Metakognitionen bei der Lösung mathematischer Probleme:
Gestaltungsperspektiven
für den Mathematikunterricht
Von Wolfgang Schneider und Marcus Hasselhorn
In neueren Untersuchungen zur Mathematikerziehung im Elementarbereich wird verstärkt auf die Bedeutung kognitiver Prozesse(Strategien) für die erfolgreiche Bewältigung von Problemlöseaufgaben hingewiesen. Im vorliegenden Beitrag wird insbesondere auf das Wissen um kognitive Prozesse und deren Steuerung, also auf Metakognitionen eingegangen. Es wird zunächst eine Einführung in traditionelle Kategorien von Metakognition gegeben und dann auf eine Weiterentwicklung eingegangen, die als „Modell des kompetenten Strategie-Anwenders“ bekanntgeworden ist. Dieses Modell wird dann als Grundlage für Empfehlungen benutzt, die darauf abzielen, den Mathematikunterricht effizienter zu gestalten,
T ZZ>>>
Recent studies into math instruction in elementary schools have emphasized the importance of cognitive processes(strategies) for successful problem solving. This paper focuses on the impact of metacognition, that is, knowledge about cognitive processes and their conscious regulation, on performance in mathematics. In a first step, traditional categories of metacognition are described, Next, a recent elaboration of more traditional approaches, namely the “good strategy user model”, is presented in more detail,
Recommendations concerning a more efficient construction of math instruction based on this model are given in the last section of this paper.
Es steht wohl außer Frage, daß gerade innerhalb der letzten beiden Jahrzehnte eine Vielzahl von pädagogisch-psychologischen Untersuchungen durchgeführt worden sind, die unser Wissen über den Erwerb mathematischer Fertigkeiten enorm bereichert haben. So kann beispielsweise als relativ gesicherte Erkenntnis gelten, daß im Verlauf des schulischen Werdegangs die bereits erworbenen Vorkenntnisse im Fach Mathematik immer bedeutsamer für die Prognose der künftigen Mathematikleistungen werden, während gleichzeitig das allgemeine intellektuelle Fähigkeitsniveau demgegenüber an Bedeutung verliert(vgl. Helmke, Schneider& Weinert 1986; Sander 1986). Im Hinblick auf die effektive Gestaltung des Mathematikunterrichts wurden eine Reihe von Didaktikmodel
len vorgelegt(vgl. Bloom 1976; Gagne 1980), die Hinweise enthalten, wie die so wichtigen Vorkenntnise von möglichst vielen Schülern erworben werden können. Diesen Modellen zufolge sollten Lehrziele sachlogisch in eine Hierarchie notwendiger Teilziele zerlegt werden und die jeweils an nicht beherrschten Teillehrzielen festgemachten Vorkenntnisdefizite von Schülern durch das Üben entsprechender Aufgaben behoben werden. Empirische Studien haben die Überlegenheit eines auf solchen Prinzipien aufbauenden Mathematikunterrichts gegenüber konventionellen Vorgehensweisen belegen können(z.B. Sander 1986; Sander, Bartels& Berger 1987).
Aber auch Entwicklungspsychologen und kognitive Psychologen haben sich in neuerer Zeit immer mehr für Verände
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIV, Heft 2, 1988
rungen im mathematischen Denken bei Kindern interessiert(vgl. etwa Ginsburg 1983). Dabei hat sich als ein hauptsächlicher Kritikpunkt an den erwähnten pädagogisch-didaktischen Ansätzen deren oft ausschließliches Verhaftetsein mit der sachlogischen Aufgabenanalyse herausgeschält. Als nächster Schritt in der Entwicklung pädagogisch-psychologischer Theorien der Mathematikerziehung wird daher in jüngerer Zeit die direkte Betrachtung der Lernprozesse selbst gefordert(vgl. Nesher 1986). Diese Forderung hat zu vielfältigen Analysen kognitiver Prozesse bei der Bearbeitung und Lösung unterschiedlicher Mathematikaufgaben geführt. So fand z.B. Klauer(1984) selbst bei der Analyse von Routineaufgaben wie dem Multiplizieren und Dividieren von Brüchen, daß
113