Heft 
(2023) 30. Sonderheft
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Kalbe und Mädlow: Zur Geschichte der brandenburgischen Ornithologie

jedoch eine kritische Diskussion um seine Person: Ihm, der 1924-45 Minis­terialbeamter war, wurde fehlende Dis­tanz zum nationalsozialistischen Regime vorgeworfen. Aufgrund der Kritik wurde der Preis 2007 schließlich umbenannt. 2019 stellte der Stiftungsrat in einer Stel­lungnahme fest, dass WENDLAND weder eine Mitgliedschaft in der NSDAP noch eine Beteiligung an Kriegsverbrechen vorgeworfen werden kann. Kritikwür­dig sei jedoch, dass er, wie viele andere Zeitgenossen, die Verdienste verfolgter jüdischer Naturschützer bei seiner Ver­bandsarbeit nach dem Krieg nicht aus­reichend gewürdigt habe( TIDOW 2019).

Es muss auf Günther NIETHAMMER ( 1908-1974) und Hans KUMMERLÖWE ( alias KUMERLOEVE )( 1903-1995) hin­gewiesen werden, die zwar keine direkte Beziehung zu Brandenburg hatten, aber zumindest beeinflusste G. NIETHAM­MER durch sein teilweise bei E. STRESE­MANN in Berlin erarbeitetes Handbuch der Deutschen Vogelkunde auch die Geschichte in der Mark. Beide waren zumindest teilweise ins Gefüge des NS­Staates einbezogen, worüber NOWAK ( 2005) gleichsam belastend wie entlas­tend berichtete.

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Abb. 27: Victor WENDLAND war rund 60 Jahre lang im Berliner Raum ornithologisch aktiv. Foto: Privatbesitz Michael Lenz.

Wir kennen die Beweggründe und Anlässe nicht, die einzelne Ornithologen dazu bewogen hat­ten, zeitweise mit den damaligen Machthabern zusammenzuarbeiten oder sogar zu verurtei­lende Maßnahmen zu fördern. Bei aller Notwendigkeit einer kritischen Bewertung muss ein Zusammenhang zur damaligen Entwicklung hergestellt werden; dazu fehlen uns die genaueren Einsichten. Gerade wir Ostdeutschen haben nach dem Zusammenbruch der DDR schmerzlich erfahren, dass Aktivitäten sehr unterschiedlich bewertet werden können. Oft bestand schon ein Zwang, mit den Wölfen zu heulen", wenn für den Naturschutz oder die Ornithologie etwas er­reicht werden sollte. So erinnere ich mich noch genau, als wir bei der ersten Ornithologen- Tagung 1990 in Husum in abendlicher Runde, Wessis und Ossis gemischt, gefragt wurden, wie es nur möglich gewesen sei, dass so viele Menschen in der Partei" Mitglied werden konnten und " mitgemacht hätten. Die Antwort darauf war nicht leicht: Viele versprachen sich vermutlich so einen Karriereschub, andere glaubten sicher auch an eine bessere Gesellschaft, den Sozialismus, und wurden Mitglied aus Überzeugung. Mitläufer" gab es überall und zu jeder Zeit, da hat sich bis heute nichts geändert! Andererseits darf man das Argument Mancher aus dem Osten nicht stehen lassen, dass man zu DDR - Zeiten in die Partei eintreten musste(!). Diejenigen, die Mitglied wurden, wollten das so! Und hatten davon auch ihre Vorteile. Nach der Wende wurden nun eini­ge gute Leute" diffamiert und der Zusammenarbeit mit der Stasi bezichtigt.( L. K.)