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Sprechende Steine
Rückschlüsse auf Bruchvorgänge durch Erdbebenwellen
Unter den Naturkatastrophen, die durch geologische Prozesse ausgelöst werden können, spielen Erdbeben eine besonders große Rolle. Denn sie sind es, die das größte Gefährdungspotenzial besitzen. Geoforscher widmen sich dem Phänomen von unterschiedlichen Seiten, um seinem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Dabei schauen sie sozusagen unter unterschiedlichen Aspekten ins Innere der Erde.
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| rdbeben sind verantwortlich für mehr als die Hälfte der bei I Naturkatastrophen im 20. Jahrhundert zu beklagenden Todesopfer sowie für wirtschaftliche Schäden in der Größenordnung von Milliarden Euro jährlich. Dem gegenwärtig dramatischen Anwachsen der Anzahl und des Ausmaßes von Erdbeben-Katastrophen steht bisher nur eine lückenhafte Kenntnis der Mechanismen gegenüber, die zu Erdbeben führen. Wir wissen heute, dass eine vermutlich nur geringe Spannungsumlagerung den Bruch des Gesteins in unterschiedlicher Tiefe in der Erdkruste auslösen kann. Die dabei als Erdbebenwellen ruckartig frei- gesetzte elastische Energie kann mit Seismografen in geeignet platzierten Stationen aufgezeichnet werden. Erdbebenwellen erlauben dem Forscher Rückschlüsse auf den Bruchvorgang, der in der Herdregion des Bebens abläuft.
Am GeoForschungsZentrum Potsdam besteht die Möglichkeit, diesen Bruchvorgang an Gesteinsproben im Labormaßstab nachzustellen. Hierzu werden Probenzylinder mit einer Länge von 100 Millimeter und einem Durchmesser von 50 Millimeter unter einer Druckpresse bis zum Bruch belastet. Wie bei einem Erdbeben, werden bei der Entstehung von Mikrorissen im Gestein elastische Wellen ausgesandt, die als akustische Emissionen bezeichnet werden. Die Aufzeichnung dieser akustischen Wellen erfolgt mit Spezialmikrofonen, so genannten pie- zokeramischen Sensoren, und einem zur schnellen Speicherung zahlreicher
Einseitig belastete Gesteinsprobe.
Ein unter der Kante einer Metallplatte entstandener Scherriss, der einen aufgeschnittenen Zylinder durchquert.
Signale geeigneten Oszilloskop. Mit Berechnungsverfahren analog zur Seismologie wird der Ort bestimmt, an dem das akustische Signal im Gesteinszylinder entstand. Für jedes Signal können Ort, Zeit und Typ des Bruchereignisses erfasst werden. Durch Bestimmung vieler Rissorte lässt sich der Bruchvorgang in der Laborprobe zeitlich verfolgen. Darüber hinaus ergeben sich aus einer detaillierten Signalanalyse Abschätzungen über Energie, Dauer und Frequenz der Einzelbruchvorgänge. Je nach Gesteinstyp, Versuchsbedingungen und Sensitivität der Sensoren erhält man pro Bruchversuch etwa 1000 (Sandstein), 10000 (Granit) oder 100 000 (Salz) Signale. Statistische Analysen der Signalabfolgen erlauben Hinweise auf den Bruchbeginn beziehungsweise Bruchvorläufer. Diese Experimente tragen zu einem besseren Verständnis der Physik von Bruchprozessen ganz allgemein und speziell zur Erforschung der Ursachen von Erdbeben bei.
Prof. Dr. Georg Dresen, Dr. Arno Zang
Entstandene Risse im Gestein können die Wissenschaftler mikroskopisch betrachten.
Georg Dresen ist Professor für Geologie, gemeinsam berufen durch die Universität Potsdam und das GeoForschungsZentrum Potsdam.
Arno Zang ist habilitierter Wissenschaftler am GeoForschungsZentrum Potsdam.
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Portal 1-2/02
Foto: zg. Abbildungen: zg.