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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Gisela Friedrich+ Sprachentwicklungsdiagnostik und-förderung bei entwicklungsrückständigen Kindern

Wir halbierten die Items des Teddy­Tests, um eine etwa gleichschwierige Form für Prä- und Posttest zu haben. Der Prätest bestand nun aus 6 Items und wurde in der gleichen Weise wie in Teil 1 beschrieben durchgeführt. Ein Item des Prätests wollten wir in un­veränderter Form im Posttest wiederho­len, um zu sehen, inwieweit sich die Kinder an das Bild erinnerten. Aus die­sem Grund bestand der Posttest aus 7 Bildern. Um es vorweg zu nehmen: die Kinder wußten zwar noch, daß sie sich mit uns Bilder angesehen hatten. Aber keinem Kind fiel auf, daß da einaltes Bild dabei war.

Vor einem Wochenende führten wir den Prätest durch. An den folgenden Wo­chentagen wurden die Kinder einzeln mit dem Bildmaterial trainiert. Jedes Kind erhielt 5 Trainingssitzungen, in denen jeweils zwei Situationen(zwei Übungen) absolviert wurden. Die Dauer betrug insgesamt nur etwa 5 mal 20 Mi­nuten für jedes Kind. In der darauffol­genden Woche führten wir den Posttest in der üblichen Weise durch.

Sowohl im Prä- als auch im Posttest ermittelten wir für beide Überprüfungs­formen die gleiche Schwierigkeits­reihenfolge der untersuchten semanti­schen Relationen wie in den vorherge­henden Studien. Es gibt eine einzige Ausnahme: Die Aktion-Objekt-Relation wird bei der standardisierten Befragung im Posttest bereits ebensogut beherrscht

Rohwerte

wie die Aktor-Aktions-Relation. Im Prätest war das bei diesen sehr jungen Kindern noch nicht der Fall.

Es kann von einem so kurzem Training nicht erwartet werden, daß die Kinder danach alle zwischenbegrifflichen se­mantischen Relationen vollständig be­herrschen. Das ist u.E. auch nicht Sinn oder Ziel der Förderung. Verbesserun­gen zeigen sich hauptsächlich in den Relationen, für die das Kind entspre­chend seines Entwicklungsstandes be­sonders sensibel ist und deswegen gut auf Beeinflussung von außen anspricht. Bei unseren Kindern(3;3-3;6 Jahre) er­hofften wir insbesondere eine Festigung des semantischen Kerns, also der Rela­tionen Aktor-Aktion-Objekt. Bei der unspezifischen Aktivierung war es auch genau die Aktion-Objekt-Relation, die am meisten verbessert werden konnte. Im Prätest wird sie durchschnittlich zu 50% und im Posttest im Mittel zu rund 90% beherrscht. Bei der standardisierten Befragung fanden wir außerdem eine enorme Steigerung der schwierigen In­struments- und Finalitätsrelation um 20 bzw. 10%.

Die mittleren Steigerungsraten einer Kindergruppe sind für uns jedoch nur wenig befriedigend. Was hat das einzel­ne Kind von unserem Training? Um die­ser Frage nachzugehen, betrachten wir

: im folgenden zwei Einzelfälle. Domi­

nique nahm an Prä- und Posttest sowie dem oben geschilderten Training teil.

Rohwerte 8

Da Tobias eine Woche Ferien hatte, führ­ten wir bei ihm nur Prä- und Posttest durch.

Die Grafiken veranschaulichen in be­eindruckender Weise die Leistungs­entwicklung der beiden Kinder in bei­den Testanforderungen. Bei der Über­prüfungsform mit unspezifischer Akti­vierung wird deutlich, daß Dominique nach dem Training den semantischen Kern beherrscht, obwohl ihre Leistun­gen in der Aktion-Objekt-Relation im Prätest äußerst gering waren. Demge­genüber kann Tobias seine Leistungen zwischen Prä- und Posttest erwartungs­gemäß nicht verbessern(vgl. Abb. 10). Die Verbesserung der Aktion-Objekt­Relation zeigt sich bei Dominique auch in der Überprüfungsform mit standar­disierter Befragung. Auch Tobias kann bei dieser Überprüfungsform bereits durch die einfache Testwiederholung seine im Aufbau befindlichen seman­tischen Kerne festigen. Jedoch scheint sich die Förderung hier besonders gün­stig auf die Leistungen in den schwieri­geren Relationen Lokation, Instrument und Finalität auszuwirken. Während To­bias gleiche Leistungen in Prä- und Post­test zeigt, kann Dominique im Posttest 4, 2 bzw. 3 Items mehr lösen.(siehe Abb. 11)

Unser relativ kurzfristiges Training scheint also bei Dominique zu einer bes­seren Verbalisierung der Relationen des semantischen Kern in der Spontanspra­

8 7 6 5 4 3 2 1 0

Dominique/Prä ZA Dominique/Post

Abb. 10: Leistungsentwicklung Prä-Post-Test(unspezif. Aktivierung)

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Instr.

3 Tobias/Prä Tobias/Post

ZZ

Dominique/Prä WA Dominique/Post

Lok.

2 Tobias/Prä Tobias/Post

Abb. 11: Leistungsentwicklun Prä-Post-Test(standardisierte Befragung)

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 3, 1993