schnittlich noch 23% der Varianz der objektiven Arbeitsbedingungen aufgeklärt.
Für die Annahme, daß die Zusammenhänge zwischen Arbeitssituation und individuellen Merkmalen nicht ausschließlich aufgrund von Zuordnungsprozessen zustandekommen, spricht auch, daß sich Korrelationen zwischen objektiver Arbeitssituation und Arbeitszufriedenheit, Befinden und sozialer Integration vor allem bei psychisch Behinderten ohne geistige Behinderung zeigten. Es ist unplausibel, daß Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter eine solche Zuordnungstrategie nur bei psychisch Behinderten ohne geistige Behinderung und nicht auch bei denen mit einer geistigen Behinderung anwenden, zumal sich letztere im Befinden und in der sozialen Integration nicht bedeutsam von den ausschließlich psychisch Behinderten unterschieden.
Sabine Sonnentag* Arbeit, Zufriedenheit, Befinden und soziale Integration
Unter der Voraussetzung, daß die Zusammenhänge zwischen Arbeitssituation und individuellen Merkmalen zumindest teilweise auf einer kausalen Wirkung der Arbeit auf die Person beruhen, lassen sich einige Konsequenzen für die. Gestaltung der Arbeitssituation psychisch Behinderter formulieren. So ist zu fordern, daß die Arbeit ein ausreichendes Maß an Regulationserfordernissen enthält. Meyer hat bereits 1982 die Ansicht vertreten, daß die Arbeit— auch von geistig Behinderten— mindestens Handlungsniveau haben sollte. Weiter sollte die Arbeit Kommunikations- und Kooperationsanforderungen stellen. Das ist insbesondere bei psychisch Behinderten ohne geistige Behinderung von Bedeutung. Dies weist darauf hin, daß für eine günstige Beschäftigung psychisch Behinderter nicht nur die soziale Situation im Sinne von sozialer Unterstützung wichtig ist(Bähr
et al. 1989; vgl. auch Sonnentag 1992), sondern daß eine günstige soziale Situation bereits in den Tätigkeiten angelegt sein sollte.
Darüber hinaus sollte die Arbeitssituation so gestaltet werden, daß Variabilität, Chancen und Schwierigkeit als angemessen erlebt werden. Eine solche„differentielle Arbeitsgestaltung“(Ulich 1983) macht es erforderlich, die individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse der einzelnen Personen so berücksichtigen. Eine konsequente Umsetzung dieses Prinzips macht umfangreiche Arbeitserprobungen notwendig. Sie sollten keine einmalige Maßnahme beim Eintritt in die Werkstatt sein, sondern, da sich die Leistungsfähigkeit psychisch Behinderter teilweise stark verändern kann, von Zeit zu Zeit wiederholt werden.
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