te und neue Lerninhalte nicht miteinander interferieren dürfen. Störwirkungen von vorangestellten und nachfolgenden Lernvorgängen(proaktive und retroaktive Hemmungen) konnten immer dann nachgewiesen werden, wenn die Zeiten zwischen den Lernphasen kürzer als fünf Minuten waren. Die Konsolidierungsphase darf daher eine Spanne von fünf Minuten nicht unterschreiten. Andererseits soll auch nicht zuviel Zeit zwischen dem Lernen und der ersten Stoffwiederholung verstreichen, um dem Vergessen nicht Raum zu geben. Ferner ist in der Stundenplanung darauf zu achten, daß die Inhalte aus Informations- und Konsolidierungphase einander möglichst unähnlich sind, um Verwirrung stiftende Ähnlichkeitshemmungen zu verhindern. Als praktikable Tätigkeiten haben sich u.a. bewährt: Kontrolle der Hausaufgaben, Vergleichen der Ergebnisse, Wiederholung gut beherrschter Stoffe aus früheren Stunden, Abwicklung von organisatorischen Tätigkeiten, Klassenbuchführen u.a.m.
Wiederholung 1
Schüler— und auch Lehrer— klagen oft über den starken Wissensverlust nachweislich beherrschter Stoffe. Während etwa im Unterricht die durchgenommenen Inhalte verstanden und beherrscht werden, kann häufig die Hausaufgabe nicht ohne fremde Hilfe bewältigt werden. Diese Erfahrung machen auch Lehrer in ganztägigen Schulformen, in denen sie in den Übungsstunden am Nachmittag Rückmeldung über den Ertrag ihres vormittäglichen Unterrichts erhalten. Der Fehler ist wohl darin zu suchen, daß man sich über die Schnelligkeit des Vergessens kaum realistische Vorstellungen macht. Ein einmal zu hundert Prozent gelerntes Material(sinnfreie Silben) wird nach Ebbinghaus(1885) nach einer Stunde nur mehr etwa zur Hälfte beherrscht. Ähnliche Befunde liegen auch bei sinnvollem Lernmaterial vor. Das Verstehen eines Sachverhaltes bietet noch keine Gewähr dafür, den Lösungsalgorithmus auch in späteren Aufgabenstellungen richtig anzuwenden. In das Stundenmodell ist deshalb ein Wieder
Erich Vanecek& Ernst Bauer
holungsschema eingeplant. Die zwei Wiederholungsphasen in derselben Einheit sollen den neuen Stoff festigen, darüber hinaus hat der Lehrer hier die Möglichkeit, eventuell auftretende Anwendungs- oder Verständnisschwierigkeiten zu erkennen; es bleibt noch Zeit, diese zu korrigieren oder die Hausaufgabe danach zu adaptieren.
Der Stellenwert der Hausübung wurde eine zeitlang stark angezweifelt, scheint allerdings nun wieder eine Rehabilitation erfahren zu haben(Wittmann 1970, 1981). Im Wiener Modell leistet die Hausaufgabe jedenfalls einen wesentlichen Beitrag zur selbständigen Wiederholung, zur weiteren Anwendung des Gelernten und zum Erwerb der nötigen Rechenfertigkeit, die auch für routiniertes Absolvieren der Schularbeiten vorausgesetzt werden muß. In fast jeder Hausaufgabe sollte sich ein Beispiel aus einem älteren Stoffgebiet befinden. Hier wird wertvolle Langzeitwiederholung durchgeführt; weiter hilft man dem Schüler, sein Metawissen zu korrigieren, indem man ihn mit systematischen Übungen auf Defizite aufmerksam macht, die durch Vergessen entstanden sind. Nicht selten wird eine ganze Hausaufgabe „zeitversetzt‘ zum neuen Stoff vorzugeben sein, da namentlich schwächere Schüler noch der Klärung in der nächsten Stunde bedürfen. Dann erst kommt der neue Stoff in die Hausaufgabe.
Konsolidierung 2
Dieser Abschnitt dient wie„Konsolidierung 1“ dazu, störende Interferenzen zu vermeiden und die Aktivität des lernenden Gehirns ungestört auslaufen zu lassen(postmentale Erregungen). Die zweite Konsolidierung kann bereits für Stoffwiederholungen aus weiter zurückliegenden Gebieten erfolgreich verwendet werden. Je größer der inhaltliche Kontrast zu den Wiederholungsphasen, desto geringer werden etwaige Hemmungseffekte ausfallen. Die Zeitspanne von 10 Minuten kann manchmal zugunsten der „Konsolidierung 1‘ verringert werden. In diesem Fall stehen insgesamt 15 Minuten zur Wiederholung vergangener
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIV, Heft 2, 1988
Das Wiener Modell im Mathematikunterricht
Stoffgebiete pro Modelleinheit zur Verfügung.
Wiederholung 2
Im Idealtyp einer Modelleinheit schließt eine zweite Wiederholung des Lehrstoffes die Stunde ab. Dies führt zu einer Verflachung der Vergessenskurve. Weitere Wiederholungen sind der Hausaufgabe anvertraut oder erfolgen in der nächsten und übernächsten Stunde.
Die induktive Modelleinheit im Mathematikunterricht
Neben dem Lehrervortrag, bei dem der Lehrer in aufbereiteter Form Wissen vermittelt(deduktives Modell), besteht die Möglichkeit, manchmal auch die Notwendigkeit, daß der Schüler sich selbst Wissen erarbeitet(experimentelles Lernen, problemlösendes Lernen). Diese Unterrichtsform vermittelt dem Schüler ein wesentlich anderes Bild der Mathematik: Denkweisen und Schwierigkeiten einer Wissenschaft werden, wenn auch nur ansatzweise und in den Grundzügen, erfahrbar. Die passende Arbeitsform dafür liegt am ehesten im Bereich der Gruppenarbeit. Sie gewährt die Realisierung vieler Vorteile des entdeckenden Lernens(Ausubel 1981).
15 Minuten... Vorbereitungs- oder Erarbeitungsphase 5 Minuten...... Aktivierung 5 Minuten...... Informationsspot 5 Minuten 1. 7. Konsolidierung 1 10 Minuten...... Wiederholung 1 $ Minuten.',.. Konsolidierung 2 5 Minuten... 1. Wiederholung 2
Vorbereitungs- oder Erarbeitungsphase
In dieser Phase sollen die Schüler das vorgesehene Lehrziel durch selbständiges Arbeiten erreichen. Meistens sind dazu Arbeitsblätter vorzubereiten, die das Problem in geeigneter Form aufzeigen. Manchmal muß in einer vorangegangenen Stunde eine Vorbereitung durch Vermittlung der zur Lösung erforderlichen Techniken erfolgen. Diese Methode hat vor allem eine bedeutende moti
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