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Otis 30( 2023) Sonderheft
Ich besuchte die Treffen der Beobachtergruppe, die alle zwei Monate in der Luise- Henriette- Schule in Tempelhof stattfanden, zum ersten Mal 1981. Meistens waren zwischen 25 und 40 Personen anwesend. Am Anfang der Sitzungen stand jeweils die„ Beobachtungsbörse", bei der aktuelle Beobachtungsmeldungen ausgetauscht wurden- für uns jüngere Teilnehmer besonders interessant, auch wenn die Meldungen nicht sehr repräsentativ waren, weil gerade einige der aktivsten Beobachter üblicherweise nicht an den Sitzungen der Beobachtergruppe teilnahmen. Dann folgten Fachvorträge, Berichte von Tagungen oder die Organisation gemeinschaftlicher Erfassungsprogramme. Manchmal war es lustig. So hatte einmal ein junger Beobachter auf seinen Karteikarten spaẞeshalber einige offensichtlich unsinnige, scherzhafte Beobachtungsmeldungen abgegeben. Joachim Schütze, langjähriger überaus korrekter Hüter der Beobachtungskartei, verlas diese Eintragungen voller Empörung vor versammelter Mannschaft und war höchst erstaunt, als diese mit Belustigung und nicht mit Entrüstung reagierte. Ein anderes Mal wurde bei der Beobachtungsbörse ein Nachtreiher vom Riemeisterfenn gemeldet. Mit einer kleinen Gruppe verließen wir unverzüglich die Sitzung in Richtung Grunewald ( es war Sommer und lange hell) und konnten nach der Rückkehr die Bestätider Beobachtung vermelden.- Ebenso wichtig wie die Sitzungen selbst waren die„ Nachsitzungen" im kleineren Kreis in einer benachbarten Kneipe.( W. M.)
gung
Trotz einer großen Zahl von Siedlungsdichte- Untersuchungen fehlte bislang ein Gesamtüberblick über das Vorkommen der Brutvögel, vor allem der häufigeren Arten, von denen nicht jedes einzelne Vorkommen in den jährlichen Brutberichten aufgeführt werden konnte. Inzwischen waren international und zunehmend auch in Deutschland Brutvogelatlanten in Mode gekommen. So entschloss sich auch die OAG, einen Brutvogelatlas für West- Berlin herauszugeben, und zwar auf der Basis von Gitterfeldern, die rund 1 km² groß waren. Erste Erhebungen fanden bereits Ende der 70er Jahre statt, die meisten Flächen wurden in den frühen 80er Jahren kartiert. Tatsächlich gelang es, alle 520 Gitterfelder zu bearbeiten, und 1984 erschien der Brutvogelatlas als Sonderheft des Ornithologischen Berichtes( OAG BERLIN( WEST ) 1984).
Eine Umstrukturierung gab es 1982 bei den Halbjahresberichten: Als Autorin zeichnete nunmehr die OAG selbst und nicht mehr wie bisher die( meist fünf oder sechs) Artbearbeiter. Die zunehmende Fülle des Materials zwang dazu, die Bearbeitung auf mehr Schultern zu verteilen und neue Mitstreiter in den Kreis der Artbearbeiter aufzunehmen.
Der Zustrom meist junger Beobachter hatte auch in den letzten Jahren angehalten. Neben vielen anderen stießen Ende der 70er Jahre als besonders aktive Mitstreiter Klemens STEIOF, Bernd RATZKE und Wilfried SCHRECK hinzu. Anfang der 80er Jahre folgte ein ganzer Schwung neuer Vogel
beobachter, die meist noch im Schüleralter einstiegen, bald aber auch wertvolle Beobachtungen beisteuerten und teilweise Aufgaben in der OAG oder im Naturschutz übernahmen. Nach wie vor blieb, wie wohl fast überall zu dieser Zeit, die Feldornithologie weitgehend eine Männerdomäne, nur ein geringer Anteil der Datenmelder für den OB waren Frauen. Darunter ragten allerdings einige durch langjährige Aktivitäten und besonders gute Artenkenntnis hervor: Margot NowAK und Luise TESSMER bereits seit den 60er/ 70er Jahren, Erika STIX in den 80er Jahren.
Die West- Berliner Ornithologenszene war zu dieser Zeit übersichtlich. Man kannte sich untereinander und traf sich regelmäßig nicht nur bei Versammlungen der Beobachtergruppe, sondern auch im Feld. Für eine bestimmte Wegkreuzung auf den Gatower Rieselfeldern, die einen freien Blick für Zugbeobachtungen aufwies, etablierte sich die Bezeichnung„ Orni- Treff“, weil sich hier vor allem an Samstagen regelmäßig die Ornithologen versammelten. Bei Beobachtung von Seltenheiten rief man sich gegenseitig an und informierte sich. Solche Meldungen liefen zentral bei Achim BRUCH ZUsammen, der jahrzehntelang Hüter der fachlichen Richtigkeit der Halbjahresberichte war. Wer eine ungewöhnliche Beobachtung meldete, musste sich auf kritische Nachfragen zu den Beobachtungsbedingungen und den erkannten Merkmalen gefasst machen. Dies betraf keineswegs nur„ Irrgäste", sondern alle aus dem Rahmen fallenden Erschei