Otis 29(2022): 138 –145 Aktuelles aus der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg STAATLICHE VOGELSC Torsten Langgemach, Torsten Ryslavy& Tobias Dürr HUTZWARTE BRANDENBU RG Eine interne Bilanzierung von zwanzig Jahren„Aktuelles aus der Vogelschutzwarte“ zeigte, dass die Konflikte durch die Windkraft für die Vogelwelt an vorderster Stelle in unserer Rubrik rangieren. In 14 Heften gab es einen oder mehrere Beiträge dazu. Dies liegt zum einen an der konkreten Landessituation, die seit Ende der 1990er Jahre aktives Handeln erforderte, aber auch daran, dass Brandenburg dieses Thema im Rahmen der Arbeitsteilung in der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten(LAG VSW) übernommen hat. Über die damit verbundenen Aktivitäten wurde regelmäßig berichtet. In den letzten Jahren ergaben sich dabei ständig neue Arbeitsbereiche, bei denen die Federführung teils auch von den Vogelschutzwarten anderer Bundesländer übernommen wurde. Die für Außenstehende kaum noch überschaubaren Arbeitsbereiche seien hier aufgelistet, um die thematische Breite und den damit zusammenhängenden Arbeitsaufwand zu verdeutlichen, aber auch die hohen fachlichen Anforderungen: • Aufbau und dauernde Aktualisierung der gesamtdeutschen und sogar europäischen Kollisionsdatenbank • ständige Fortschreibung einer internationalen Literaturauswertung • Verlustmonitoring über die Windkraft hinaus, um die durch sie verursachten Verluste in den Gesamtkontext zu stellen • Abstandskriterien in Brandenburg sowie Mitarbeit an den gesamtdeutschen Empfehlungen der LAG VSW • Schwellenwerte, Signifikanzniveau und die sogenannte„Probabilistik“, also Wahrscheinlichkeitsrechnung für das Auftreten von Kollisionen vor der Genehmigung von Anlagen • kumulative Wirkungen der Gesamtheit der WEA auf Populationsebene • Auseinandersetzung mit interessengesteuerten Beiträgen aus der Windkraft selbst • Repowering, d. h. der Ersatz alter durch neue, leistungsstärkere und meist viel größere WEA • methodische Mindeststandards zu faunistischen Erfassungen im Planungsprozess • Ausnahmeregelungen von den besonderen Schutzvorschriften nach§ 45(7) BNatSchG im Sinne der Windkraftentwicklung • konkrete Planungen und Widerspruchsverfahren, regelmäßig bis zu Gerichtsverfahren • automatische Erkennungs- und Abschaltsysteme(Kameras und Radar) • technische Minderungsmaßnahmen und konstruktive Alternativen • Windkraft im Wald • Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen • „Windkraft-Kriminalität“ • diverse laufende Projekte, teils im Rahmen der Projektbegleitenden Arbeitsgruppen • Artenhilfsprogramme nach§ 45d BNatSchG zum Schutz der durch den Ausbau der erneuerbaren Energien betroffenen Arten. Das erste Halbjahr 2022 stand im Zeichen der Überarbeitung des brandenburgischen Windkrafterlasses und seiner Anlagen. Das sogenannte„Osterpaket“ der Bundesregierung veränderte dann die Rahmenbedingungen vollständig, so dass ein Großteil dieser Arbeit umsonst war. Zudem standen und stehen nun die Ergebnisse langjähriger Auseinandersetzung der Vogelschutzwarte mit dem Konflikt„Vogelschutz und Windkraftnutzung“ auf dem Spiel. Das„Osterpaket“ ist ein umfassendes Gesetzespaket der Bundesregierung, das der Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien dienen soll. Genehmigungsverfahren sollen vereinfacht werden,das Repowering soll erleichtert werden, und Schutzgebiete werden nur noch mit Einschränkungen berücksichtigt. Eine Übersicht liefert z. B. K ruckenberg (2022), der sich ebenso wie G ellermann (2022) auch mit den juristischen und inhaltlichen Schwachstellen auseinander-
Heft
(2022) 29
Seite
138
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