gen Aufmerksamkeitsschwankungen eine Periodik von 10 bis 15 Sekunden(zit. n. Rohracher 1971).
Im Wiener Modell nutzt man folgende Erkenntnisse für die Unterrichtsgestaltung:
a)Im Gehirnstromgeschehen wird die Steigerung der Aufmerksamkeit stets von einem Übergang von den Alphawellen(8—12 Hz) zu den Betawellen(13— 30 Hz) begleitet(vgl. Rohracher 1937). Während der Alphaphase ist die Lernleistung relativ schlecht(Hinger 1977). In Untersuchungen, in denen die Alphawellenproduktion mittels Biofeedback den Personen rückgemeldet wurde, konnte gezeigt werden, daß die Personen mittels bildhafter Vorstellungen ihre Gehirnaktivität selbst verändern können(Trimmel 1977). Bei intensiver Vorstellung entspannender und befreiender Situationen steigt die Alphawellenproduktion. b) Ebenso besteht ein Zusammenhang zwischen Lernleistung und elektrischem Gleichspannungspotential(zwischen Gehirnrinde und einem elektrisch neutralen Punkt). In der Phase des Anstieges im Gleichspannungspotential wurde eine deutliche Lernerleichterung nachgewiesen(Nirnberger 1980). Auch das Gleichspannungspotential kann durch willentliche An- und Entspannung der Körpermuskulatur verändert werden; bei Muskelrelaxation steigt es an(Lauber 1977; vgl. die therapeutische Methode der Muskelentspannung nach Jacobson (1938) und das Autogene Training nach Schultz(1966)).
c) Schließlich ist die entspannende Wirkung von Musikstücken bekannt(Willms 1977). Für die schulische Praxis bieten sich demnach Vorstellungstraining, Muskelrelaxation und Musikeinsatz isoliert oder kombiniert als wirksame Aktivitätsregulatoren an.
Diese Erkenntnisse aus der neueren neuro-psychologischen Forschung sowie die in Tabelle 1 zusammengestellten Gesichtspunkte, basierend auf der Lernund Gedächtnispsychologie, haben zu einem Grundkonzept des Wiener Modells geführt, aus dem zwei Varianten für die Unterrichtspraxis abgeleitet wurden, die deduktive und die induktive Modelleinheit.
Erich Vanecek& Ernst Bauer
Das Wiener Modell im Mathematikunterricht
Tab. 1: Unterrichtliche Anforderungen und mögliche psychologisch fundierte Konsequenzen in
der Unterrichtsgestaltung
Lernpsychologische Fakten
Bestleistungen im Zustand mittlere Aktivierung
Stoffportionierung und Berücksichtigung der auf rund sieben bis neun Einheiten limitierten Aufnahmekapzität(Flaschenhals der Informationsverarbeitung)
Schaffung vergessensresistenter Gedächtniskodes
Motivationssteuerung durch geeignete Verstärkungsmechanismen
Notwendige Konsolidierung der Gehirnengramme nach dem Lernen
Gedächtnis- und Lernhemmungen
Eigenheiten des Gedächtnisverlaufes
Vorteile der Gruppenarbeit
Bedeutung von Eigenaktivität und selbständiger Arbeit
Praktische Realisierung im Wiener Modell
Anspannung— Entspannung(Muskelentspannung nach Jacobson, unterstützt durch Musikstücke)
Genaue Formulierung von Kerninformationen und Randinformationen
(Pflichtstoff und Anbotstoff), Reduktion der Informationsphase auf überschaubare Einheiten)
Einsatz von Vorstellungstraining(Imagery), Wiederholungsplan, Erzeugung von„tiefer Verarbeitung‘
Vermeidung von„Strafreizen‘‘ bzw. Vermeiden von Mißerfolgserlebnissen
Konsolidierungspausen nach der Informationsdarbietung und nach Stoffwiederholung
Darbietung neuer Inhalte stets zwischen Pufferzeiten, Vermeidung unmittelbarer Abfolgen ähnlicher Inhalte
Straffes Wiederholungsschema, Kurzzeit-, Langzeitwiederholungen
Gruppenarbeit nur dann einsetzen, wenn für den einzelnen mehr Ertrag möglich ist als in Einzelarbeit, Tutorentätigkeit der Schüler(Multiplikatoren des Lehrers)
forcierter Einsatz von Arbeitsunterlagen(z.B. Arbeitsblätter), Training im zeitlich limitierten Arbeiten, üben von Lern- und Wiederholungsstrategien
Die Modelleinheit
möglich, oder es wird der Lösungsweg anhand eines Beispieles demonstriert. Für diesen Fall wurde das deduktive Mo
Im Mathematikunterricht lassen sich zwei Extrempositionen des Unterrichtens unterscheiden: 1. Der deduktive Unterricht, in dem vorwiegend durch Lehrervortrag, Frontalunterricht, durch rezeptives Lernen oder durch fremdgesteuerten Unterricht Wissen vermittelt wird, und 2. der induktive Unterricht, der durch entdeckendes, experimentelles, problemlösendes und selbstgesteuertes Lernen charakterisiert ist. Jeder Lehrer wird je nach Anforderung der Situation seine Schwerpunkte anders setzen.
Die deduktive Modelleinheit im Mathematikunterricht
Zur Bewältigung vieler Aufgaben im Mathematikunterricht ist häufig ein direktes Informationsangebot durch den Lehrer nötig. Die Lösung wird durch Ableitung einer allgemeingültigen Formel
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIV, Heft 2, 1988
dell entwickelt. Dabei ist darauf zu achten, daß die Lösung vorerst an einem vereinfachenden Beispiel ohne Komplikationen erläutert wird. Die Stärke der deduktiven Modellvariante liegt in der Zeitersparnis bei der Informationsübermittlung, die es späterhin ermöglicht, langsamer lernenden Schülern oder solchen mit Verständnisproblemen zu helfen, die übrigen aber selbständig üben zu lassen. Im Sinne des sozialen Lernens sollen die Hilfen im Rahmen des Tutorensystems durch die Schüler selbst erfolgen(„„Wer fertig ist, kann einem Ratsuchenden helfen‘). Lern-und Verständniszeiten schwanken innerhalb einer Klasse beträchtlich. Vertreter des zielerreichenden Lernens(Mastery LearningKonzept) geben Verhältnisse von 1:5 an (Havers 1981); im Durchschnitt wird der Lehrer von einem Zeitbedarf mancher Schüler bis zum Dreifachen ausge
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