tion in den Sinnesorganen in eine organismusadäquate Form umgewandelt und diese Form der internen Repräsentation für den Bruchteil einer Sekunde im sogenannten sensorischen Register präsent gehalten. Von dort gelangt ein Teil der Information durch selektive Aufmerksamkeit in das Arbeitsgedächtnis. Sie wird, wenn man sie nicht ständig wiederholt, sehr schnell vergessen. Die Kapazität des menschlichen Kurzzeitspeichers ist auf etwa 7 Einheiten, die gleichzeitig präsent sein können, beschränkt (z.B. 7 Zahlen, 7 Wörter oder zusammenhängende kurze Sätze).
Vom Kurzzeitspeicher gelangt die Information in den Langzeitspeicher, wo sie langfristig aufbewahrt wird. Innerhalb des langfristigen Speichers werden ebenfalls Teilstrukturen unterschieden; z.B. die heuristische Struktur(Problemlösestruktur) und die epistemische Struktur (Wissensstruktur)(vgl. z.B. Dörner 1976). In letzterer wird u.a. zwischen deklarativem Wissen(Aussagewissen, verbales Wissen) und prozeduralem Wissen(Handlungswissen, intellektuelle Fähigkeiten) unterschieden(vgl. Anderson 1976; Gagne& White 1978). Darüber hinaus werden noch metakognitive Strukturen angenommen, denen die Kontroll- und Steuerungsfunktion im Zusammenwirken aller Strukturen des Informationsverarbeitungsprozesses zukommt(Kluwe& Schiebler 1983; Hussy 1987).
Die für die Mathematikdidaktik relevanten Forschungsbemühungen richten sich in erster Linie auf die Analyse kognitiver Prozesse, die zur Lösung von Mathematikaufgaben notwendig sind, sowie auf die Entwicklung und Überprüfung von Unterrichtsmethoden, die den Aufbau und Einsatz dieser notwendigen Lernvoraussetzungen fördern sollen.
Aufgabenanalyse. Man unterscheidet zwischen rationalen und empirischen Aufgabenanalysen. Bei einer rationalen Aufgabenanalyse werden die notwendigen Lernvoraussetzungen von Experten auf der Grundlage von Theorien über den Informationsverarbeitungsprozeß definiert. Bei empirischen Aufgabenanalysen wird mit Hilfe von Beobachtungen
Elisabeth Sander- Aspekte einer Psychologie des Mathematikunterrichts
und Tests festgestellt, welche Voraussetzungen tatsächlich bei bestimmten Personen und Personengruppen gegeben sind. Aufgabenanalysen werden a) als Analysen kognitiver Komponenten (Grundfähigkeiten) oder b) als Analysen kognitiver Strategien durchgeführt(vgl. Sander 1984).
Ad a) Ausgehend von den Arbeiten Sternbergs(1977, 1983, 1987) versucht eine Reihe von Forschern in der allgemeinen Psychologie, Denken und Lernen durch spezifische Komponenten bzw. elementare Grundfähigkeiten zu erklären, denen bei der Lösung einer Aufgabe bestimmte kognitive Funktionen zukommen. In neuester Zeit wurde dieser Ansatz auch auf die Unterrichtspsychologie übertragen.
Um z.B. die Hypothese zu testen, daß bestimmte kognitive Komponenten eine notwendige Voraussetzung für die Lösung einer Aufgabe sind, wird diese in eine Anzahl von Unteraufgaben zerlegt. Wenn eine Gruppe von Schülern die Unteraufgaben bearbeitet, und es wird angenommen, daß für die Unteraufgaben A und B die gleichen Komponenten notwendige Voraussetzung sind, mit der Ausnahme, daß B zur Lösung eine Komponente weniger benötigt, so müßte B leichter zu lösen sein als A(Calfee& Hedges 1980).;
Ist diagnostiziert, bei welchen Grundfähigkeiten ein Schüler Defizite hat, kann mit Hilfe entsprechender pädagogischer Maßnahmen versucht werden, diese zu überwinden.
Ad b) In Weiterentwicklung der Arbeiten Dunckers(1945) haben sich in der BRD vor allem Lüer(1973) und Dörner(1976) der Analyse kognitiver Strategien, die zur Lösung von Problemen eingesetzt werden, zugewandt. In der Unterrichtspsychologie führt eine rationale Aufgabenanalyse aus dieser Sicht zu einer idealen Problemlösestrategie, von der angenommen wird, daß sie eine empfehlenswerte Unterrichtsstrategie darstellt. (Vgl. den Beitrag von Binstadt& Michelsen in diesem Heft). Mit Hilfe empirischer Aufgabenanalysen wird versucht herauszufinden, in welcher Weise sich Problemlösestrategien verschiedener Personengruppen, z.B. Anfänger und Ex
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIV, Heft 2, 1988
perten unterscheiden. Da— wie erwähnt — Schülerfehlern bei Mathematikaufgaben häufig eine begründbare aber falsche Lösungsstrategie zugrundeliegt, interessieren sich Unterrichtspsychologen zunehmend für sogenannte Fehlerstrategien(z.B. Sander& Berger 1985; vgl. die Beiträge von Niegemann und Lorenz in diesem Heft). Inzwischen liegt eine größere Zahl von Arbeiten vor, die typische Fehlerstrategien bei speziellen Klassen von Mathematikaufgaben beschreiben(vgl. Resnick& Ford 1981,5S. 83 ff.). Auch empirische Fehleranalysen dienen als Grundlage für remediale Maßnahmen.
Entwicklung von Unterrichtsmethoden auf kognitionspsychologischer Basis. Ausgehend von Theorien über den Informationsverarbeitungsprozeß greifen kognitiv orientierte Unterrichtspsychologen heute Vorschläge zur Erleichterung einsichtigen Lernens, wie sie von den Gestaltpsychologen, der Genfer Schule oder von Bruner und seinen Mitarbeitern entwickelt wurden, wieder auf, interpretieren sie auf kognitionspsychologischer Basis und versuchen, diese weiterzuentwickeln.
So bietet sich z.B. für die von Bruner (1964) vertretene Annahme, daß durch aktives Manipulieren die vorstellungsmäßige Repräsentation eines Problems erleichtert wird, und durch die bildliche Darstellung von Problemstrukturen die symbolische, auf der Grundlage von Theorien des Informationsverarbeitungsprozesses eine einleuchtende Erklärung an: Durch die genannten Aktivitäten wird die Gedächtniskapazität entlastet und dadurch die Einsicht in die Problemstruktur erleichtert.
Bei einer Textaufgabe muß ein Kind z.B. mit Hilfe seiner linguistischen Fähigkeit das Problem in eigene Worte umformulieren. Neben diesem allgemeinen linguistischen Prozeß ist aber auch eine Strategie notwendig, die es ermöglicht, zu identifizieren, was bekannt ist und was gesucht ist. Während der Bearbeitung der Aufgabe müssen sehr viele Elemente gleichzeitig im Arbeitsgedächtnis gespeichert werden. Bedenkt man, daß die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses
73