Heft 
(2022) 29
Seite
139
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Aktuelles aus der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg 139 setzt. Dazu gehört, dass der Schutz von Vögeln und Fledermäusen, der bisher noch eine Reihe von Erfol­gen in Bezug auf Konfliktlösungen erzielen konnte, weitgehendunter die(Wind)Räder kommt.Arten­schutzfachliche Grundlagen dafür, welche über die von den Vogelschutzwarten vorgelegten hinausgehen bzw. sie in Frage stellen, wurden nicht mitgeteilt. Es gelten z. B. nur noch 15 Vogelarten als kollisions­gefährdet, von denen 12 regelmäßige Brutvögel in Brandenburg sind: Fisch-, See- und Schreiadler, Rohr- und Wiesenweihe, Rot- und Schwarzmilan, Baum- und Wanderfalke, Wespenbussard, Weiß­storch und Uhu. Aber auch bei diesen sind die Ab­standsvorgaben nunmehr deutlich reduziert. Ob eine dritte Abstandskategorie dabei tatsächlich hilfreich ist, bleibt zu bezweifeln. Aus fachlicher Sicht ist sie eher verwirrend, dürfte Ansatzpunkte für künftige Klagen bieten und ist spätestens dann nicht mehr verfahrensbeschleunigend. In Branden­burg laufen nun Bemühungen auf Hochtouren, bei der Umsetzung der Vorgaben des Bundes noch so viel wie möglich für den Artenschutz herauszuho­len. Andererseits traf der Bund keine Regelungen zum Umgang mit störungssensiblen Arten, so dass nicht alle Vögel Federn lassen müssen, sondern ei­nige der Brandenburger Besonderheiten durchaus Chancen haben, auch weiterhin beim Ausbau der Windenergienutzung Berücksichtigung zu finden. Ein Brandenburgischer Anpassungserlass für die Windkraftnutzung steht kurz vor dem Abschluss. Was kann man nun den märkischen Ornitho­logen aus dieser Situation heraus empfehlen? Am wichtigsten erscheint es, gemeinsam an der Verbes­serung der Datenlage zu arbeiten und vorhandene Daten auch verfügbar zu machen. Vor allem betrifft das Brutplätze der 15 als kollisionsgefährdet gelten­den Vogelarten, unter denen etwa der Kenntnisstand zu Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke ungleich schlechter ist als zum Rotmilan oder gar den Adlerarten. Aber auch zu allen anderen durch Windkraftplanungen potenziell betroffenen Brut­und Rastvogelarten ist eine möglichst gute Daten­lage wichtig, denn neben der EU-Gesetzgebung gelten auch die Störungs- und Zerstörungsverbote des Bundesnaturschutzgesetzes weiter sie wurden durch die Novelle nicht verändert. Auch weiterhin sind künftig Kollisionsopfersuchen wichtig, um die Naturschutz-Argumentation zu stärken! Da im Zuge von Planungen keine entsprechenden Aufla­gen mehr erfolgen dürfen, ist hier ehrenamtliches Engagement mehr gefragt als zuvor, seien es Stich­probenkontrollen oder regelmäßiges Absuchen von Windparks oder auch nur einzelnen Anlagen. Zu den neuen, sehr leistungsstarken Anlagen gibt es z. B. nur bruchstückhafte Daten, die fast ausnahmslos auf Zufallsfunden basieren. Spätestens im Repowering­Prozess sind Informationen über Kollisionsopfer an solchen Anlagen aber eminent wichtig! Wird der Rotmilan entlastet, weil es pro Fläche weniger Anla­gen gibt, oder wird das Risiko eher größer, wenn die überstrichene Rotorfläche heute teils 60mal so groß ist wie die der ersten Generationen? Künftig wird es mehr Windkraftanlagen geben, die besonders dicht an bekannten Brutplätzen stehen. Selbst bei Arten wie dem Seeadler geht der Gesetzgeber nur noch bis zu einem Abstand von 500 m von einem erhöhten Tötungsrisiko aus(vgl.Abb. 1).An solchen Brutplät­zen sollte konsequent nach Kollisionsopfern gesucht werden- spätestens beim Feststellen von Brutver­lust. Für die Fortschreibung unserer unbefristeten Literaturauswertung zu den Konflikten mit bisher weit über 600 ausgewerteten Quellen( L anggemach & D ürr 2022) sind weitere Hinweise willkommen, auch zu sogenanntergrauer Literatur! Wichtige Beiträge kann aber auch das Publizieren bisher unveröffent­lichter Daten liefern, die der Bewertung dienen. Dies kann Vogelverluste betreffen, die Raumnutzung oder auch das Verhalten von Vögeln an Windkraftanlagen bzw. auch im Vergleich vor und nach deren Errich­tung. Schon mehrfach haben wir von Ornithologen mit langjährigen Erfahrungen gehört, früher wäre dieses oder jenes anders gewesen, etwa die Raum­nutzung von Gänsen. Als anekdotischer Hinweis oderBauchgefühl ist das nicht verwendbar, als publizierte Auswertung von Tagebuchdaten wird es naturschutzfachlich nutzbar. Parallel zu allen Entwicklungen bei der Wind­kraftnutzung laufen Bemühungen, die im Rahmen des neuen§ 45d im Bundesnaturschutzgesetz vor­gesehenen dauerhaften(!) Artenhilfsprogramme, insbesondere für die durch Windkraftnutzung be­einträchtigten Arten zu nutzen bzw. deren Nutzung vorzubereiten. Dafür stehen bis 2026 82,4 Mio. Euro zur Verfügung, also pro Jahr und Bundesland etwa eine Mio.(zum Vergleich: ein Leopard-Panzer kostet nach Wikipedia zwischen 3 und 7 Mio. Euro). Ein