Marseille spielt: Solal, der Protagonist des gleichnamigen Romans, will die vielsprachigen Graffitti an den Wän­den der Herrentoilette entziffern, doch ein Aufseher vertreibt ihn. Damit scheitert an dieser Stelle der Versuch einer multikulturell verstandenen Integration. Da es bei der Ver­anstaltung um das LeitthemaInterkulturali­tät ging, konnte das EinzelmotivHerren­toilette nicht weiterverfolgt werden; dabei böte es sicherlich reichlich Stoff für komparatistische Analysen, wenn man etwa an folgende Szene aus Dietrich Schwanitz BestsellerDer Campus" denkt. Dort heißt es:Andererseits war just die Herrentoilette eine der bekanntesten Institutionen der Universität geworden, deren Adresse man auf den Wänden der öffentlichen Toiletten von London und Paris wiederfand. Hier war ein ständiges kommen und gehen.

Wenn man sich nun an Helmut Kohls ein­gangs zitierten Satz erinnert, könnte man da nicht die These wagen, daß Kohl nur des­halb gegen die multikulturelle Gesellschaft ist, weil er auf öffentlichen Toiletten die fremdsprachigen Graffitti nie versteht? Die­se Frage konnte aus Zeitmangel nicht mehr diskutiert werden. Die Tagung endete bei Wein und Bier am kalten Büffet, das die Fachschaft vorbereitet hatte, und schließ­lich in einem rauschenden Fest: Exzellente lateinamerikanische Musik sorgte dafür, daß Studierende und Dozenten tanzten ohne Ende, wenn auch nicht bis zum 3. Ro­manistischen Tag im nächsten Jahr. abu

AUF DER SUCHE NACH DER STRUKTUR DES UNIVERSUMS

Astrophysiker aus aller Welt tagten an der Uni

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Etwa 120 Astronomen aus aller Welt reisten nach Potsdam, um aktuelle wissenschaftliche Fragen

zu diskutieren.

120 Astronomen aus der ganzen Welt tra­fen sich Ende September 1997 in Pots­dam, um auf einer gemeinsamen Tagung des Astrophysikalischen Institutes Pots­dam(AIP) und des Bereiches Astrophy­sik der Universität Potsdam über neue Erkenntnisse zurGroßräumigen Struk­tur des Universums zu diskutieren. Die­ses spannende Gebiet der Astrophysik befaßt sich mit der Verteilung der Gala­xien im Weltall. Man findet sie häufig in Gruppen und Haufen, manchmal wie an Schnüren aufgereiht, dazwischen gibt es große Leerräume. Der Ursprung dieser Strukturen ist aber noch nicht wirklich verstanden. Wichtig ist, daß Galaxien neben den sichtbaren Sternen noch eine völlig unbekannte Art von Masse enthal­ten, die sogenannteDunkle Materie. Eine der Fragestellungen auf der Konfe­renz war, wieviel Dunkle Materien es gibt und ob sie genauso wie die Sterne verteilt ist.

Faszinierende Beobachtungen in jüngster Zeit, unter anderem am deutsch-spani­schen Observatorium Calar Alto und mit dem Hubble Space Teleskop, haben eini­ge hergebrachte Konzepte ins Wanken ge­bracht. Es sieht so aus, als ob in der Ju­gendzeit des Universums Galaxien viel kleiner waren und als ob es viel mehr da­von gegeben hätten. Ein mögliches Szena­rium erklärt dies damit, daß sich die heu­tigen Galaxien aus vielen kleineren Be­standteilen gebildet haben in diversen ‚Verschmelzungsprozessen. Diese Wech­selwirkungen sind vermutlich auch dafür verantwortlich, daß Galaxienkernen Mate­

Foto: zg.

rial zugeführt wird, welches auf dem Weg zum zentralenSchwarzen Loch be­schleunigt und dann aufgeheizt wird und gewaltige Energiemengen ausstößt. Diese Aktivitätserscheinungen beobachten wir als Quasare.

Das Licht der Quasare können wir quasi vom Rande des Universums her empfan­gen. Dabei durchdringt es dazwischen lie­gende Materiewolken, die ihre Spuren in Form von Absorptionslinien hinterlassen. Mit natürlichen Lichtquellen kann der Astronom also das Weltalldurchleuten. Sehr große Materieansammlungen lenken das Licht ab und wirken als Gravitations­linsen. Daraus können Rückschlüsse auf die Häufigkeit von solchen Materie­klumpen im Laufe des Weltalters gezogen werden. Auf dem Workshop berichteten auch Potsdamer Wissenschaftler über die schwierige, aber aufschlußreiche Ent­schlüsselung und Deutung der Ab­sorptionsspuren im Quasarlicht. Es wurde deutlich, daß die Galaxienentstehung von einem heißen Ultraviolett-Strahlungsfeld begleitet wird, welches ganz wesentlich zur erstenRegelung der Strukturbildung beiträgt.

Heuzutage modellieren die Kosmologen die Entwicklung des Universums auch im Rechner. Dabei wird die Bewegung von Millionen von Materieteilchen verfolgt, die sich in überdichten Gebieten ansammeln. Die Materieteilchen repräsentieren die rät­selhafteDunkle Materie, ohne die all die Strukturen im Universum nicht zu denken sind. Auf der Tagung wurden neue Simu­lationsrechnungen vorgestellt, um die Galaxienbildung zu deuten. Auch die»

PUTZ 9/97

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