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(2023) 30. Sonderheft
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sen. Die Ornithologie an der Universität vertrat danach Dieter WALLSCHLÄGER, der 1990 auf den Lehrstuhl für Ökoethologie berufen wurde und diesen bis zu seiner Emeritierung 2012 innehatte. WALLSCHLÄGER betreute hier eine Reihe von or­nithologischen Projekten und Abschlussarbeiten, so beispielsweise zum Verhalten von Rabenvögeln und zum Konflikt der Nutztierhaltung mit Kolk­raben, zum Offenlandmanagement an Truppen­übungslätzen und zur Biologie des Weißstorchs. Er war dabei auch in die ehrenamtliche Ornitho­logenszene eingebunden: Nachdem er 1990 den Zentralen Fachausschuss Ornithologie wenige Monate lang bis zu seiner Auflösung geleitet hatte, übernahm er den Bundesfachausschuss Ornitho­logie beim NABU . Für die ABBO übernahm D. WALLSCHLÄGER die Schriftleitung der neuen Zeit­schrift Otis( 1993-1995).

Die 1992 gegründete Fachhochschule Ebers­ walde ( seit 2010 Hochschule für Nachhaltige Entwicklung) spielt eine wichtige Rolle für die Ausbildung in den Bereichen Naturschutz und ökologische Landnutzung. Eine eigene ornitho­logische Arbeitsgruppe etablierte sich dort nicht, doch wurden mehrfach ornithologische Ab­schlussarbeiten betreut, beispielsweise in Koope­ration mit den Großschutzgebietsverwaltungen und der Vogelschutzwarte.

Am Julius- Kühn- Institut des Bundeslandwirt­schaftsministeriums in Kleinmachnow befasst sich eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Jörg HOFFMANN mit Agrarvögeln. Unter anderem entstand ein eigenes Netz von Probeflächen in der Agrarlandschaft, auf denen Brutvögel kar­tiert wurden. Aus den Ergebnissen konnten bei­

4.10 Ein Blick in die Zukunft

Ornithologie und Avifaunistik in Brandenburg und Berlin blicken auf eine lange Tradition und bemerkenswerte Entwicklung zurück. Dennoch lassen sich daraus nicht leicht Prognosen für die Zukunft ableiten. Für einige Gedanken, die sich aus der heutigen Situation der Avifaunistik erge­ben, soll hier aber doch Raum sein.

Zunächst ist positiv zu vermerken: Das Inte­resse an Vogelbeobachtung und Ornithologie ist ungebrochen und an Nachwuchs bei Vogelbeob­achtern kein Mangel. Das sah vor allem in den

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spielsweise Aussagen zu Gesamtbeständen von Agrarvögeln, Bestandstrends, Abhängigkeit von Kulturen, Landnutzungsformen und dem Wasser­haushalt, Bedeutung von Brachen, jahreszeitliche Nutzung verschiedener Kulturen durch Vögel ge­troffen und Anforderungen an eine biodiversitäts­gerechte Bewirtschaftung formuliert werden( z. B. HOFFMANN& WITTCHEN 2013). Das Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin - hervor­gegangen aus der ehemaligen Forschungsstelle am Tierpark führte auch in Brandenburg einige Forschungsprojekte durch, beispielsweise zur Blei­belastung von Seeadlern.

Im Bereich Natur und Umwelt des Potsdam­Museums( später: Naturkundemuseum Potsdam) war nach dem Tod des langjährigen Leiters Man­ fred FEILER 1997 die Ornithologie zunächst nicht mehr vertreten, auch wenn sie in den Ausstel­lungen des Museums und in den vom Museum herausgegebenen- allerdings nur noch sehr spo­radisch erscheinenden- Beiträgen zur Tierwelt der Mark" weiterhin präsent war. 2016 übereignete die ABBO ihre Bibliothek und ihr Archiv dem Mu­seum. Zusammen mit dort bereits vorhandenen Beständen und weiteren Schenkungen und An­käufen ist damit in Potsdam eine gut ausgestattete ornithologische Fachbibliothek entstanden, die vom Museumsmitarbeiter Dirk BERGER betreut wird.

Das Naturkundemuseum Cottbus - in frühe­ren Jahren eine wichtige Koordinationsstelle auch für ehrenamtliche Naturkundler in der Niederlau­ sitz wurde 2005 geschlossen, Belegschaft und Sammlungen dem Stadtmuseum Cottbus ange­gliedert( STRIEGLER 2015).

1990er und 2000er Jahren anders aus, als kaum neue und junge Menschen zu den Vereinen stie­Ben. Das änderte sich etwa um 2010, und gleich­zeitig zeigte das 2011 eingeführte Portal ornitho.de die große Zahl aktiver Ornithologinnen und Orni­thologen in der Region, die zuvor kaum organisa­torisch angebunden waren. Gleichzeitig stieg der Anteil an vor allem jüngeren Frauen. Waren unter den Neuanmeldern bei ornitho im Gründungsjahr bundesweit nur 13% Frauen, stieg der Anteil bis 2020/21 auf 36%( WAHL& KÖNIG 2021). Diese