Doris Dönhoff-Kracht und Knut Dönhoff: Schulangst und Lernbehinderung- eine empirische Studie
stungsfrequenzen und Trennschärfeindices für die einzelnen Items ermittelt. Als Reliabilitätsmaß wurde die Splithalf-Methode mit Korrekturformel nach Spearman-Brown zur Schätzung der Konsistenz des Gesamttests aufgrund seiner Hälften bzw. Teile eingesetzt(vgl. Lienert 1969, 221); darüber hinaus wurde die Split-half-Reliabilität nach Guttman berechnet, die jedoch aufgrund systematischer Stichprobenfehler eher zur Unterschätzung der Reliabilität führt (a. a. O., 223). Für jeden der beiden Testteile wurde ebenfalls das Cronbachsche Alpha bestimmt, wobei im Gegensatz zur Methode von Spearman-Brown die mögliche Heterogenität der Varianzen in beiden Testteilen berücksichtigt wird (a. a. O., 222; vgl. auch Kristof 1983, 553 ff.).
Zur Validierung von Angsttests für lernbehinderte Schüler der Mittel- und Oberstufe der Schule für Lernbehinderte(Sonderschule) wurde konkurrierende und Konstruktvalidität angestrebt. Eine Hauptachsenfaktorenanalyse mit iterativen Kommunalitätsschätzungen und anschließender Varimax-Rotation(orthogonale Rotationstechnik) nach Kaiser(vgl. Gaensslen und Schubö 1973, 249 ff.) wurde durchgeführt. Der ScreeTest nach Cattell(vgl. Bortz 1977, 677; Revenstorf 1976, 207; Überla 1971, 127 f.) und das Fürntratt-Kriterium(Fürntratt 1969, 66 ff.) dienten zur Bestimmung der Anzahl zu extrahierender Faktoren.
Die Berechnungen wurden von den Verfassern durchgeführt im Rechenzentrum der Universität zu Köln mit dem SPSS-Programm(Statistik-ProgrammSystem für die Sozialwissenschaften) in der Beschreibung nach Beutel und Schubö(1983) in den Programmversionen 8 und 9. Weitere Berechnungen erfolgten mit dem Statistik-Paket HP-41C(Hewlett-Packard).
Durchführung der Untersuchung und untersuchte Population
Die Untersuchung wurde in Großstädten, kleineren Städten und Vororten mit ländlichem Einzugsgebiet in NRW durchgeführt. Die Daten erhoben zehn speziell für diese Untersuchung angeleitete und supervidierte Studenten/innen der Fachrichtung Lernbehindertenpädagogik der Universität zu Köln im Rahmen ihrer Examensarbeit für die Erste Staatsprüfung. Die Testdurchführung fand jeweils in kleinen Schülergruppen statt; hierbei las der Versuchsleiter die entsprechenden Items mehrmals laut vor, um auch leseschwachen bis weitgehend leseunkundigen Schülern die Teilnahme an der Untersuchung zu ermöglichen, so daß bezüglich des Untersuchungsgegenstandes Verfälschungen durch eine einseitige Auswahl der untersuchten Population möglichst gering gehalten wurden. Lediglich der Schulangst-Test(SAT) als projektives Verfahren verlangte eine Einzelexposition. Neben den Angsttestwerten wurden weitere Daten wie z.B. Sozialdaten, Schulnoten, Intelligenzquotienten erfaßt. Der weitaus größte Teil der untersuchten Population war deutscher Nationalität, die wenigen ausländischen Kinder waren deutschsprachig, so daß die Angaben dieser Schüler bei der Datenverarbeitung keine besondere Berücksichtigung fanden. Insgesamt wurden 588 Schüler untersucht.
Da als Gegenstand der Erhebung ein sehr umfangreicher Variablensatz herangezogen werden sollte, konnten aus zeit- und testökonomischen Gründen nicht alle Schüler mit dem Gesamtvariablensatz konfrontiert werden: Die Angsttests wurden nach dem Zufall auf bestimmte Schülergruppen so verteilt, daß diese bis auf eine Ausnahme(hier wurde einer größeren Stichprobe nur ein Test gegeben) zwei Tests zu bearbeiten hatten; Schulnoten wurden nach ihrer Relevanz so ausgesucht, daß bei der Auswahl wenigstens eine Note im Fach Mathematik bzw. Deutsch und eine in einem sog.„Nebenfach” berücksichtigt
wurden. Der Inelligenzquotient(Überweisungs-IQ) sollte- soweit vorhanden und zugänglich- möglichst bei allen Schülern erhoben werden. Das Erfassen bestimmter Sozialdaten wurde dem Ermessen der Versuchsleiter wie vor allem der Verfügbarkeit(aus Datenschutzgründen eingeschränkt) überlassen.
Da somit von jedem Schüler ein umfangreicher Datensatz auch zu den nicht angstindizierenden Variablen vorlag, wurde hierbei bei nur wenigen unvollständigen Daten nicht auf die statistische Bearbeitung des vorliegenden Datensatzes verzichtet, so daß auch wegen unvollständiger Angaben die Stichprobenumfänge in den Tabellen variieren. Die Schüler verteilten sich auf die Schulstufen 6-10; ein geschlechtsspezifischer Unterschied zwischen den Schulstufen konnte nicht festgestellt werden(s. Tab. 1). Zwei Drittel der Befragten waren Jungen(65,2%); eine Begründung für die Unterrepräsentanz der Mädchen ist nachzulesen(s. z. B. Müller 1973; Dönhoff und Itzfeldt 1976; Dönhoff-Kracht 1980).
Die Schüler waren zwischen 11,5 und 18,9 Jahren alt, wobei das Alter der weiblichen Befragten geringfügig, jedoch signifikant unter dem der männlichen Befragten lag(Tab. 2 und 3; vgl. auch Dönhoff-Kracht 1980, 21). Eine zweifaktorielle varianzanalytische Überprüfung ergab hinsichtlich der Varianzquellen Geschlecht und Schulstufe signifikante Effekte(p= 0,001).
Der Intelligenzquotient lag zwischen 45 und 107 Punkten, wobei der durchschnittliche Wert bei den Mädchen etwas, aber signifikant niedriger als der der Jungen war(Tab. 4; vgl. auch Dönhoff und Itzfeldt 1976; Dönhoff-Kracht 1980, 21 f.). Der durchschnittliche Intelligenzquotient stieg mit steigender Schulstufe; die Unterschiede waren eben nicht signifikant(Tab. 5).
Zwei Gründe wären für den schulstufenbezogenen Anstieg des Intelligenzquotienten anzuführen:
1. Durch eine schulpolitische Maßnahme könnte die obere Grenze des Überweisungs-IQs gesenkt worden sein.
2. Da ungefähr ein Drittel der Schüler
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIII, Heft 3, 1987