Heft 
(2022) 29
Seite
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Der Ziegenmelker ist ein Bodenbrüter. Die beiden Eier des Geleges werden auf dem trockenen, oft ve­getationslosen Waldboden abgelegt( Abb. 8), wo auch die Jungvögel aufwachsen( Nesthocker, zwei Jahres­bruten). Die Brut erstreckt sich von Mai bis August ( STÜLCKEN 1962, M. ABS in GLUTZ VON BLOTZHEIM& BAUER 1980).

Mehrere Studien in und um Windparks im Wald beschreiben negative Wirkungen auf seinen Bestand ( LAG VSW 2014). Das Monitoring in den hier unter­suchten Windparks bestätigte in den ersten Jahren diese Erkenntnis. Während die Montage der WEA kaum Auswirkungen auf die Verteilung der Reviere erkennen ließ, änderte sich dies, als sich die Rotoren auf den Masten zu drehen begannen.

Im Windpark bei Spremberg wurde das Baufeld 1 zunächst fast vollständig geräumt. Obwohl die Kom­pensationsflächen mit 5,5 ha pro WEA großzügig bemessen waren, wurde durch diese anfangs nur ein Teil der Brutplatzaufgaben ausgeglichen. Ungeachtet dessen kam es in der Zeit des Bestandsminimums ( 2010-2015) zu Planungen für ein Baufeld 2. In den Jahren 2016 und 2019 wurde das Vorhaben umge­setzt. Dadurch kam es zur Reduzierung der Kompen­sationsflächen auf 2,9 ha pro WEA. Um das Defizit auszugleichen, wurden weitere Ersatzhabitate im be­nachbarten Sachsen angelegt, deren Nutzung durch den Ziegenmelker hier unberücksichtigt bleibt. Im Brandenburger Teil des Untersuchungsgebietes be­einflussten nun die WEA alle Kompensationsflächen unmittelbar oder mittelbar. Trotzdem wurden sie weiterhin gepflegt, was sich als richtig erweisen sollte.

Zum Monitoring der Brutsaison 2020 war der kompette Verlust der Art auf dem früheren TÜP zu erwarten. Es kam jedoch anders. Trotz des Aufstel­lens von acht weiteren WEA wurde nicht ein weiterer Rückgang, sondern eine Erholung des bis 2015 auf fünf Reviere geschrumpften Bestandes registriert. Die 13 im Sommer 2020 gefundenen Brutpaare ent­sprachen genau dem während des Nullmonitorings

ermittelten Bestand. Wie ist das zu erklären?

Nach GARNIEL& MIERWALD( 2010) treten Störun­gen des Ziegenmelkers bei Überschreitung eines kritischen Schallpegels von 47 dB auf. Nach eige­nen Beobachtungen wurde die Art vor 1990 in der Niederlausitz in einer Entfernung ab 150 m zu den damals weniger befahrenen Autobahnen gefunden. Aktuell beträgt nach erheblich gestiegenem Ver­

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kehrsaufkommen der Mindestabstand 500 m. In Mittelfranken fand man Meidedistanzen von 500 bis 1.000 m zu stark frequentierten Verkehrswe­gen( RAAB 2007). Geräusche, Lichtemissionen und Schlagschatten der WEA stören offenbar nicht in diesem Maße. Die Meidedistanz zu ihnen lässt sich mit 100-150 m beziffern. Die zunächst verdrängten Paare mussten sich aber wohl an die neue technische Infrastruktur gewöhnen, denn in den ersten Jahren war die Meidedistanz über 100 m größer. SCHIMKAT& SCHMIDT( 2016) fanden in einem Windpark bei Hoy­ erswerda singende Ziegenmelker ab einer Entfer­nung von 200 m zu den allerdings nur 150 m hohen WEA des Typs ,, Vestas V90".

Die Pflege der Kompensationsflächen verhin­derte im Windpark bei Spremberg trotz anfänglicher Abnahme den Rückgang. Ausschlaggebend dafür war das Belassen von Strukturbäumen auf diesen Arealen. Vorgegeben war ein Deckungsgrad von 5%. Aus heutiger Sicht sollten es 15-20% sein, wenn nicht die Kiefer, sondern Hänge- Birke, Trauben- Ei­che oder Espe dominieren.

Aktuell weisen die im Windpark bei Spremberg gestalteten Habitate einen guten bis sehr guten Zu­stand auf. Dazu benötigt man einige Jahre Vorlauf. Das war anfangs nicht gegeben, weshalb der Be­stand des Ziegenmelkers zunächst einbrach und erst nach elf Jahren wieder den Ausgangswert erreichte. Stimmt der Lebensraum, siedelt die Art auch in ei­nem Windpark. Halbherzig( zu dichte Bestände) oder übertrieben intensiv umgesetzte Ausgleichs­maßnahmen( Kahlschläge) vertreiben ihn dagegen unweigerlich.

Das Monitoring im Chransdorfer Wald bestätig­te das bei Spremberg erzielte Ergebnis. Hier erhöhte sich in der Bauphase( Mai/ Juni 2015) infolge einer eingetretenen Lebensraumerweiterung der Bestand im Windpark zunächst. Im Juli 2015 setzte der Rück­gang genau zu dem Zeitpunkt ein, als die ersten WEA mit dem Probebetrieb begannen.

Bei der Erfassung ein Jahr nach der Inbetrieb­nahme( 2016) lag der Bestand deutlich unter dem Ausgangsniveau( 2013). Im dritten Betriebsjahr ( 2018) waren die Reviere schon näher an die WEA herangerückt. Der Ziegenmelker mied aber noch immer das Innere des Windparks. Im siebenten Betriebsjahr( 2022) brütete er wieder vermehrt im Windpark, was für eine Gewöhnung an die WEA