Heft 
(2023) 30. Sonderheft
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Otis 30( 2023) Sonderheft: 3-148

Zur Geschichte der brandenburgischen Ornithologie

Lothar Kalbe und Wolfgang Mädlow

Lothar Kalbe, Am Weinberg 26, 14552 Michendorf OT Stücken Wolfgang Mädlow, In der Feldmark 7, 14476 Potsdam , wmaedlow@t-online.de

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Einleitung und Vorbemerkungen

Brandenburg ist ein schönes Land. Das war schon vor fünfhundert Jahren so, und das ist es bis heu­te geblieben. Es strahlt eine besondere Ruhe aus, wenn der Blick weit und tief ins Land und in die Ebenen schweift, oder wenn in den Morgenstun­den leichte Nebel über den Niedermooren auf­steigen. Im Herbst ziehen Tausende Gänse und Kraniche zu den Schlafplätzen auf Seen und in überstauten Wiesen. So ist es nicht verwunder­lich, dass Naturfreunde zahlreich in die branden­burgischen Landschaften schwärmen und immer wieder an den Seen, in Niederungen, an Fließen und in Wäldern interessante Naturerlebnisse su­chen. Vor allem an den Wochenenden strömen Naturfreunde aus den großen Städten, teilweise auch von weither, zu den Highlights der Natur Brandenburgs , unter ihnen auch Botaniker, Ento­mologen und Ornithologen, aber auch Touristen, die davon hörten, welche Naturschätze hier zu finden sind. Etliche Landschaften zählen heute zu den Geheimtipps! Und dies, obwohl gegenüber anderen deutschen Landstrichen ganz wesentliche Landschaftselemente fehlen, so Berge weitgehend, wenn man von eiszeitlich geprägten Moränenzü­gen oder vom Fläming mit maximal 200 m Höhe einmal absieht, und Küstengebiete das Land nicht tangieren. Aber Brandenburg besitzt eine mannig­faltige Vogelwelt mit etlichen seltenen und aufre­genden Arten. Darunter befinden sich Vögel mit imposanten Balzspielen, mit farbenprächtigem Gefieder oder melodischen Rufen und Gesängen. Das lockt an; davon profitieren touristische Ge­werbe, aber auch der Naturschutz.

Eine wechselvolle Geschichte hat das Land ge­prägt, sowohl dessen menschliche Besiedlung als auch seine Landschaft. Die Kultivierung land­wirtschaftlicher Flächen, die forstliche Nutzung der Wälder, die Kanalisierung und Begradigung von Fließgewässern, die Entwässerung von Nie­dermooren und die dörfliche und städtische Ent­wicklung haben die Landschaft verändert. Damit veränderten sich auch die Tier- und Pflanzenwelt, natürlich auch die Vogelwelt. Manches wurde überliefert und dokumentiert, Vieles nicht.

So wissen wir im Gegensatz zu heute ziemlich wenig über die Besiedlung der Naturräume Bran­ denburgs und damit auch über die Vogelwelt ver­gangener Jahrhunderte. Moderne Studien zeigen landesweit die potenzielle natürliche Vegetation" auf, vielfach anhand von Funden und Resten der ehemaligen Flora. Für die Tierwelt und damit auch für die Vogelwelt ist eine Rekonstruktion der ehemaligen Besiedlung deutlich schwieriger. Ältere Zeugnisse fehlen für Brandenburg , im Ge­gensatz zu anderen Ländern in Deutschland wie Thüringen , Sachsen , Sachsen- Anhalt und Bayern , weitgehend. Das mag daran liegen, dass im dünn besiedelten Brandenburgischen weniger Vogel­kundler heimisch waren, vielleicht aber auch we­gen fehlender institutioneller Einrichtungen. Als bereits im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert in Sachsen- Anhalt und Thüringen durch die Ak­tivitäten von Johann Friedrich NAUMANN ( 1780­1857), Christian Ludwig BREHM ( 1787-1864) oder Johann Matthäus BECHSTEIN ( 1757-1822) sich die Kenntnisse über die heimische Vogelwelt erwei­