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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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lung von schemabezogenem Wissen auf die Güte der Problemlösung?

Stichprobe und Untersuchungsdurchführung

An der Untersuchung nahmen 18 Schü­ler und Schülerinnen(12 Jungen und 6 Mädchen) des 7. und 8. Schuljahres ei­nes Landauer Gymnasiums teil. Die Er­fassung der interessierenden Variablen wurde aufgrund ihrer Vielzahl und Art auf zwei getrennte Sitzungen eine Gruppen- und eine Einzelsitzung ver­teilt. Zwischen beiden Sitzungen, die je­weils etwa 1 bis 1 1/2 Std. dauerten, lag ungefähr eine Woche.

In der ersten(Gruppen-)Sitzung wurden folgende Variablen erfaßt:

® Prozedurales Wissen: Es wurden 18 Aufgaben vorgegeben, die inreiner Form folgende 6 Prozeduren erfassen sollten: Umwandlung einer Prozentzahl in einen Dezimalbruch, eines Bruchs in eine Prozentzahl, einer Dezimalzahl in eine Prozentzahl; Berechnung des Pro­zentwerts, des Prozentsatzes, des Grund­werts. Nach Ergebnissen von Sander& Berger(1984) gehören die Umwand­lungs- und Berechnungsprozeduren ver­mutlich zwei verschiedenen Ebenen ei­ner Lehrzielhierarchie an.

® Schemabezogenes Wissen: Hier wur­den drei verschiedene Erfassungsmetho­den eingesetzt:

a) Den Schülern wurden 6 Zahlenpaare vorgegeben(z.B. 18% von 750). Ihre Aufgabe bestand darin, unter Verwen­dung des jeweiligen Zahlenpaares eigene Textaufgaben zu erfinden. Als Maß für schemabezogenes Wissen wurde die An­zahl(lösbarer) Aufgaben, die sich dem SchemaProzentrechnung zuordnen lassen, herangezogen. Die Idee zu die­sem Verfahren geht auf eine Untersu­chung von Bell, Fischbein& Greer (1984) zurück.

b) Die Schüler erhielten einen Satz von 18 Textaufgaben mit der Anweisung, zusammenpassende* Aufgaben zu be­nennen und eine Begründung für ihre Wahl abzugeben. Art, Anzahl und Grö­ße der Kategorien war freigestellt. Der

Roland Arbinger ­

Textverständnis und Lösen mathematischer Sachaufgaben

Abb. 2: Kategorien zur Analyse der Lösungsprotokolle

I Spontane Formulierung des richtigen Ansatzes(auchDreisatz) II Explizite Zielbildung,-formulierung(z.B. Definition einerLeerstelle) IN Kontrolle/Bewertung erzielter(Zwischen-)Resultate anhand eines nicht näher

bestimmten Kriteriums

IV Explizite Kontrolle eines(Zwischen-)Resultats unter Angabe eines Kriteriums

V Handlungskorrektur beim Bemerken eines(evtl. nur vermeintlichen) Fehlers

VI(Metakognitive) Aussagen über die Angemessenheit des eigenen Vorgehens

VII(Metakognitive) Aussagen über eigene(stabile) Fähigkeiten oder Mängel

VIII Vereinfachungen bei der Durchführung mathematischer Operationen(z.B. Kürzen,

Verschieben der Dezimalstelle, Runden)

Fehlerkategorien

IX Willkürliche Entscheidung für einen Ansatz;Durchprobieren verschiedener Ansätze X Fehlende Kontrolle bei offensichtlich falschem Ergebnis XI Wahl und Beibehaltung eines falschen Ansatzes

XII Fehlerhafte Ausführung einer Division

XII Fehlerhafte Ausführung einer Multiplikation

XIV Fehlerhafter Umgang mit Dezimalstellen

Aufgabensatz wies folgende interne Struktur auf: Die drei Grundprobleme der Prozentrechnung(Prozentwert, Pro­zentsatz oder Grundwert gesucht) wur­den in jeweils drei verschiedene Kontex­te(Schüler, Kaufen, Waren) eingebettet. Zu jedem so definierten Aufgabentyp wurden zwei Aufgaben hergestellt (2*3*3= 18 Aufgaben). Die Validität des Sortierverfahrens zur Erfassung sche­mabezogenen Wissens im Zusammen­hang mit mathematischen Textaufgaben konnte in einer eigenen früheren Unter­suchung an jüngeren Schülern nachge­wiesen werden(vgl. Arbinger 1986).

c) Den Schülern wurden 6 Textaufga­ben vorgelegt mit der Instruktion, ledig­lich den ‚,Lösungsansatz anzugeben. Die Formulierung eines Ansatzes besteht darin, die drei relevanten Variablen des SchemasProzentrechnung(Grund­wert, Prozentsatz, Prozentwert) in je­weils zutreffender Weise miteinander in Beziehung zu setzen. Die Anzahl richti­ger Ansätze liefert ein(weiteres) Maß für schemabezogenes Wissen.

® Lösen von Textaufgaben: Hier muß­ten die Schüler 6 Textaufgaben(je 2 zu jedem Schema und Kontext) vollständig lösen.

In der Einzelsitzung wurden jedem Schüler 9 Textaufgaben zur Lösung vor­gelegt. Die Reihenfolge war dabei: 3 vor­formulierte Aufgaben, die jeweils unmit­telbar nach dem lauten Vorlesen durch

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIV, Heft 2, 1988

den Schüler frei reproduziert werden mußten; dann 3 der vom Schüler in der 1. Sitzung formulierten Aufgaben und schließlich 3 weitere vorformulierte Auf­gaben. Nach den ersten 6 Aufgaben er­hielten die Schüler eine Kurzinstruktion in Form eines Arbeitsblattes, das ihnen anhand von 3 typischen Aufgabenbei­spielen die 3 Grundschemata der Pro­zentrechnung bereitstellte. Die Aufgabe bestand lediglich darin, die vorgegebe­nen Gleichungenauszurechnen,

Die Schüler wurden bei allen Aufgaben instruiert,laut zu denken. Die Tran­skription der Tonbandaufnahmen sowie die während der Problembearbeitung von den Schülern angefertigten Notizen, Rechnungen usw. bilden das Material für die spätere Auswertung im Hinblick auf Lösungsstrategien(s.u.). In dem hier geschilderten Rahmen wurden folgende Variablen erfaßt:

® Lösen von Textaufgaben: Hier wurde wie in der 1. Sitzung die Häufigkeit rich­tiger Lösungen bestimmt.

® Schemabezogenes Wissen: Die Repro­duktionen der Schüler wurden im Hin­blick auf das richtige Behalten der we­sentlichenPropositionen des Aufga­bentextes(im Sinne von Mayer 1981) ausgewertet. Jede Aufgabe enthält drei derartige Propositionen, in denen jeweils 2 der 3 Variablen des SchemasProzent­rechnung ein Wert zugewiesen wird und die Wertzuweisung für die jeweils

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