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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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zessen beeinflußt wird. Betrachtet man, wie psychisch Behinderte ohne geistige Behinderung ihre Arbeitssituation ein­schätzten, so läßt sich daraus folgern, daß für diese Gruppe nicht die anderen Behinderten die subjektiv relevante Ver­gleichsgruppe darstellen, sondern daß sie sich hauptsächlich auf Personen und Bedingungen außerhalb der Werkstatt beziehen.

Das Ausmaß, zu dem psychisch Behin­derte mit und ohne geistige Behinde­rung soziale Unterstützung erhielten, unterschied sich insgesamt gesehen nicht. So berichteten 60% der geistig Behinderten bei persönlichen Problemen Unterstützung zu erhalten. Bei den psy­chisch Behinderten ohne geistige Be­hinderung waren es 42%(Chi?= 1.04; d.f.= 1; n.s.). Bei Schwierigkeiten mit der Arbeit erhielten 84% der geistig Behinderten und 82 der ausschließlich psychisch Behinderten Unterstützung (Chi?= 0.00; d.f.= 1; n.s.).

Betrachtet man jedoch zusätzlich, von wem die soziale Unterstützung erbracht wird, wird ein Unterschied zwischen beiden Behindertengruppen deutlich: 45% der geistig Behinderten gaben an, bei persönlichen Problemen Unterstüt­zung durch Gruppenleiter und Grup­penleiterinnen zu erhalten, während sich nur 11% der psychisch Behinderten ohne geistige Behinderung von einer Betreu­ungsperson bei persönlichen Problemen unterstützt fühlten(Chi?= 6.95; d.f.= 1; p<.01). Da es sich hier um subjektive Einschätzungen der sozialen Unterstüt­zung handelt, bieten sich zwei prinzipi­ell unterschiedliche Erklärungen für die­ses Ergebnis an. So ist es einerseits mög­lich, daß Gruppenleiter und Gruppen­leiterinnen psychisch Behinderte ohne geistige Behinderung tatsächlich weni­ger bei persönlichen Problemen unter­stützen. Andererseits ist es aber auch denkbar, daß diese psychisch Behinder­ten ein vergleichbares Ausmaß an so­zialer Unterstützung als geringer wahr­nehmen als geistig Behinderte.

Sabine Sonnentag* Arbeit, Zufriedenheit, Befinden und soziale Integration

Zusammenhang zwischen objektiver Arbeitssituation, Zufriedenheit, Befinden und sozialer Integration

Die Zusammenhänge zwischen der ob­jektiven Arbeitssituation und ihren po­tentiellen Auswirkungen auf individu­eller und sozialer Ebene sind in Tabel­le 3 dargestellt. Bei psychisch Behin­derten mit einer geistigen Behinderung standen die Regulationserfordernisse in einem positiven Zusammenhang zur In­tegration in die Gruppe. Darüber hinaus zeigte sich zwischen den Regulations­erfordernissen und der erlebten Gereizt­heit/Belastetheit ein tendenziell negati­ver Zusammenhang. Dies bedeutet, daß vergleichsweise hohe kognitive Anfor­derungen bei geistig Behinderten mit als günstig zu bewertenden Aspekten des Befindens und der sozialen Situa­tion einhergingen. Zwischen den Kom­munikations- und Kooperationsanfor­derungen einerseits und dem individu­ellen Befinden und der sozialen Inte­gration andererseits fanden sich bei gei­

stig Behinderten keine bedeutsamen Zu­sammenhänge. Lediglich anspruchsvol­le Kommunikationsinhalte gingen in der Tendenz mit einer guten Integration in die Gruppe einher.

Bei psychisch Behinderten ohne geisti­ge Behinderung ergab sich ein ten­denziell signifikant negativer Zusam­menhang zwischen den Regulations­erfordernissen und der Variabilität der Freizeitaktivitäten. Dies heißt, daß auch hier Anzeichen dafür bestehen, daß ver­gleichsweise hohe Anforderungen an das Denken und Planen als positiv zu be­werten sind. Deutlicher sind die Ergeb­nisse für die Merkmale von Kooperation und Kommunikation. Ein hoher zeitli­cher Anteil der Kooperation ging mit einer hohen Arbeitszufriedenheit und in der Tendenz mit einer geringeren Ge­reiztheit/Belastetheit einher. Genauso berichteten auch die Personen, die hö­here qualitative Kooperationsanforde­rungen(Enge der Zusammenarbeit) zu bewältigen hatten, über eine höhere Arbeitszufriedenheit und waren ten­

Tabelle 3: Zusammenhang zwischen objektiver Arbeitssituation, Zufriedenheit, Befinden und sozia­

ler Integration

Psychisch Behinderte mit geistiger Behinderung(N= 23-65)

Arbeits- Gereiztheit/ Integration Freizeit­zufrieden- Belastet- in Arbeits- aktivitäten heit heit gruppe mit anderen Regulations-. erfordemnisse.07 311 ‚26*-.07 Zeitlicher Umfang der Kooperation ‚01.10-.16 Enge der Zusammenarbeit ‚08 ‚05-.09 Anforderungen an Kommunikationsinhalte-.00-.14181-.07 Psychisch Behinderte ohne geistige Behinderung(N= 11-23) Arbeits- Gereiztheit/ Integration Freizeit­zufrieden- Belastet- in Arbeits- aktivitäten heit heit gruppe mit anderen

Regulations­erfordernisse-.16-.37-.09 ‚341 Zeitlicher Umfang der Kooperation.40*-.481 17 ‚01 Enge der Zusammenarbeit ‚45*-.44'.16-.10 Anforderungen an Kommunikationsinhalte ‚20-.18 ‚331 ‚61** ** p<.01*-p<:05* p<.10

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 3, 1993

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