Titel
Gebirgsbarrieren und Klimafolgen
Uni-Geologen untersuchen klimatische Auswirkungen von Gebirgsbildungsprozessen
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Im Rahmen des „Systems Erde“ befassen sich die Geowissenschaftler zunehmend mit Klimaforschung. Dabei ergibt sich unter anderem die Frage, welche Folgen großflächige Gebirgsbildungsprozesse Jur das Klima in den betroffenen und angrenzenden Regionen haben könnten. Geologieprofessor Manfred R. Strecker und seine Kollegen forschen dort, wo sich diesbezüglich etwas „bewegt“, im zentralasiatischen Himalaya- Gebiet und in den südamerikanischen Anden.
I n beiden Regionen sind nach wie vor Gebirgsbildungsprozesse im Gange, erkennbar an Erdbeben - im Falle der Anden - und ausgeprägtem Vulkanismus. So türmt sich das Andengebirge mehrere Zentimeter pro Jahr weiter auf, weil sich die ozeanische Nazza-Platte unter die südamerikanische Kontinentalplatte schiebt. In der Himalaya-Region kollidieren die indische und die eurasische Platte.
„Wir untersuchen in diesen Gebieten kausale Zusammenhänge zwischen gebirgsbildenden Prozessen und klimatischen Veränderungen“, informiert Manfred Strecker und verweist auf überzeugende Beispiele offensichtlicher Beziehungen zwischen Gebirgsstrukturen und Klima. So sind der Monsun und seine oft verheerenden Folgen eindeutig „gebirgsbedingt“. Das Hochplateau von Tibet mit seiner gewaltigen Fläche von etwa zwei Millionen Quadratkilometern wirkt im Sommer wie eine Heizplatte. Durch die nach oben steigende Warmluft entsteht ein Tiefdruckgebiet, das „stürmisch“ feuchte Meeresluft vom Indischen Ozean ansaugt. Auch die Anden sind eindeutig klimawirksam. So prallen beispielsweise in der Südhälfte feuchte ozeanische Westwinde an die hoch aufragenden Bergketten und regnen alljährlich bis zu 6000 Millimeter Niederschlag ab.
Da Gebirgsbildungsprozesse auf Grund aktiver Plattenbewegungen global bei weitem nicht abgeschlossen sind, ist die Frage berechtigt, welche Rolle sie langfristig im Gesamtsystem der zu erwartenden Klimaentwicklungen auf der Erde spielen könnten. Prognosen sind natürlich erst dann möglich, wenn ausreichend Daten aus der Vergangenheit vorhanden sind.
Nicht immer g eht's bei Fahrten ins Gelände bequem zu. Die Geowissenschaftsstudentinnen Esther Hintersberger und Angela Landgraf hatten trotz harter Sitzflächen Spaß, als sie im Sanga- la-Tal des indischen Himalaya unterwegs waren.
Was geschah also in den letzten zwei bis fünf Millionen Jahren? Wie schnell und in welchen Formen haben sich Gebirge gebildet, sind klimawirksame „Barrieren“ entstanden? Welche Klimaänderungen sind daraufhin eingetreten?
Die Forschungsarbeiten dazu sind mühsam. Ihnen liegt zugrunde, dass herausgehobene Gebirgsmassive durch Wind und Wetter erodieren und die Abtragungen sich in den Vortälern Schicht um Schicht als Sedimente absetzen. Unterschiedliche fossile Pflanzenreste in so entstandenem Boden sind Anzeiger jeweils veränderter Klimabedingungen.
Um davon ausgehend Zusammenhänge zwischen Gebirgsentwicklung und Klimaänderungen zu erfassen, müssen zum Beispiel erdbeben- und vulkanismusbedingte sichtbare Gebirgsstö- rungslinien, Gesteinsverwerfungen sorgfältig kartiert und fotografiert werden. Ausgiebige chemische, biologisch-mikroskopisch und radiometrische Untersuchungen im Labor und im Gelände geben Auskunft über Zusammensetzung und Alter der Gesteins- und Sedimentschichten, bringen Erkenntnisse über Gebirgserhebungen und damit verbundene Klimavariationen in der Vergangenheit.
Erkannte Zusammenhänge zwischen Klima und Erosionsgeschehen sind übrigens auch ganz praktisch nützlich. So können daraus beispielsweise Empfehlungen für die Landschaftsplanung in Sachen Erosionsschutz landwirtschaftlicher Flächen oder die Prävention in Bezug auf Erscheinungen wie Erdrutsche oder Bergstürze abgeleitet werden.
Armin Klein
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Die argentinische Ost- kordillere (5000m), aber auch der snlrsee Sulinos Grandes im Punü-I lochp’u tea u (5500m) verdeutlichen die Rolle dr Anden uls Klimabarriere.
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