Zeitschrift 
Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
Seite
66
Einzelbild herunterladen

66

Prof. Dr. Lothar Tent 60 Jahre alt

Am 17. September vollendet Prof. Dr. Lothar Tent sein 60. Lebensjahr. Als Mitherausgeber seit 1970 und in der Nachfolge Helmut von Brackens als Schriftleiter, aber auch als Autor an­spruchsvoller empirischer und theoreti­scher Beiträge hat er sich um den Be­stand und das Gesicht derHeilpädago­gischen Forschung verdient gemacht. Zusammen mit Richard G.E. Müller hat er durch Tatkraft und Entschlossenheit über Jahre hinweg die vielen Schwierig­keiten in der Existenz unserer Zeitschrift mit überwinden helfen; ohne seinen un­eigennützigen Einsatz gäbe es wahr­scheinlich die HEIFO als wissenschaftli­ches Organ nicht mehr.

Seinen beruflichen Werdegang hat Lo­thar Tent als Lehrer begonnen. Das Kriegsende hatte der Essener Luftwaf­fenhelfer in amerikanischer Gefangen­schaft erlebt. Nach einem Kriegsteilneh­merlehrgang bestand er 1946 das Abitur und nahm schließlich zum WS 48/49 in Weilburg das Lehramtsstudium auf. Hil­degard Hetzer legte hier seine psycholo­gischen, Josef Spieler seine heilpädagogi­schen Fundamente. DieWeilburger Testaufgaben für Schulanfänger(WTA) gingen aus seiner Examensarbeit hervor. Auf ein Studienjahr in den USA 1951/ 52 folgten über fünf Jahre in der hessi­schen Schulpraxis, aus der er 1959 an das Psychologische Institut der Universi­tät Marburg abgeordnet wurde. Nach dem Diplom in Psychologie promovierte er 1962 mit einer experimentellen Ar­beit bei Heinrich Düker. Die Assisten­tenzeit in Marburg schloß 1968 mit der Habilitation über das pädagogisch-psy­chologische Problem der Schülerauslese

HEILPÄDAGOGISCHE

ab. Der damit gesetzte Forschungs­schwerpunkt führte noch im selben Jahr zur Berufung auf den Lehrstuhl Hilde­gard Hetzers an der Universität Gießen.

Zur Sonderpädagogik kam Lothar Tent 1969 mit dem Ruf auf Helmut von Brackens Lehrstuhl an der Philipps-Uni­versität. In der schwierigen Zeit des Um­bruchs und der Hochschulreform leitete er das Marburger Institut, das dann als­bald im Fachbereich Gesellschaftswissen­schaften aufging. Seit Jahren hochschul­politisch engagiert, war er 1970/71 zu­gleich der letzte amtierende Rektor sei­ner Universität.

Die Entwicklung veranlaßte ihn, 1973 auf eine neuerrichtete Professur an den Fachbereich Psychologie in Marburg zu wechseln, nachdem er einen Ruf nach Berlin ausgeschlagen hatte. Doch blieb er der Sonderpädagogik seither bestän­dig verbunden. Ein großer Teil seiner Forschung erstreckt sich nach wie vor auf Probleme der Behinderten. Ein Pro­jekt über psychologische Aspekte der Querschnittslähmung ist gerade abge­schlossen, ein weiteres über die Wirksam­keit der Schule für Lernbehinderte steht vor dem Abschluß. Auch wo methodi­sche und theoretische Fragen im Vor­dergrund stehen, bewahren seine vielsei­tigen Veröffentlichungen stets den Be­zug zur Lebenspraxis. Als Beispiele seien die umfangreiche Untersuchung der Quellen des Lehrerurteils von 1976 (mit Fingerhut und Langfeldt) sowie sein Beitrag zu einerAllgemeinen Theo­rie der Behindertenpädagogik* von 1985 genannt.

Mit unserem Dank an Lothar Tent ver­binden wir unsere guten Wünsche für sein Wohlergehen und viele weitere Jah­re fruchtbaren Schaffens.

Gustav O. Kanter

Karl Josef Klauer Richard G.E. Müller

FORSCHUNG Band XIV, Heft 2, 1988