PUTZ 8/99

Wegweiser zur Macht

Wer glaubt, Fachkompetenz und menschliche Qualitäten würden ausreichen, um lukra­tive Positionen in der Gesell­schaft einnehmen zu können, lebt nicht auf dieser Welt. Man muss sie schon beherrschen, die Spielchen des Macht- und Karrieremanagements. Morali­sieren hilft da wenig, wenn es um das Besteigen der Karriere­leiter geht. Ob. gerecht“oder nicht, nur die guten Selbstdar­steller, die Lauten, die mit Kontakten und Beziehungen Ausgestatteten und diejenigen, die falsche Bescheidenheit ab­legen, um nicht zu sagen, die Skrupellosen, sind dazu prä­destiniert, die sogenannten Traumjobs zu bekommen. Ausnahmen bestätigen hier wie anderswo die Regel.

Wer Nachhilfeunterricht braucht oder wissen möchte, welche Tricks man anwenden muss, was man opfert, um eine „Wahnsinnskarriere“ in Angriff zu nehmen, der lese gleichna­miges Buch. Die beiden Auto­ren, Unternehmensberater und Ex-Manager, plaudern aus dem Nähkästchen. Und das in unkonventioneller Form. Wolfgang Schur und Günter Weick machen Aufstiegswillige mit für sie lebenswichtigen Denkmodellen vertraut.

Die Geschichte eines jungen Trainees ist der rote Faden für das Vermitteln von 17 Grun­dregeln. Man lernt zum Bei­

spiel, dass für einen Manager gelten sollte, nie selbst am Computer zu sitzen. Dafür hat man seine Leute! Ein weiterer Denkanstoß: Wer immer er­reichbar ist, kann nicht wichtig sein. Man hat es ja im Umgang mit Vorgesetzten schon ge­ahnt, hier bekommt man es

WAHNSINNSKARRIERE

nochmals bestätigt, Fachwis­sen ist eines der größten Hin­dernisse für eine schnelle Kar­riere. Und natürlich ist es gün­stig, sich im„geographischen“ Zentrum der Macht aufzuhal­ten. Auch dem scheinbar Ne­bensächlichen sollte Aufmerk­samkeit geschenkt werden. So zeugen Designerlampen auf dem Schreibtisch vom Arbeit­stier dahinter. Wer auf dem Weg nach oben besonders effi­zient sein möchte, spare sich die* Zeit zum. Verfassen ‚der Doktorarbeit und kaufe sich

einfach diesen Titel.

Nur auf den ersten Blick er­scheint eine weitere Regel un­logisch:„Fange viele Dinge an, aber bringe nichts wesentliches zu Ende.“ Denn kein Mensch wird deshalb befördert, weil er in seinem derzeitigen Job bie­nenfleißig und erfolgreich ist. Die Autoren des Buches müs­sen es wissen! Manchmal sollte man sich auf dem Weg auf­wärts aber auch an ganz simple

Redensarten‘ erinnern:„Tue Gutes und rede darüber.“ Weiterhin raten Schur und

Weick, alle als typisch weiblich geltenden Tugenden schnell zu vergessen: Bescheidenheit, Selbstlosigkeit, Gewissenhaf­tigkeit, Perfektionismus, Ge­rechtigkeitssinn, Teamgeist, Harmoniebedürfnis. Erfah­rungsgemäß führen Kadaver­gehorsam, Unnachsichtigkeit, gegebenenfalls Ungerechtig­keit;„Aufblasen“ viel cher zum Erfolg.

Eines ist klar: Nach der Lektü­re des‘ Büches‘ wird jedem deutlich, warum er auf welcher Stufe der Leiter angekommen

ist. Vielleicht gelangt der Leser_

aber auch‘ zu der Erkenntnis, nie oben ankommen zu wol­len. B.E.

Wolfgang Schur, Günter Weick: Wahnsinnskarriere: Wie Karrieremacher tricksen, was sie opfern, wie sie auf­steigen, Eichborn, Frankfurt

am Main, 1999, 251. 5., ISBN 3-8218-1561-2, 39,80 DM.

Lexikon in 25 Bänden

Noch einmal in: diesem Jahr­hundert und pünktlich zur 51. Frankfurter Buchmesse legte der B. I.— Taschenbuchverlag Meyers Grosses Taschenlexi­kon vor. Mit diesem nicht zu­fällig gewählten Erscheinungs­datum setzt die Lexikonredak­tion gleich auf doppelte Weise Zeichen. Zum einen wurde letztmalig an der Jahrhundert­schwelle der praktikable. Kor­pus rezenten Wissens gesich­tet, bewertet und abrufbar ge­halten. Zum anderen zwingt das rein instrumentalisierte Le­xikonwissen in der Hand des Nutzers zu teilhabendem, per­sönlichem In-Beziehung-Set­

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zen-., der“unvermeidliche Rückblick auf das Jahrhundert verlangt geradezu solchen Ge­brauch. Unterstützt wird dies dadurch, dass eine vergleichen­de Übersicht über Politik und Gesellschaft, Kunst und Kul­tur, Wissenschaft, Technik und Umwelt des 20. Jahrhunderts dem Lexikon beigegeben ist. Gleichfalls will die Art der mo­dernen Covergestaltung das Jahrhundertbewußtsein schär­fen. Farbig-focussierte Bildaus­schnitte auf den Umschlägen der Bände zeigen schlaglicht­artig und assoziationsreich Jahrhun- dertereignisse oder mit namhaften Persönlichkei­

ten verwobene Entwicklungen und Zeitzäsuren optisch an.

Die 7. Auflage des Lexikons umfasst mehr als 150.000 ver­

ständlich formulierte Stich­wortartikel, 12.000 davon wurden neu aufgenommen.

Fremdwörter sind in die Texte integriert, 5000 Abbildungen, 320 Tabellen und 500 Karten bieten zuverlässige Informatio­nen auf einen Blick. Ergänzt wird das Printwerk durch eine CD-ROM. PUTZ

Meyers Grosses Taschenlexi­kon(25 Bde. Plus CD­ROM), B. I.—- Taschenbuch­verlag 1999, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich, 258,00 DM, ISBN 3-411­1107-4.

Buchtipps

Zwischen Lexikon und Schmöker

zum

Viele Fakten und dennoch kei­ne vertrocknete Datensamm­lung: Mit der Reihe„Mensch, Natur, Technik“ wandelt der Brockhaus-Verlag auf dem schmalen Grat zwischen Lexi­kon und naturwissenschaftli­chem Schmöker.„Vom Ur­knall zum Menschen“ lautet der Titel des‘ ersten Bandes, Reich bebildert mit Fotos, auf­wendigen Graphiken und vie­len bunten Zeichnungen faßt das Buch fünfzehn Milliarden Jahre der Entwicklung des Universums, des Sonnensy­stems, der Erde, Pflanzen, Tie­re und Menschen zusammen. Astrophysik, Geologie und Biologie, alles auf rund 700 Seiten. Trotz des Überange­bots der Themen bieten sämt­liche Kapitel- ob Supernova oder Spitzhörnchen- einen überraschend tiefgreifenden Einblick und sind noch dazu gut geschrieben.

Ebenfalls‘ erstaunlich: Der dicklaibige Band läßt sich so­wohl als Lexikon benutzen als auch abschnittsweise lesen. Über„Schwarze Löcher“, das „Leben im Kambrium“ und die„Ausbreitung des moder­nen Menschen“ kann man sich so in kürzester Zeit ein nützli­ches Hintergrundwissen aneig­nen. Was sonst in vielen Spe­zialtiteln verstreut ist, bietet sich hier übersichtlich und ver­ständlich an. mf

Bibliographisches Institut Brockhaus AG,„Vom Ur­knall zum Menschen“, in der Reihe„Mensch, Natur, Technik“. 700 Seiten. 98,­DM. ISBN 3-7653-7941-7.