In der von uns untersuchten Kindergruppe zeigen sich im Niveau der Sprachentwicklung und-fähigkeit Unterschiede von etwa einem Jahr. Und das, obwohl wir Kinder mit einer deutlichen Intelligenzminderung in unserer Untersuchung nicht berücksichtigten. Dies verdeutlicht, welch große interindividuelle Variabilität der Sprachentwicklung tatsächlich innewohnt. Als wesentlich erscheint uns auch: In unserer Stichprobe fanden wir kein Kind, das durch plötzliche Entwicklungsbeschleunigungen in der Lage war, seine sprachlichen Fähigkeiten soweit zu festigen und zu steigern, daß es das Cluster der leistungsstärkeren Kinder erreichen konnte.
Ergebnisse der Untersuchung sprachentwicklungsrückständiger Kinder
Im vergangenen Jahr hatten wir die Möglichkeit, den Teddy-Test in der phoniatrischen Praxis zu erproben und unsere Ergebnisse mit logopädischen und medizinischen Befunden zu vergleichen. Wir untersuchten 41 Kinder, von denen wir 20 als sprachentwicklungsrückständig und behandlungsbedürftig einschätzten. Insbesondere interessierte uns, wie diese Kinder im Vergleich zu einer Gruppe unauffälliger Kinder den Teddy-Test bewältigten.
Der Anteil der Jungen überwog deutlich mit 30 Kindern. 21 Kinder waren Einzelkinder und 20 haben Geschwister. 15 waren 3;6—4;0 Jahre, 11 Kinder waren 4;0-5;0 Jahre, 15 älter als 5;0 Jahre, wobei zu beachten ist, daß die jüngste Gruppe bis auf wenige Ausnahmen sprachunauffällige Kinder waren, während die über 5;0 Jahre alten Kinder in der Regel zur Gruppe der sprachauffälligen gehörten. Dieses leider nicht vermeidbare Problem des Untersuchungsansatzes versuchten wir zu überwinden, indem wir zum Gruppenvergleich im Teddy-Test die altersabhängigen Normwerte verwendeten.
Nur 6 von 20 sprachentwicklungsauffälligen Kindern waren wegen des sprachlichen Rückstandes von den El
Gisela Friedrich+ Sprachentwicklungsdiagnostik und-förderung bei entwicklungsrückständigen Kindern
sem. Rel./standard.
unauffällig behandlungsbedürftig
sem. Rel./unspez.
4,9 5,1 2,9 3
‚2 unauffällig behandlungsbedürftig
Abb. 6: Verbale Verfügbarkeit semantischer Relationen
tern beim HNO-Arzt vorgestellt worden. 5 Kinder zeigten einen pathologischen Trommelfellbefund, bei 22 Kindern wurden adenoide Vegetationen diagnostiziert. Bei 8 Kindern bestand eine Schalleitungsschwerhörigkeit bis 30 dB ein- oder beidseitig und bei 5 Kindern über 35 dB beidseits.
Alle geprüften zwischenbegrifflichen semantischen Relationen haben hohe signifikante Beziehungen zur Phonemdiskrimination. Die Sprechfreudigkeit, die aus der gesprochenen Wortzahl im Teddy-Test bestimmt wurde, korreliert mit dem Grad der Artikulationsstörung. Größere sprachliche Auffälligkeiten sind gekoppelt mit geringer Sprechfreudigkeit.
Auf Grund der multiplen Stammelfehler wurden bei 20 Kindern eine logopädische Behandlung eingeleitet, die bei 5 Kindern bereits begonnen hatte.
Diese 20 Kinder wurden in allen Variablen mit den unbehandelten bzw. nicht behandlungsbedürftigen Kindern verglichen und es zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Der mittlere BSK-IQ der behandlungsbedürftigen Kinder lag bei 86 und der der unauffälligen Kinder bei 99.
Auch im Teddy-Test zur Überprüfung der verbalen Verfügbarkeit zwischenbegrifflicher semantischer Relationen zeigten sich gravierende Unterschiede zwischen beiden Gruppen: Die gesprochene Wortzahl der behandlungsbe
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 3, 1993
dürftigen Kinder betrug durchschnittlich 80 Worte und bei den unauffälligen Kindern 99. Die altersabhängigen C-Werte für die semantischen Relationen in beiden Überprüfungsformen zeigen signifikante Unterschiede zwischen der behandlungsbedürftigen Gruppe und den unbehandelten Kindern(siehe Abb. 6). Diese Untersuchung konnte belegen, daß bei Sprachentwicklungsverzögerungen neben den Artikulationsstörungen vor allem semantische Defizite nachweisbar waren.
Um auf die Umrechnung in altersabhängige C-Werte— die Normierung erfolgte an Hand der 1985-1988 untersuchten Kinder— verzichten zu können, verglichen wir die sprachrückständigen Kinder mit einer Gruppe gleichaltriger Kinder. Wir wählten also sprachunauffällige Kinder aus dem Altersbereich aus, der dem Alter der Kinder entsprach, die zu uns in die Sprechstunde kamen, so daß beide Gruppen altershomogen waren. Die Kinder beider Gruppen waren im Mittel 60 Monate alt und besuchten alle eine Vorschuleinrichtung. Auch in dieser Untersuchung war ein hochsignifikanter Intelligenzunterschied zwischen beiden Gruppen nachweisbar. Im Binet-Simon-Kramer-Test erreichten die sprachentwicklungsrückständigen Kinder im Mittel lediglich einen IQ von 85, während die Gruppe der unauffälligen Kinder durchschnittlich einen IQ von 113 aufwiesen(Dieser hohe Wert
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