Heft 
(2023) 30. Sonderheft
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Kalbe und Mädlow: Zur Geschichte der brandenburgischen Ornithologie

fremde Länder zog, trotz der meist beschwerlichen Bedingungen. In die märkische Heimat unternah­men sie dagegen weniger intensiv Exkursionen, vermutlich auch wegen der schweren Erreichbar­keit interessanter Gebiete.

Hervorheben muss man HUMBOLDTS fünfbän­diges Werk Kosmos, Entwurf einer physischen Weltbeschreibung und seine Vorlesungen gegen G. W. F. HEGELS Naturphilosophie". Wohl mit Recht gilt HUMBOLDT als Begründer der Tier- und Pflanzengeografie.

Nicht unerwähnt lassen darf man in diesem Zusammenhang den späteren Einfluss von Charles DARWIN ( 1809-1882), den Begründer der Evolu­tionstheorie, auch wenn diese sich zunächst eher zurückhaltend ins Bewusstsein der märkischen Naturwissenschaften schlich, so auch in die dama­lige Ornithologie.

Vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahr­hunderts entwickelte sich die Vogelkunde in Bran­ denburg zur eigenständigen Wissenschaft weiter. Gleich mehrere bedeutende Männer" rückten in den Blickpunkt, so Johann Heinrich SCHULZ ( 1799-1869), Adolf WALTER( 1817-1899), Carl Au­ gust BOLLE ( 1821-1909), Bernhard ALTUM ( 1824­1900), Alfred HANSMANN( 1830-1875), Theodor zur LINDE( 1831-1905), Max KRÜGER- Velthusen ( 1849-1898), Waldemar HARTWIG ( 1851-1901), Alexander BAU( 1853-1926), Hermann Hocke ( 1844-1904), Wilhelm RÜDIGER ( 1845-1907), Erich HESSE ( 1874-1945), Gustav STIMMING ( 1831-1915), Richard STIMMING ( 1866-1936) und schließlich Herman SCHALOW ( 1852-1925).

MAUERSBERGER( 1993) verweist darauf, dass es neben den genannten Ornithologen weitere Naturforscher gab, deren Aktivitäten für die Mark

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unterschätzt wurden, obwohl sie wegen der Sam­meltätigkeit, oft der Vogelgelege, wichtige Grund­lagen für die Avifauna schufen. So erwähnt er Jean Louis CABANIS ( 1816-1906), Anton REICHENOW ( 1847-1941) und Arthur von TRESKOW( 1842­1913); dieser sammelte ca. 12.000 Eier, die er dem Berliner Museum vermachte, und trug dadurch zu faunistischen und brutbiologischen Erkenntnissen bei. Gerade solche aus der Sammeltätigkeit sich ergebenden Ergebnisse sind vielfach noch nicht ausgewertet.

ALEX( 2010) untersuchte anhand solcher in der Mark vorhandener Eiersammlungen die mög­liche Verbreitung und Häufigkeit von Vogelarten Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. So existieren u. a. Gelege von Pfeifente( 1910), Moor­ente( 1913), Rotfußfalke( 1895, 1902), Zwergtrap­pe( 1883, 1889, 1894), Zwergseeschwalbe( 1912) und Schwarzstirnwürger( mehrfach bis 1928).

Der Beitrag der oben genannten Ornitholo­gen zur Kenntnis der Avifauna der Mark Bran­denburg muss durchaus unterschiedlich bewertet werden, aber alle waren ornithologisch interes­siert und viele fanden sich im Ornithologischen Klübchen, das von B. ALTUM 1853 gegründet wurde, wo man sich wöchentlich traf, in der 1850 gegründeten alten Deutschen Ornithologen­Gesellschaft und später ab 1868( Gründungsjahr) in der von CABANIS gegründeten neuen Deut­ schen Ornithologischen Gesellschaft ( D.O.G. ), die sich dann später vereinten, wieder. Neben Autoren mit Rang fallen einige Zeitgenossen auf, die kaum etwas zu Papier brachten, jedoch feld­ornithologisch viel unterwegs waren. Auch das rundet das Bild der Ornithologie vor allem in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ab.

Vergleichbar den Eier- und Balgsammlungen könnte auch die Auswertung der meist privaten Federsammlungen einige Aspekte des Vorkommens von Arten besser einschätzen lassen. Aller­dings dürften ältere Sammlungen kaum existieren und auch solche neueren Datums wegen der behördlichen Genehmigungspflicht und des Verbots des Fangs zu Sammlungszwecken eher zur Beurteilung häufigerer Vögel genutzt werden können. In der Regel enthalten die Sammlungen ja Mauserfedern und Rupfungen. Immerhin befinden sich z. B. in meiner Sammlung( Sammlung Ernst und Lothar KALBE) einige interessante Exponate: Rupfung einer der letzten Blauracken in der Schorfheide aus dem Jahr 1967( wohl Beute des Habichts), Rupfung eines Rotkopfwürgers ( Jungvogel) aus dem Leipziger Land , Rupfungen von Gimpeln aus dem Winterhalbjahr zur Ein­ordnung der auftretenden Subspecies. Auch die Häufigkeit der gesammelten Rupfungen spiegelt natürlich die ihres Vorkommens wider.( L.K.)