keit der lernbehinderten Sonderschüler, ein Ergebnis, das durch Bezugsgruppeneffeke erklärt wird in dem Sinne, daß bei relativ intelligenten lernbehinderten Sonderschülern der Vergleich mit den anderen Schülern der eigenen Klasse ein hohes Selbstvertrauen in die eigene Tüchtigkeit und geringere Prüfungsängstlichkeit bewirkt, während bei den relativ intelligenzschwachen Grundschülern/Hauptschülern durch den Vergleich mit den Mitschülern der Klasse ein schlechtes Selbstkonzept der eigenen Tüchtigkeit und eine hohe Prüfungsangst evoziert werden(a. a. O., 432 fX
Denz, Schröder und Eggert(1980) stützen und erweitern die Ergebnisse der beiden zuletzt referierten Untersuchungen, indem sie empirisch nachwiesen, daß Schüler der Sonderschule im Vergleich zu Regelschülern eine signifikant niedrigere Tendenz zur Prüfungsangst zeigen, jedoch eine höhere Tendenz aufweisen, manifeste Angst zu bekunden. Hinsichtlich der Prüfungs- wie auch der manifesten Angst ist der Unterschied zwischen Kurz- und Langbeschulten (1/2 vs. 2 1/2 Jahre Beschulung) nicht signifikant. Die Autoren führen für das letzte Ergebnis als Erklärung den therapeutischen Effekt in Form einer Entlastungssituation nach der Umschulung an.
Hingegen konnten Probst und Metz (1974) in ihrer Untersuchung nicht den therapeutischen Effekt der Schule für Lernbehinderte bezüglich aggressiver und affektiv unsicherer Verhaltensweisen erhärten, jedoch auch nicht verwerfen; die Autoren bezweifeln aufgrund ihrer Befunde die psychotherapeutische, rehabilitierende und sozial integrierende Funktion der Schule für Lernbehinderte. Das im Vergleich zur Eichstichprobe signifikant höhere Ausmaß an manifester Angst wird als„Angst vor dem Leben”(Denz u. a. 1980, 165) gesehen, die ihre Begründung u.a. in der„Lerngeschichte” der Sonderschüler findet. Durch den Befund von Denz u. a.(1980) können die Untersuchungsergebnisse von Krug und Peters(1977) als erhärtet betrachtet werden in dem Sinne, daß die
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Autoren bei einem Vergleich nahezu intelligenzgleicher Grundschüler(X= 87,1) und lernbehinderter Sonderschüler(X= 85,7) der vierten Klassenstufe u.a. bezüglich der Schulangst und der manifesten Angst, die zu Anfang, Mitte und Ende des Schuljahres erfaßt wurden, bei Grundschülern relativ stabile Werte ermittelten, bei lernbehinderten Sonderschülern hingegen eine Abnahme sowohl der manifesten als auch der Prüfungsangst verzeichneten.
Borchert(1976) untersuchte anhand einer Itemauswahl des„Angsttest für Schüler” von Wieczerkowski u.a. die Auswirkung wahrgenommener Lehrerstrenge wie auch mütterlicher Strenge auf die Schulangst von Schülern an Schulen für Lernbehinderte, Hauptschulen und Realschulen:
Dabei ergab sich, daß die Schulangst dann am höchsten ist, wenn Lehrer und Mutter als streng erlebt werden und am niedrigsten, wenn beide als nicht streng erlebt werden; die Schulangstwerte sind noch niedrig bei wahrgenommener hoher Mutterstrenge und niedriger Lehrerstrenge; sei sind hoch bei wahrgenommener niedriger Mutterstrenge und hoher Lehrerstrenge(a. a. O., 353). Vielleicht könnte dieses Ergebnis in dem Sinne zur Klärung der Befunde von Krug und Peters(1977) beitragen, daß Angstäußerungen nicht unabhängig von Lehrerstrenge zu sehen sind, wobei Bezugsgruppeneffekte ebenfalls eine Rolle spielen können.
Krug, Rheinberg und Peters(1977), denen es u.a. um die Frage der Reduzierung der manifesten Angst, Prüfungsangst und Mißerfolgsängstlichkeit bei lernbehinderten Sonderschülern ging, erreichten bei 21 lernbehinderten Sonderschülern der Klassen 5 bzw. 6, von denen 9 Schüler Neuzugänge waren, durch ein Motivänderungsprogramm hinsichtlich der Prüfungsangst, der manifesten Angst und der Mißerfolgsängstlichkeit eine signifikante Verringerung der Angst. Das Ergebnis war unabhängig von der Dauer des Sonderschulbesuchs; jedoch zeigte sich bei einer wiederholten Überprüfung einige Zeit nach Abschluß des Trainings, daß die Trainingserfolge
Doris Dönhoff-Kracht und Knut Dönhoff: Schulangst und Lernbehinderung- eine empirische Studie
bei den trainierten Sonderschulneuzugängern nicht mehr statistisch abzusichern waren, wohl aber bei langjährigen Sonderschülern.
Dieses Ergebnis wird u. a. durch den Bezugsgruppeneffekt erklärt(Rheinberg und Enstrup 1977), da die Neuzugänger zu den intelligentesten Schülern der Klasse gehörten, was vermutlich eine Steigerung des Vertrauens in die eigene Tüchtigkeit bewirkte. Für die Autoren ergibt sich die Vermutung, daß ein Motivförderungsprogramm sich für Sonderschulneuzugänger nicht lohnt, da die neuen Schulbedingungen zu positiven Persönlichkeitsveränderungen im beschriebenen Sinne führen.
Die zuletzt skizzierten Untersuchungsbefunde sind nach den Autoren eher durch den Bezugsgruppen- als durch einen Stigmatisierungseffekt(vgl. Goffmann 1967; Homfeldt 1974; Thimm 1975) zu erklären.
Auch Borchert, Horn und Schmidt (1979) ging es um die Fragestellung der Angstreduktion bei lernbehinderten Sonderschülern des 6., 7. und 8. Schuljahres aus 30 Lernbehindertenklassen, und zwar durch Modellernen, indem niedrigängstliche Schüler für angstfreies Verhalten verstärkt wurden und dabei entweder neben hochängstliche Schüler gesetzt wurden oder ihren Platz beibehalten konnten oder lediglich neben hochängstliche Schüler gesetzt wurden, ohne daß sie eine Verstärkung erfuhren. Von besonderer Bedeutung war hierbei die mögliche Angstreduktion der hochängstlichen Schüler. Dabei ergab sich u. a., daß die Gruppe, in der lediglich die stellvertretende Verstärkung erfolgte ohne veränderte Sitzordnung, die stärkste Reduktion der Prüfungsangst und manifesten Angst aufwies; die geringste, nicht signifikante Verminderung der Prüfungsangst wie auch der manifesten Angst war in der Gruppe feststellbar, in welcher lediglich die Sitzordnung verändert wurde, jedoch keine Verstärkung für angstfreies Verhalten erfolgte; eine Abnahme der Prüfungsangst, nicht jedoch der manifesten Angst, zeigte sich in der Gruppe mit veränderter Sitzordnung und stellvertretender Verstärkung. Die
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIII, Heft 3, 1987