PUTZ 1-2/01
Titel
„Es war Stückwerk“
Ein Lehrer blickt auf seine Ausbildung
Andre Falk hat es sich mit seiner Entscheidung für den Lehrerberuf nicht leicht gemacht. Nach seinem Mathematik- und Physikstudium an der Universität Potsdam arbeitet er seit dem vergangenen Jahr an der Montessori Gesamtschule-Potsdam. Dort sucht er neue Wege des Leh- rens und Lernens. Mit dem “Ehemaligen” unterhielt sich PUTZ-Redakteurin Dr.
Barbara Eckardt.
Welche Motive waren für Sie ausschlaggebend, ein Lehrerstudium aufzunehmen?
Falk: Die Entscheidung, mich um ein Lehrerstudium zu bewerben, fiel während meiner Armeezeit 1988/‘89. Es war eine Entscheidung gegen das rein technische Studium der Elektrotechnik, welches sich an meinen Berufsabschluss als Elektronikfacharbeiter zu DDR- Zeiten anschließen sollte. Trotzdem war auch die Entscheidung, ein Lehrerstudium aufzunehmen keine leichte.
Umsetzung des Potsdamer Modells der Lehrerbildung an der Universität Potsdam. Welche Vorteile bringt Ihrer Meinung nach die Verbindung von fachwissenschaftlichen, erziehungswissenschaftlichen und schulpraktischen Komponenten schon während des Studiums?
Falk: Ich empfand die
Komponenten des Lehrerstudi
Falk: Vor einem halben Jahr habe ich begonnen, meine Studienunterlagen wegzuwerfen. Weder im Referendariat noch während der eineinhalb Jahre Berufspraxis habe ich einen der auf eineinhalb Meter platznehmenden Ordner für Unterrichtsvorbereitungen genutzt. Die Studienaufzeichnungen sehen wie Unter- richtsmitschriften eines Schülers
aus. Sowohl in eien Fach- und
Nach dem Motto von Maria Montessori “Hilf mir es selbst zu tun ” arbeitet Andre Falk mit seinen Schülern. Foto: Fritze
e.u.
; -/ •
Warum entschieden Sie sich für mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer?
Falk: Die Mathematik empfand ich als entspannend, als verlässlich. Herrlich, seitenweise an einer Aufgabe zu arbeiten, ohne zu wissen, warum. Meist war es dann die Mathematikolympiade, die Aufgaben zum Denken aufgab. Als junger Leser des Buches “Mohr und die Raben von London” faszinierte mich, dass Karl Marx in seinen Lesepausen Mathematikaufgaben rechnete. Der Reiz des Faches Mathematik besteht für mich darin, dass es klare Strukturen in Sachzusammenhänge unterschiedlichster Bereiche bringen kann. Solch ein Bereich ist die Physik, die in meiner Erinnerung als Unterrichtsfach in der Schule manchmal auch interessant war.
Sie begannen Ihr Studium 1990, also unmittelbar nach der Wende. In den letzten beiden Semestern Ihres Studiums erlebten Sie hautnah die
ums in Potsdam weniger verbindend als nebeneinanderher bestehend. Es war Stückwerk. Das Verbindende musste ich selbst herstellen. So kostete es mich viel Energie, die eigene Motivation zum Lehrersein über die Zeit des Studiums aufrechtzuerhalten.
Als positiv empfand ich die verschiedensten Gelegenheiten, in die Praxis hinein zu schnuppern. Aber auch das war im Gesamtkontext gesehen ein Abhaken. Oft empfand ich das, was ich im Studium erledigen musste als kreativitätstötend und lähmend angesichts dessen, was zum Beispiel in Praktika auf uns zukam. Hier sollten wir plötzlich diagnostizierende Gespräche führen, worüber wir maximal etwas gelesen hatten.
Sie arbeiten jetzt als Lehrer in einer Montessori Schule in Potsdam. Wie helfen Ihnen die während des Studiums gesammelten Erfahrungen, diese nichtklassische Rolle des Lehrers ausfüllen zu können?
Erziehungswissenschaften als auch Didaktiken widerspiegeln sie vorrangig eine Wissensvermittlung, weniger eine Auseinandersetzung mit entsprechenden Themen. Das alles entspricht nicht den Anforderungen der Schule an den Lehrer. Eine ganz andere Art, auf das Fachwissen zu schauen, wurde in der Berufspraxis notwendig. Und so erarbeite ich mir jedes Thema zeitintensiv aufs Neue. Weniger Wissensschüttung und mehr Zeit für Praktika und Möglichkeiten, Projekte aus Problemstellungen fachübergreifend zu bearbeiten, das habe ich mir in meiner Studienzeit gewünscht. Ich glaube, gerade Letzteres ist ein Erfahrungshorizont, um den ich im Studium gebracht wurde. Gesprächstraining, Sprecherziehung, Seminare außerhalb der Uni im Bereich der Lebenskunde, praktische Tätigkeiten, die das Studium nicht vorsahen, beispielsweise in Schülerklubs, hier sehe ich Ansätze und Erfahrungen, die
mir halfen, meine Rolle als Lehrer an der Schule, insbesondere an der Montessori-Gesamt- schule auszufüllen. Koordination und Moderation im Kollegium, im Team sind unabdingbare Fertigkeiten, die im Studium eher Nebensache oder Resultat von Eigenengagement waren.
Vielen Dank für das Gespräch.
Indien
Foto: QWDS
Schuften in Eigenregie
Der Export von Steinen - auch nach Deutschland - ist für Indiens Politiker und Unternehmer ein lukratives Geschäft. Und 1,5 Millionen Steinbrucharbeiter, darunter auch Frauen und Kinder, schuften im indischen Staat Tamil Nadu für einen Hungerlohn. Viele Familien fesselt eine lebenslange Schuldknechtschaft an ihren Arbeitgeber, dem sie schutzlos ausgeliefert sind.
Dank der „Entwicklungsgesellschaft der Steinbrucharbeiter“ (QWDS) haben sich inzwischen Arbeiter aus 50 Steinbrüchen zusammengeschlossen, um ihre Interessen gemeinsam zu vertreten. Die QWDS steht ihnen mit Lobbyarbeit und Rechtshilfe zur Seite und bildet Arbeiter/innen aus, die sich für ihre Kollegen ein- setzen.
„Brot für die Welt“ unterstützt Projekte, die armen Familien ein Überleben in Würde ermöglichen. Mit Ihrer Spende helfen Sie uns auch hierbei.
Postbank Köln 500500-500 BLZ 37010050
16