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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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bemühung

erarbeiten und Wege aufzeigen, an die ursprüngliche Konzeption wieder anzu­knüpfen, welche auf beruflicher Integra­tion in enger funktionaler und persona­ler Verflechtung mit den Kollegs, den normalen Sekundarschulen, beruhte. Ob aber additive Modelle überhaupt für die Zukunft der Integration Behinderter und Benachteiligter viel versprechen, wage ich insgesamt zu bezweifeln, auch für entsprechende Versuche in der Bun­desrepublik.

Groupes daide psycho-pedago­gique(G.A.P.P.)

1970 wurden zusammen mit denclas­ses dadaptation psychopädagogische Beratungsteams geschaffen, die in der Regel aus einem Schulpsychologen und je einem Förderlehrer(reeducateur) mit psychopädagogischem und psychomo­torischem Schwerpunkt bestehen und für je etwa 1000 Kinder im Elementar­und Primarbereich zuständig sind.

Sie sollen bei den geringsten Anzeichen von Schwierigkeiten im Lernen tätig werden, indem sie das Kind in seiner Gruppe beobachten, den Lehrer bera­ten, Fördermaßnahmen einleiten oder, wenn alle präventiven Maßnahmen er­folglos bleiben, die für eine Überwei­sung auf eine Sonderklasse zuständige Kommission einschalten. Prinzipiell sol­len sie mit den Maßnahmen beginnen, die die Situation des Kindes am wenig­sten verändern, in sie am wenigsten ein­greifen, und erst nach deren Scheitern die jeweils einschneidenderen Interven­tionen erwägen. Vorgeschrieben ist ebenfalls ständiger Kontakt mit Lehrern, Eltern, Sozialdiensten und- gegebenen­falls- Ärzten.

Die Zahl der G.A.P.P. ist immer noch in stetem Steigen begriffen. Anfang 1985 waren in ganz Frankreich 2 320 G.A.P.P. eingerichtet, fast 200 mehr als ein Jahr zuvor; ausreichend ist deren Zahl jedoch noch keineswegs.

Die Intention, die den G.A.P.P. zugrun­deliegt, nämlich präventiv und nicht-se­

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gregierend tätig zu sein und dabei mög­lichst mobil zu bleiben, wird leider viel­fach unterlaufen, indem die Mitglieder der Gruppen sich in ihre Spezialisten­zimmer zurückziehen und dort die Kin­der empfangen, die nun als diejenigen, die die Klasse zurre&ducation verlas­sen, identifizierbar und damit stigmati­sierbar werden.

Trotz dieser- besonders im Erziehungs­ministerium so bezeichneten- Fehlent­wicklung kann aus meiner Sicht den G.A.P.P. ein hoher Grad an präventiver und frühfördernder Wirkung nicht abge­sprochen werden. Eine vergleichbare In­stitution gibt es in der Bundesrepublik zumindest in größerem Ausmaß nicht; Schulpsychologische Dienste sind der täglichen Schularbeit viel zu fern, um in ähnlicher Weise frühzeitig und kollegial wirksam werden zu können.

Einer Untersuchung wert wären die Fra­gen, welche Kinder zur Betreuung durch die G.A.P.P. ausgewählt werden, welche Selektionsmechanismen hierbei- er­klärtermaßen oder unbemerkt- wirken und ob späteres Schulschicksal durch die Tatsache der Betreuung durch das Bera­tungsteam präjudiziert wird.

Classes dadaptation

Die Adaptationsklassen, wie die G.A.P.P. 1970 ins Leben gerufen, sollen - ihrem Namen entsprechend- den Schülern zu einer verbesserten Anpas­sung an schulische Anforderungen ver­helfen. Gegenüber einer Betreuung durch das psychopädagogische Bera­tungsteam G.A.P.P. stellt die Zuweisung eines Kindes an eine Adaptationsklasse bereits eine Herausnahme aus der nor­malen Lernsituation dar, freilich grund­sätzlich eine vorübergehende: Nur wenn ein Bericht am Ende des Schuljahres die Notwendigkeit nachweist, ist der Besuch einer solchen Klasse für mehr als ein Jahr möglich. Leider fehlen mir Daten über die Praxis dieser Verlängerung, so daß über das wesentliche Charakteristi­kum derclasses dadaptation, die zeit­

Ulrich Schröder:Lernbehinderte in Frankreich- Zu Stand und Entwicklungstendenzen der französischen Sondererziehung und Integrations­

liche Begrenzung der Ausgliederung, nichts auszusagen ist.

Um den präventiven Charakter zu beto­nen, wurden die Adaptationsklassen 1980 aus der Gruppe der Sonderklassen herausgenommen.

Im Schuljahr 1985/86 besuchten rund 16 400 Kinder die Adaptationsklassen im Primarbereich. Unterstellt man, daß der Besuch streng auf ein Jahr beschränkt wird(was sicher nicht zutrifft), so käme man auf eine Zahl von über 80 000 Schü­lern und Schülerinnen, die im Laufe ih­rer Primarschulzeit von der Förderung in diesen Einrichtungen profitierten. Da­mit könnte bei der augenblicklichen Ka­pazität eine nicht unbeträchtliche Zahl von Kindern in einer Weise gefördert werden, die nicht- wie bei dem in Deutschland noch üblichen Alles-oder­Nichts-Prinzip- eine frühe Entschei­dung über die Schullaufbahn eines lern­schwachen Kindes erfordert.

Fraglich ist indessen auch hier, ob nicht durch die Zuweisung eines Kindes zu ei­ner Adaptationsklasse eine Vor-Selek­tion vorgenommen wird, die dem Kind den Status des Schulversagers oder des Debilen bereits zuschreibt, zumal in dem Gründungserlaß auf Debilität als Ursache der Schulschwierigkeiten ver­wiesen wird.

Interessant wäre in diesem Zusammen­hang, ebenso wie bei den Sonderklassen und der Klientel der G.A.P.P. individuel­le und soziale Indikatoren zu ermitteln und zu analysieren sowie Schülerkarrie­ren über G.A.P.P., Adaptationsklassen und eventuell Sonderklassen hinweg zu verfolgen.

Actions de soutien

Der NameStützmaßnahmen, mehr noch die umfassendere Bezeichnung Stützpädagogik(pedagogie de Ssou­tien), weist schon darauf hin, daß es sich hier nicht um eine Institution innerhalb des Schulwesens handelt, sondern um einen Katalog von Maßnahmen, die ­beschränken wir uns auf die Primarschu­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIII, Heft 3, 1987