Heft 
(1.1.2019) 08
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Campus

PUTZ 8/99

Entscheidungen im Frühjahr 2000

Wissenschaftsminister Wolfgang Hackel im Interview

Noch waren die Telefone der neuen Mitarbeiter nicht ange­schlossen, die Sekretärin beschriftete leere Ordner, und an dem großen Wegweiser im Ministerium prangte der Name des Vorgängers, Steffen Reiche. Da stand die PUTZ schon im Vorzimmer von Wolfgang Hackel, dem neuen CDU-Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur von Brandenburg. Ein Gespräch über Koalitionsverträge, Geld und das Profil der Hochschulen von PUTZ-Redakteur Marcus Franken.

Minister Hackel im Gespräch

PUTZ: Als früherer Landtags­fraktionschef der CDU haben Sie die Wissenschafts- und Hochschulpolitik kritisch be­gleitet. Nun geht es an die ge­stalterische Aufgabe. Wo sehen Sie Kontinuität?

Hackel: Eine gewisse Konti­nuität zeigt sich daran, dass ich in der Führungsebene bis auf weiteres keine Veränderungen vorgenommen habe: Das geht bei Staatssekretär Prof. Dr. Friedrich Buttler los. Bei den Abteilungsleitern habe ich bis­her das Gefühl, dass sie sich um eine sehr konstruktive Zu­sammenarbeit bemühen. Die Voraussetzungen für meine politische Arbeit hängen nicht allein von mir ab. Wir müssen sehen, welche©: finanziellen Möglichkeiten wir haben. Das wird sich in den nächsten Wo­chen entscheiden, wenn wir die ersten, wahrscheinlich rela­tiv kontroversen Gespräche in­nerhalb des Kabinetts geführt haben.

PUTZ: Wo liegt die inhaltli­che Kontinuität?

Hackel: Im Koalitionsvertrag steht, dass wir uns sehr stark bemühen werden, die wissen­schaftlichen Institutionen zu erhalten und- wenn es geht ­

auszubauen. Ich würde gerne einen Akzent darauf legen, sehr viel stärker Wissenschaft und Wirtschaft zusammenzu­bringen, damit mehr Unter­nehmen gegründet werden. Für Brandenburg stellt sich insgesamt die Frage: Wie kön­nen wir im Wettbewerb mit anderen Hochschullandschaf­ten die einzelnen Standorte stärken, Dazu müssen die Hochschulen ein stärkeres Profil ausbilden. Aber ich will hier noch keine konkreten Pro­jekte nennen, weil man einen solchen Prozess in Ruhe mit den zuständigen Universitäts­und Hochschulvertretern be­sprechen muss.

PUTZ: Haben Sie sich schon einen Zeitrahmen gesetzt? Hackel: Ja, wir wollen bis zum Frühjahr 2000 eine Bestands­aufnahme machen. Daraus werden wir dann Entscheidun­gen von mittelfristiger Bedeu­tung, also mit Blick auf das Jahr 2006 ableiten. Bis 2006 wird die Zahl der Studenten nicht abnehmen, weil die ge­burtenstarken Jahrgänge nachrücken.

PUTZ: Welche Rolle spielt die Uni Potsdam in Ihren Plänen?

Hackel: Die Uni Potsdam er­freut sich einer großen Beliebt­heit, und ich sehe keine Not­wendigkeit für wesentliche Einschnitte. Die Uni ist ein wichtiger Faktor in der jetzi­gen Hochschullandschaft in Brandenburg.

PUTZ: Wird auch der Etat so bleiben, wie er heute ist? Hackel: Diese Frage ist nur im Zusammenhang des Gesamtfi­nanzrahmens zu beantworten. Deswegen will ich zu einzel­nen Universitäten im Moment keine Aussage machen. Fest steht: Das Volumen des Lan­deshaushaltes soll abgesenkt werden. Auch mein Ministeri­um wird sich an den Spar­bemühungen in gewissem Umfang beteiligen müssen. PUTZ: Wie hoch wird die Ab­senkung sein?

Hackel: Laut Koalitionsver­trag wird das anhand der neu­en Steuerschätzungen im No­vember entschieden. Dann werden wir einiges besser wis­sen.

PUTZ: Wie wird sich das Ver­hältnis zu Berlin entwickeln? TU-Präsident Ewers hat den Wissenschaftsstandort Golm für überflüssig erklärt- er spricht von einemrühren­den Bemühen.

Hackel: Die Wahl des Begriffs rührend scheint von dem Motto geprägt:Jetzt macht mal was, ihr bringt eh nichts auf die Beine.Ich denke nicht, dass solche Äußerungen Grundlage von Gesprächen

Hackel im Gespräch mit PUTZ-Redakteur Marcus Franken.

Fotos: Tribukeit

Orientierungsprobleme

Am ersten Tag an neuer Wir­kungsstätte hätten die Wach­leute den neuen Wissen­schaftsminister Wolfgang Hackel beinahe eingeschlos­sen- das berichteten zumin­dest die Potsdamer Neuesten Nachrichten.Nein, nein. Das ist so nicht gewesen, wehrt Hackel ab. Er sei am Abend vor der offiziellen Übergabe zu einem Ge­spräch mit dem Staatsse­kretär im Ministerium gewe­sen.Als ich um sieben Uhr das Haus verlassen wollte, hatte ich Orientierungspro­bleme und wusste nicht, zu welcher Tür man am besten raus geht. Die meisten sei­en abends verschlossen, und der neue Minister hatte noch keinen Schlüssel.Schließ­lich bin ich dann doch her­ausgekommen. Mit Hilfe anderer Nachtschwärmer im Ministerium.

Einen Vorteil hatte die Sa­che. Selten wird sich ein Amtsneuling so über den symbolischen Schlüssel ge­freut haben, den er von sei­nem Vorgänger Reiche am folgenden Tag geschenkt be­kommen hat.

sein können. Wir werden uns nicht davon abbringen lassen, den Standort Golm der Be­deutung zuzuführen, die ihm zugedacht ist. Man muss nicht alles so ernst nehmen, was von anderen Ländern zu der Hochschullandschaft in Bran­denburg gesagt wird. PUTZ: Wie kann sich Bran­denburg gegen Berlin besser profilieren? Hackel: Es gibt verschiedene Standorte, und warum soll die Brandenburgische Technische Universität in der Lausitz nicht ein eigenes Profil gewinnen und dazu auch ihr Umfeld nutzen. Die EU wird erwei­tert, da lassen sich die Kontak­te zu den östlichen Nachbarn pflegen und ausbauen. Auch Hochschulen anderer Ländern Fortsetzung auf Seite 8

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