Gisela Friedrich+ Sprachentwicklungsdiagnostik und-förderung bei entwicklungsrückständigen Kindern
— Äußerungsanregung durch standardisierte Fragen: bei einer zweiten Betrachtung der Bilder erhalten die Kinder durch standardisierte Fragen Hilfe und Anregung zur Verbalisierung der untersuchten Relationen
Unspezifische Aktivierung:
Die Kinder haben die Aufgabe, 12 Bilder(in der Endfassung 10 Bilder) einzeln zu betrachten und den Inhalt zu erzählen, sie werden nicht direkt nach bestimmten Bildinhalten gefragt, sondern erhalten die Instruktion, sich das Bild zu betrachten und dazu eine kleine Geschichte zu erzählen.
Um den Kindern diese Aufgabe zu erleichtern, wird ihnen in einer Übungsphase vor Versuchsbeginn vom VI1 verdeutlicht, worauf bei den Erzählungen zu achten ist; dabei werden alle untersuchten Relationen gemeinsam vom Kind und VI bei 4 bis max. 6 Übungsbildern verbalisiert. Der Vl ergänzt auf der Grundlage standardisierter Geschichten, die für jedes Übungsbild vorliegen, immer die Relationen, die vom Kind nicht selbständig verbalisiert werden. Als Grundlage zur Entwicklung des Versuchsmaterials dienten uns die beiden 1982 im Postreiterverlag erschienenen Kinderbücher„Was Teddy schon kann“ und„Was Teddy noch übt“(Gestaltung: Ingrid Graichen).
Die Abbildungen aus diesen Büchern wurden von uns z.T. modifiziert, auf die wesentlichen Bildinhalte reduziert, farblich umgestaltet und einzeln auf ASgroßen weißen Zeichenkarton gemalt, verstärkt sowie mit Klarsichthüllen versehen.
Beispiel: Standardisierte Geschichten des 1. Übungsbildes:
Der Teddy zieht seine Schuhe an. Er sitzt auf einem Baustein. Daneben steht sein anderer Schuh, den muß er auch noch anziehen, dann kann er rausgehen. Bei einer zweiten Betrachtung der Versuchsbilder erhalten die Kinder durch standardisierte Fragen Hilfe und Anregung zur Verbalisierung der untersuchten Relationen. Folgende Fragen werden gestellt:
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Was macht der Teddy?(zur Verbalisierung der Aktor-Aktion-Relation)
Was malt, ißt usw. der Teddy?(AktionObjekt)
Wo...?(Lokation)
Womit...?(Instrument)
Warum...?(Finalität/Kausalität)
Zusätzlich zu den semantischen Relationen wird die vom Kind in der ersten Versuchsdurchführung gesprochene Wortzahl, reduziert um die Zahl der Wortwiederholungen pro Bild, als Ausdruck der individuellen Sprechfreudigkeit und-aktivität des Kindes festgehalten.
Ergebnisse der Längsschnittsstudie
Die 2;6-3;0jährigen Kinder verwenden im Mittel in 72% der von uns ausgewählten Bilder die Aktor-Aktion-Relation und bei 40% der zu beschreibenden Bilder die Aktion-Objekt-Relation. Die Lokationsrelation wird von ihnen im Durchschnitt bei 20% der gezeigten Bilder verbalisiert. Instrument- und Fina
_ litätsrelation werden von Kleinkindern
bei der Bewältigung dieser Anforderungen nur in Ausnahmefällen gebraucht (vgl. Abb. 1).
Auch im folgenden Jahr verwenden sie beim Erzählen der Bildgeschichten
hauptsächlich die Aktor-Aktion- und die Aktion-Objekt-Relation, jedoch um 18 bzw. gar 25% häufiger als in der Erstuntersuchung. Ebenso erhöht sich die Bedeutung der Lokationsrelation, sie wird um 15% häufiger verbalisiert, während Instrument- und Finalitätsrelation offenbar auch von jüngeren Kindergartenkindern bei der Realisierung unserer Anforderung nur selten verbalisiert werden(siehe Abb. 1).
In der Drittuntersuchung zeigt sich erwartungsgemäß eine weitere Festigung der untersuchten Relationen. Die Geschichten der Kinder enthalten im Alter von 4;6-5;2 Jahren durchschnittlich immer die Aktor-Aktions-Relation, bei mehr als 80% der Bilder wird die Aktion-Objekt-Relation verbalisiert, in über 50% der Bilder die Lokationsrelation. Auch die Instrument- und Finalitätsrelation scheinen in diesem Altersbereich an Bedeutung zu gewinnen, obwohl hier erhebliche inter- und intraindividuelle Unterschiede deutlich werden(siehe Abb. 1).
Im letzten Meßpunkt zeigt sich eine nochmalige Steigerung der Leistungsfähigkeit in diesem Bereich. Im Alter von 5;6—6;2 Jahren beherrschen unsere Kinder die Aktor-Aktion-Relation vollständig, verbalisieren die Aktion-Objekt-Relation zu 91%, die Lokationsrelation zu 61%, die Instrumentsrelation zu 20 sowie die Finalitätsrelation zu 17%,
AZ
1. Meßpunkt 3. Meßpunkt
Abb. 1: Leistungen im Teddy-Test(Überprüfung: unspezif. Aktivierung)
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 3, 1993