beit, Streßfreiheit“(Seyfried 1986, 170). Aussagen darüber, wie die Anforderungen genau gestaltet sein sollen, wie groß der Entscheidungsspielraum sein darf oder wie„Streßfreiheit“ zu gewährleisten ist, finden sich jedoch kaum. Betont wird die Wichtigkeit positiver Sozialer Beziehungen, die vor allem in kleinen, überschaubaren Betrieben verwirklicht werden können, und auch Rückzugsmöglichkeiten beinhalten(Dörner 1985).
In Werkstätten für Behinderte erwies es sich als ungünstig, wenn psychisch Behinderte mit geistig Behinderten zusammenarbeiten(Wedekind 1987). Wedekind betont,„daß es die geeignete Arbeit oder die ungeeignete Arbeit für psychisch Behinderte nicht gibt“(192; Hervorhebungen im Original). Daraus wird gefolgert, daß psychisch Behinderte auch Arbeit unter Termin- und Leistungsdruck bewältigen können, wenn sie von den Betreuungspersonen in der Gruppe ausreichend unterstützt werden. Dies setzt voraus, daß die Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter die Belastbarkeit der einzelnen kennen und ihnen ausreichende Informationen über den Auftrag geben. Die Aufgaben sollen dabei klar gegliedert und durchschaubar sein. Auch hier wurden Rückzugsmöglichkeiten bei der Erledigung der Aufträge als wesentlich angesehen.
Empirische Untersuchungen zur Arbeitssituation von psychisch Behinderten. In einer Untersuchung von Bähr, Bungard und Kupke(Bungard& Bähr 1987; Bähr, Bungard& Kupke 1989) wurden 105 psychisch Behinderte unter anderem zu positiven und negativen Aspekten ihrer Arbeit befragt. Als besonders hilfreich werden soziale Aspekte wie der Kontakt zu Kunden, Klienten sowie Kolleginnen und Kollegen genannt. Als günstig werden auch Entscheidungsspielräume und die Variabilität der Tätigkeit angesehen. Umgekehrt werden Kontakte mit Kolleginnen und Kollegen auch als wichtige Belastungsquelle empfunden. Auch einige Verhaltensweisen von Vorgesetzten, die eigene psychische Dysfunktion sowie ein zu hohes Arbeitstempo und Zeitdruck
Sabine Sonnentag* Arbeit, Zufriedenheit, Befinden und soziale Integration
werden als besonders belastend beschrieben. Insgesamt werden in dieser Untersuchung die sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz als zentraler Faktor einer günstigen bzw. ungünstigen Arbeitssituation angesehen.
Weis(1989) fand in einer Untersuchung an 92 psychisch Behinderten in unterschiedlichen Einrichtungen, daß die Zufriedenheit mit der Tätigkeit eng mit dem Abwechslungsreichtum der Arbeit, der Überschaubarkeit, dem Grad der geforderten Qualifikation und Verantwortung sowie der sozialen Unterstützung zusammenhing. Personen mit hohem Arbeitsvolumen und erlebter Überforderung durch die Komplexität der Aufgabe waren mit ihren Arbeitsbedingungen wenig zufrieden. Die allgemeine Lebenszufriedenheit ging einher mit sozialer Unterstützung im Kollegenkreis, Zufriedenheit mit der Tätigkeit und der Tatsache, weder in einer beschützten Wohngruppe noch in einem Wohnheim zu leben.
Zusammenfassung und Ableitung der Untersuchungshypothesen
Faßt man die empirischen Befunde und praktischen Erfahrungen der verschiedenen Ansätze zusammen, kommt man — trotz unterschiedlicher Herangehensweisen und betrachteter Personengruppen zu weitgehend übereinstimmenden Ergebnissen(vgl. dazu auch Sonnentag 1991):
Als positiv haben sich Handlungsspielräume in der Arbeit, Kommunikationsund Kooperationsmöglichkeiten, Variabilität der Arbeit sowie komplexe, aber bewältigbare Arbeitsanforderungen herausgestellt. Als negativ erwiesen sich vor allem quantitative Überforderung, die sich in Zeitdruck äußert, Unterforderung durch zu einfache Tätigkeiten, mangelnde soziale Unterstützung, fehlende Rückzugsmöglichkeiten sowie Belastungen in der Arbeitsumgebung. Darüber hinaus zeigte sich, daß die Anforderungen den individuellen Voraussetzungen angepaßt sein müssen. Es wurde deutlich, daß Arbeitsbedingungen nicht nur mit arbeitsbezogenen Indi
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 3, 1993
katoren, wie beispielsweise Arbeitszu
friedenheit, zusammenhängen. Es be
stehen auch Bezüge zur allgemeinen Lebenszufriedenheit und zum Freizeitverhalten: bei Personen mit günstigen
Arbeitsbedingungen werden eine höhe
re Lebenszufriedenheit und eine aktive
re Freizeitgestaltung beobachtet.
Damit lassen sich folgende Untersu
chungshypothesen ableiten:
1. Hohe Anforderungen an das Denken und Planen stehen— sofern sie bewältigbar sind— in positivem Zusammenhang zur Arbeitszufriedenheit, zum Befinden und zur sozialen Integration. Dabei gelten alle Anforderungen bis mindestens zum Handlungsniveau als prinzipiell bewältigbar.
2. Möglichkeiten und Erfordernisse zu Kommunikation und Kooperation stehen in positivem Zusammenhang zur Arbeitszufriedenheit, zum Befinden und zur sozialen Integration.
3. Ein hohe Variabilität der Tätigkeit und Entwicklungschancen in der Arbeit stehen in positivem Zusammenhang zur Arbeitszufriedenheit, zum Befinden und zur sozialen Integration.
4. Belastungen in der Arbeitssituation wie ein zu hohes Arbeitsvolumen und eine hohe Schwierigkeit stehen in negativem Zusammenhang zur Arbeitszufriedenheit, zum Befinden und zur sozialen Integration.
5. Soziale Unterstützung in der Arbeit steht in positivem Zusammenhang zur Arbeitszufriedenheit, zum Befinden und zur sozialen Integration.
Diese Hypothesen werden getrennt für
psychisch Behinderte mit und ohne gei
stiger Behinderung geprüft. Im Hinblick auf mögliche Unterschiede in der Stärke der Zusammenhänge zwischen den beiden Behindertengruppen sind zwei
Resultate denkbar:
1. Bei psychisch Behinderten ohne geistige Behinderung sind die Zusammenhänge schwächer. Das könnte dadurch begründet sein, daß ausschließlich psychisch Behinderte aufgrund der nicht— oder nur wenig— beeinträchtigten intellektuellen Fähigkeiten mehr Möglichkeiten haben, Be
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