Heft 
(1.1.2019) 09
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WARSCHAU- TREBLINKA- KRAKAU- AUSCHWITZ

Studenten der Zeitgeschichte und der deutsch-jüdischen Geschichte auf Studienreise in Polen

Eine Studienreise nach Polen unter der Lei­tung von Dr. Bernd Stöver(Zeitgeschichte) und Elke-Vera Kotowski(Deutsch-jüdische Studien)- beides Wissenschaftler der Uni­versität Potsdam fand kürzlich als Fortset­zung der im Sommersemester 1997 veran­stalteten SeminareGenesis der Endlösung undZeugnisse Jüdischen Lebens in Euro­pa statt. Sie wurde von der Universität Pots­dam, der Bosch-Stiftung und der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit großzü­gig mit Geldern unterstützt. Die Exkursion mit 18 Teilnehmern führte zunächst nach Warschau, wo nur wenige Reste im Stadtbild an eine der größten jüdischen Gemeinden in Europa erinnern. Besucht wurden unter an­derem das Gebiet des ehemaligen Chettos, von dessen Existenz nur noch eine Häuser­zeile zeugt, die Gedenkstätten für den Auf­stand im jüdischen Ghetto 1943 und den Warschauer Aufstand 1944, aber auch die Nozyk-Synagoge, die einzige, die den Zwei­ten Weltkrieg überstand, und der berühmte 1806 errichtete Jüdische Friedhof. Fast ein ganzer Tag war dem Besuch der Gedenk­stätte des ehemaligen Vernichtungslagers Treblinka vorbehalten.

Neben Warschau stand Krakau als drittes Ziel auf dem Programm. Eine Stadt, die anders als Warschau von den Deutschen nicht zerstört wurde, aber durch den Sitz des berüchtigten Generalgouverneurs Hans Frank traurige Berühmtheit für die deutsche Besatzungspolitik in Polen erhielt.

Auschwitz Birkenau

Schwerpunkt war hier das ehemals Jüdi­sche Viertel Kazimierz, dessen Bewohner von den deutschen in das Warschauer Chetto umgesiedelt worden waren, sowie die Wawel, die unter anderem auch Sitz von

Hans Frank war. Ein ganzer Tag war dann dem Besuch von Auschwitz-Birkenau vorbe­halten, mit Sicherheit der Teil der Exkusion, der den nachhaltigsten Eindruck auf alle Beteiligten machte.

Neben den historischen Stätten standen von Anfang an auch Institutionen auf dem Be­suchsprogramm, die sich mit Forschungen zur pol­nisch-deutsch-jJüdischen Geschichte beschäftigen oder, wie das Begegnungs­zentrum in Auschwitz, inter­nationale Workshops anbie­ten. Über ihre Arbeit und die Möglichkeiten Praktika

0.äA. abzuleisten, konnten

sich die Studenten während

der Besuche im Deutschen

Historischen Institut in War­

schau, dem dortigen Jüdi­schen Historischen Institut und am Lehrstuhl für Germanistik der Uni­versität Krakau informieren. Für Fragen ins­besondere zu Kontakten stehen die Veran­stalter der Exkursion gern zu Verfügung(Tel. 0331/977-1558 oder 977-1036). B.S.

Foto: Klare

EXKURSION DES INSTITUTS FÜR SLAVISTIK AUF DIE HALBINSEL KRIM

Dr. Norbert Franz, Professur für ostslavische Kulturen und Literaturen am Institut für Slavistik der Universität Potsdam, und sei­ne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führten im Herbst eine interdisziplinäre Exkursion auf die Halbinsel Krim in der Ukraine durch. Teilnehmende waren Studierende der Uni­versität Potsdam, der Humboldt-Universität, der Freien Universität Berlin und der Tech­nischen Universität Dresden. Die Teilnah­me von Lehrenden der Universität Pots­dam, der Humboldt-Universität und der Freien Universität Berlin gewährleistete eine hohe Betreuungsdichte. Geplant und durchgeführt wurde die Exkursion von Wil­fried Jlge, wissenschaftliche Hilfskraft von Prof. Franz.

Die Teilnehmenden vertraten Fachrichtun­gen wie Slavistik, Osteuropäische Ge­Schichte, Jura, Politologie und Altertums­wissenschaften. Ziel der Exkursion war eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit der Geschichte der Kulturen auf der Krim und ihrer Auswirkungen auf den stattfinden­den Transformationsprozeß. Die Krim bie­tet hierfür ein besonders reiches Studien­gebiet, da ihre Besiedelung bis in klassisch griechische Zeit zurückreicht. Das Exkur­

sionsprogramm war entsprechend vielfältig und reichte von der Besichtigung der Rui­nen des griechischen Chersones über die Besteigung der Befestigungen von Goten und Genuesern bis hin zu einem Gespräch mit der Verwaltung der Stadt Sevastopol. Dafür, daß das Programm nicht erschla­gend wirkte, sorgte zum einen die Mi­schung von verschiedenen Besuchsorten, die die unterschiedlichsten Bereiche der Geschichte und Gegenwart der Krim be­treffen. Zum anderen war jeder Studieren­de auf ein Thema speziell vorbereitet, das er als Referat am jeweiligen Ort hielt.

Den Slavisten bot die Krim insofern einen besonderen Reiz, als sie dieWiege der Taufe Rußlands im Jahr 988 darstellt. So war es interessant, die Ruinen des grie­Chisch-byzantinischen Chersones nach Spuren der Belagerung durch den Kiever Großfürsten Vladimir zu erforschen.

Der Transformationsprozeß erweist sich auf der Krim als besonders schwierig, weil die Halbinsel von den verschiedensten Nationa­litäten, Ukrainern, Russen, Tataren und Deut­schen besiedelt ist, die zum Teil in der Stalin­zeit vertrieben worden sind und nun zurück­kehren, und die alle in den Nationalstaat Ukraine mit seinen wirtschaftlichen und so­

zialen Problemen integriert werden müssen. Als fruchtbar erwies sich auch die Tatsache, daß sich zur Führung der Gruppe namhafte Wissenschaftler der Hochschulen nicht nur der Krim bereitgefunden hatten. Dies gab den Studierenden die Möglichkeit, Spezial­gebiete und Interessen zu entwickeln und in die Diskussionen während der Exkursion einzubringen. Die Lehrenden hatten Mög­lichkeiten zu eigenen Forschungsarbeiten. Außerdem wurden Kontakte zwischen den Hochschulen geknüpft, die vor allem für die Universität Potsdam die Möglichkeit einer engeren Zusammenarbeit mit der Universi­tät von Simferopol bieten.

Eine für die Exkursion nachteilige Auswir­kung des Transformationsprozesses in der Ukraine ist die im Vergleich zu Sowjetzeiten extreme Preissteigerung. Die Exkursion wäre deshalb für die Studierenden nicht zu bezahlen gewesen, wäre sie nicht großzü­gig vom Deutschen Akademischen Aus­tauschdienst, von der Daimler-Benz-Stif­tung, der Universität Potsdam und der Hum­boldt-Universität zu Berlin finanziell unter­stützt worden. Virtuelle Ergebnisse der Ex­kursion sind im Internet abzufragen unter http://www.uni-potsdam.de/u/slavistik/ krim1.htm. Cornelia Soldat

PUTZ 9/97

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