Heft 
(1.1.2019) 01
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Abb.: zg

Forschung

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Gewitter im Gehirn

Jeder Mensch kann einen epileptischen Anfall bekommen

Epileptische Anfälle sind kurze, plötzlich auftretende Funktionsstörungen des Gehirns. Ihr Aussehen hängt davon ab, wo sie entstehen und welche Himareale aktiviert werden.

Trotz unübersehbarer Fortschritte der Medizin ver­binden viele Menschen mit Epilepsie noch immer etwas Mystisches, Rätselhaftes und Unheimliches. Der Chefarzt der Klinik für Neurologie am Klini­kum Emst von Bergmann in Potsdam, Prof. Dr. Walter Christe, widmete sich in seiner Antrittsvorle­sung aktuellen Aspekten dieseralten Krankheit. Damit stellte sich der Arzt als Honorarprofessor an der Humanwissenschaftlichen Fakultät vor.

U nter Epilepsie verstehen Mediziner eine Reihe von Krankheitsbildem, denen das wiederholte Auftreten epileptischer Anfälle gemeinsam ist. Es handelt sich um die häufigste chronische Erkrankung des Zentralner­vensystems. Sie tritt so oft auf wie Zuckerkrank­heit oder Gelenkrheuma.

Bereits im ältesten bekannten Schrifttext der Menschheit, dem Gesetzeskodex des babyloni­schen Königs Hammurabi (1728 bis 1686 vor Christus) wurde Epilepsie erwähnt. Davor ist auch heute kein Mensch gefeit. In Deutschland leiden etwa 800.000 Menschen darunter. In Potsdam erkranken schätzungsweise 30 bis 100 Menschen pro Jahr neu. ln jedem Lebensalter ist eine Erkrankung an Epilepsie möglich. Im Säu­glings- und Kleinkindalter ist sie oft Folge einer Hirnschädigung, bei Schulkindern und Jugend­lichen einer neuronalen Fehlentwicklung. Im mittleren Lebensalter können Hirntumore oder - Verletzungen, im höheren Lebensalter neurode- generative Veränderungen und Schlaganfälle zu Epilepsien führen.

Epileptische Anfälle entstehen im Gehirn, so Walter Christe. Es handle sich um Störungen der Gehirnfunktion aufgrund vermehrter Entla­dungen von Nervenzellen. Natrium und Calcium strömten dabei stärker als bei Gesunden in die Nervenzellen ein. Letztendlich kann es zu einem epileptischen Anfall kommen. Ärzte bezeichnen diesen Vorgang auch als einGewitter im

Gehirn. Die Krank­heitsanzeichen epilepti­scher Anfälle hängen davon ab, wo sie entste­hen.Sie können auf einen Teil einer Hirn­hälfte beschränkt sein, wobei das Bewusstsein während des Anfalls gestört sein kann, aber nicht muss. Bei einem generalisierten Anfall umfasst die epileptische Aktivität beide Himhälf- ten von Anfang an, erläutert Christe.

Epileptische Anfälle können nur selten direkt beobachtet werden. Deshalb sind die Ärzte auf möglichst genaue Beschreibungen durch die Betroffenen oder Augenzeugen angewiesen. Sie sind für Christe nicht selten wichtiger als appara­tive Zusatzuntersuchungen. Die Bereitschaft, auf äußere Einflüsse mit einem epileptischen Anfall zu reagieren oder eine Epilepsie zu entwickeln, sei individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Äußere Einflüsse, wie Schlafentzug, Alkohol­oder Medikamentenentzug, Hirninfarkt, -blu- tung, -entzündung oder Schädel-Hirn-Verlet- zung, können zu akuten epileptischen Reaktio­nen führen. Einzelne epileptische Anfälle bedür­fen in aller Regel keiner Akutbehandlung, so der Arzt. Insbesondere solle man den Betroffenen nicht festhalten oder ihm Gegenstände zwischen die Zähne drücken. Auch für die intravenöse Ver­abreichung von Medikamenten bestehe kein Anlass.

In der Behandlung der Epilepsien könne man dem Auftreten dagegen am effektivsten durch einen differenzierten Einsatz von Medikamenten

Vorbeugen.

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Walter Christe wurde 1951 in Stuttgart gebo­ren. Er absolvierte ein Medizinstudium an der Freien Universität Ber­lin. Seit 1997 ist er Chefarzt der Klinik für Neurologie am Klini­kum Emst von Berg­mann in Potsdam. An der Universität Potsdam hält der Mediziner Vorlesungen zu denGrund­lagen der Neurologie, Neuroanatomie und Neu­rophysiologie .

Geoinformatik- Projekt

Potsdam - Prishtina - Tirana

Das Institut für Geographie der Universität Pots­dam, sein Partnerinstitut an der Universität Tirana in Albanien und das Geographische Studienzen­trum der Akademie der Wissenschaften Albaniens gestalten derzeit ein Projekt im Rahmen des SonderprogrammsAkademischer Neuaufbau Südosteuropa des Deutschen Akademischen Aus­tauschdienstes. Das Vorhaben mit dem TitelAuf­bau eines Lehr- und Forschungsbereiches Geoin­formatik sowie Verbesserung des Praxisbezuges durch Bearbeitung eines bevölkerungsgeographi­schen Atlasses Albaniens läuft voraussichtlich über drei Jahre von 2000 bis 2003. Projektleiter sind Prof. Dr. Hartmut Asche von der Uni Potsdam und Prof. Dr. Dhimiter Doka von der Tiraner Univer­sität.

Gernot Decker richtete für das Geoinformatikprojekt zum Beispiel neue Computer an der Uni Tirana ein.

Ziel des Projektes ist es einerseits, die Qualität der Geographieausbildung an der Universität Tirana durch die Neugestaltung des gesamten geographi­schen Curriculums und den Aufbau eines Lehr- und Forschungsbereichs Geoinformatik zu verbes­sern. Andererseits sollen der Praxisbezug der Leh­re sowie das Forschungs- und Entwicklungspoten­zial durch Bearbeitung eines digitalen bevölke­rungsgeographischen Atlasses Albaniens an einer konkreten Anwendung gestärkt und für die univer­sitäre sowie schulische Ausbildung nutzbar gemacht werden. Damit wird es beiden Einrichtun­gen ermöglicht, den begonnenen Technologie- und Wissenstransfer auf dem Gebiet der Geoinforma- tionsverarbeitung in das Ausbildungscurriculum zu integrieren, Nachwuchswissenschaftler und Stu­dierende zu qualifizieren und sich als albanisches Kompetenzzentrum für Geoinformationsverarbei- tung in Forschung und Praxis zu etablieren. Auf dieser Grundlage wird eine Vernetzung mit ande­ren südosteuropäischen Geoinformatik-Zentren zu einem regionalen Geoinformatiknetzwerk ange­strebt. Das begonnene Netzwerk ist inzwischen bereits ausgebaut worden. Hinzugekommen sind Teilnehmer aus Prishtina, Bukarest und Karlsruhe.

Reinhard Herzig/Institut für Geographie

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