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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Reimer Kornmann& Gerhard Schäffler ­

Tab. 2: Verwendete Aufgabenklassen

vorgesehen laut

Lehrplan für Schuljahr....

Addition

Multiplikation

Zahlenraum von 0 bis 10 z.B.: 4+6

Zahlenraum von 10 bis 20 ohne Zehnerübergang z.B.: 13+2

Zahlenraum von 0 bis 20 mit Zehnerübergang z.B.: 6+5

Zahlenraum bis 100 ohne

Zehnerübergang z.B.: 42+7

Zahlenraum bis 100 mit

Zehnerübergang z.B.: 27+8

mit folgenden zwei Faktoren: 2er, 3er, 4er, Ser, 10er z.B.: 3°4

zweistellige Zahlen ohne Zehner­

übergang mit einem Zehner z.B.: 27+12

mit zwei Faktoren: das gesamte kleine Einmaleins z.B.: 8-7

zweistellige Zahlen ohne Zehner­

übergang über mehrere Zehner

z.B.: 43+26

zweistellige Zahlen mit Zehner­übergang über mehrere Zehner

z.B.: 38+27

ein einstelliger Faktor mit einem zwei­stelligen Faktor im Zahlenraum bis 100 z.B.: 6+14

wältigung hierarchisieren lassen. Die Wahl der individuell angemessenen Ni­veaustufe wird dabei als eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Lern­tätigkeit und Aufgabenlösung angese­hen. Im vorliegenden Fall werden fol­gende Niveaustufen gewählt: mündliches Wiederholen der Instruktion, Lesen der Instruktion, graphische Veranschauli­chung der Aufgabe, gegenständliche Veranschaulichung der Aufgabe. Auf höheren Hierarchie-Ebenen der Reprä­sentation nehmen in der Regel Schwie­rigkeitsniveau und Komplexitätsgrad der Aufgaben zu; solche formalen Kriterien bei der Hierarchisierung sind in dem hier vorgestellten Ansatz jedoch von nach­rangiger Bedeutung. Ein solcher tätig­keitstheoretischer Ansatz folgt im we­sentlichen den Arbeiten von Vertretern der kulturhistorischen Schule sowjeti­scher Psychologie wie Wygotski(1977), Leontjew(1973) und Galperin(1969), weist aber auch Bezüge zu Piaget(1966) und Bruner(1971) auf. Er unterscheidet sich damit von behavioristischen Kon­zepten, die sich auf direkt beobachtbare Merkmale des Leistungsverhaltens kon­

zentrieren, und von kognitivistischen Ansätzen, welche die Bedeutung des Er­werbs und der Verarbeitung von Wissens­elementen betonen. Demgemäß zielt die Lerntätigkeit auf das Erkennen und Nutzen der objektiven Bedeutungen, welche in den vorgegebenen Lerngegen­ständen aufgehoben sind(vgl. dazu Probst 1978). Somit beschränkt sie sich nicht, wie das einsichtige und entdek­kende Lernen, auf den Erwerb von Grundfähigkeiten und Einsicht in die Problemstruktur von Aufgaben, und sie hebt sich deutlich von rezeptiven Lern­konzepten ab, die lediglich auf das Be­wältigen von Aufgaben abzielen. Von der methodischen Umsetzung her ist der Ansatz der Fehleranalyse zuzurechnen. Diese hat in letzter Zeit vor allem durch die Veröffentlichungen von KRadatz (1980), Gerster(1982), Lorenz(1983), Wittoch(1984), Sander& Berger(1985) sowie Kötter, Struchholz, Niegemann& Auffenfeld(1986) an praktischer und theoretischer Bedeutung gewonnen. In­haltlich beschränkt sich der Ansatz auf einfache Kopfrechenaufgaben, wie sie für die Grundschulklassen mit den ent­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIV, Heft 2, 1988

Förderdiagnostik bei einfachen Kopfrechenaufgaben

sprechenden Lehrplänen vorgesehen sind. Seine Spezifität ist also hoch, sein Generalitätsanspruch niedrig.

Die Eignung für spezifische Inhalte dürf­te übrigens eine weitere wichtige Kate­gorie sein, anhand derer die Ansätze mit hohem KGeneralitätsanspruch hinsicht­lich ihrer Wirksamkeit miteinander ver­glichen werden sollten. Bislang hat vor allem Sander(1986) die Wirksamkeit der Ansätze von Gagne(1980) und Case (1980) bei verschiedenen Schülergrup­pen vergleichend untersucht. Nicht zu­letzt aufgrund dieser Untersuchung kann davon ausgegangen werden, daß sich die hier genannten Ansätze eher er­gänzen als einander ausschließen oder widersprechen. Ergänzungen sind dann zu erwarten, wenn ihre Eignung für spe­zifische Schülerpopulationen und für spezifische Lernanforderungen bekannt ist. Das hier vorgestellte Verfahren ist speziell für die Analyse von Problemen konzipiert worden, die bei der Bewälti­gung spezifischer Lernanforderungen mit eindeutiger inhaltlicher Bestimmung auftreten können.

Beschreibung der Anforderungen

Bei den bisher erprobten Anforderungen handelt es sich nur um mündlich gestell­te und ebenfalls mündlich zu beantwor­tende zweigliedrige Additions- und Mul­tiplikationsaufgaben. Aus der Menge der laut Lehrplan des Landes Baden-Würt­temberg für die einzelnen Schulstufen der Grundschule vorgesehenen Aufga­benklassen sind hier nur diejenigen dar­gestellt, an denen das Vorgehen bisher erprobt wurde(Tabelle 2). Prinzipiell läßt es sich aber auf weitere Aufgaben­klassen übertragen.

Beschreibung des Vorgehens

Die Abstimmung der Aufgabenklassen auf die Versuchspersonen wurde in ei­nem Vorversuch vorgenommen. Benannt wurden von den Lehrern ausschließlich Schüler aus Grundschulklassen einer Sonderschule für Sprachbehinderte, die

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