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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Erfolgskontrolle eines computergestützten Unterrichts unter unterschiedlicher

Bezugsnormorientierung

Von Friedrich Masendorf

Lernbehinderte und von Lernbehinderung bedrohte Kinder unterliegen in der Regel einer Leistungsbe­urteilung und Benotung, die sich an der Erlaßlage der Regelschule orientiert und sonderpädagogischen Erfordernissen nicht gerecht wird. Die vorliegende Arbeit zeigt auf, daß Leistungsbeur­teilungen und Notenaussagen nur sinnvoll sind, wenn die Effektivität sonderpädagogischer Unterrichts­maßnahmen überprüft wird und das den Noten unterliegende Zensierungsmodell mit ausgewiesen wird. Je nach Bezugsnormorientierung lassen sich die so­zialkomparative, die kriteriale und ipsative(intrain­dividuelle) Note unterscheiden. Anhand von Unter­suchungsbeispielen zum computergestützten Rechen­unterricht wird diskutiert, inwieweit sich die Noten­aussagen nach allen drei Bezugsnormen sinnvoll er­gänzen können und welche Note aus sonderpädago­gischer Sicht besonders günstig ist.

Learning disabled children as children at risk of lear­ning disability are usually subject to assessment and grading strategies that comply with regular school po­licies rather than requirements of special education. The study presented shows that academic assessment as well as determination of grades will make sense only, if

the efficiency of remedial instruction is examined the standards applied for determining grades are

set forth.

There are three different types of grades to differenti­ate: the social comparative, the critical and the ipsative (intraindividual) grade depending upon which refer­ence system are based upon. Examples from com­puter-aided instruction in mathematics are used to discuss how grading systems according to these three reference systems can supplement each other mean­ing fully as well as which grading system seems par­ticularly favourable from point of special education.

Problem

Die vorliegenden Untersuchungen die­nen einem zweifachen Ziel:

Sie sollen zur methodenkritischen Re­flexion der Leistungsbeurteilung und Notengebung beitragen und demonstrie­ren, daß die Benotung eines Schülers nur dann pädagogisch optimal genutzt wer­den kann, wenn die der Benotung zu­grundeliegende Bezugsnormorientierung berücksichtigt und ausgewiesen wird. Gleichzeitig wird gezeigt, daß Noten ohne Überprüfung der Effektivität der Unterrichtsmaßnahmen wenig sinnvoll sind. Als Unterrichtsmaßnahme kommt ein computergestütztes Trainingspro­

gramm zum Einsatz mit dem Ziel, das schriftliche Mulitplizieren lernbehinder­ter Sonderschüler und rechenschwacher Grundschüler zu verbessern. Durch die Untersuchung wird also auch die Eva­luation eines computergestützten Lehr­programms vorgenommen, das an spä­terer Stelle genauer beschrieben wird. Hierbei wird die Leistungsverbesserung der Schüler durch das Programm nicht nur global, sondern mittels Noten auf der Grundlage verschiedener Bezugsnor­men ausgewiesen. In der Literatur wer­den drei Bezugsnormen unterschieden (Klauer 1987 a, 1987 b): die soziale, die sachliche oder kriteriale und die indivi­duelle Bezugsnorm(vgl. hierzu auch Rheinberg 1980).

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIV, Heft 2, 1988

Bei sozialer Bezugsnormorientierung wird die aktuelle Schülerleistung(z.B. die im Test oder einer Klassenarbeit) im zeitlichen Querschnitt und gewöhn­lich im Vergleich zum Klassenstandard betrachtet. Hier stehen die vergleichende Messung und Benotung im Vordergrund, es interessiert die relative Position des Schülers im Vergleich zu seiner Bezugs­gruppe. Der Prozentsatz von Einsen und Fünfen liegt fest, wie beispielsweise bei Anger& Bargmann(1954, zit. bei Lie­nert 1969, 343): 10% Spitzenreiter, 15% Überdurchschnittliche, 25% Mit­telgruppe, 15% Unterdurchschnittliche, 10% Versager. Nach einer derartigen Quotierung kann eine Klassenarbeit nicht gut oder schlecht ausfallen.

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