tion: Neben objektivierbaren Daten zur sozialen Integration und zur sozialen Aktivität(Beispiel: Familienstand, Häufigkeit von Aktivitäten in Vereinen und Gruppen) wurden auch Aussagen des Betroffenen hinsichtlich der subjektiv wahrgenommenen sozialen Integration erfaßt(Beispiel: einen Freundeskreis haben, gemeinsame Unternehmungen durchführen). Merkmale der Netzwerkstruktur: Es wurde das egozentrierte Netzwerk des Späterblindeten hinsichtlich der Parameter Größe und Erreichbarkeit betrachtetet.
strukturelle Interaktionsmerkmale: Erhoben wurden Aussagen zur Multiplexität, zur Reziprozität(von anderen Personen um soziale Unterstützung gebeten werden) und zur Homogenität(Homogenität meint hier die Übereinstimmung der Bezugspersonen mit dem Netzwerkinhaber hinsichtlich einer vorhandenen Sehschädigung).
Funktionale Merkmale: 2 Aspekte der inhaltlich-funktionalen Seite sozialer Beziehungen wurden erfaßt: Zum einen die vom Empfänger subjektiv wahrgenommene soziale Unterstützung im Alltag hinsichtlich verschiedener Quellen und Inhalte der Unterstützung(emotionale Unterstützung sowie materielle und informationsbezogene Unterstützung— hier als „praktische Unterstützung“ bezeichnet(praktische Hilfe bei der Meisterung von Alltagsproblemen erhalten, Tips bekommen)), zum anderen die vom Empfänger wahrgenommene Soziale Belastung(sich kritisiert, abgelehnt, überfordert fühlen).
— Bewertende Dimension sozialer Beziehungen: die wahrgenommene soziale Unterstützung sollte von den Untersuchungsteilnehmern hinsichtlich der Zufriedenheit mit der sozialen Unterstützung und hinsichtlich der Wichtigkeit bewertet werden.
Verwendete Verfahren
Der Auswahl, Zusammenstellung und Modifikation der eingesetzten Verfah
Katrin Georgieff und Gisela Friedrich+ Soziale Beziehungen Späterblindeter
ren lag die Intention zugrunde, quantitativ orientierte Vorgehensweisen und qualitativ orientierte Strategien der Erfassung ausgewählter Aspekte sozialer Beziehungen miteinander zu verbinden. Zum einen wurden die Untersuchungsteilnehmer intensiv interviewt. Das halbstandardisierte Interview basierte auf einem eigens für diese Untersuchung konstruierten Frageschema.
Desweiteren kam ein Fragebogen zur Anwendung(Fragebogen zur sozialen Unterstützung F-SOZU von Sommer& Fydrich 1988), der zum Zwecke der Durchführung der vorliegenden Untersuchung etwas modifiziert werden mußte.
Durchführung der Untersuchung
Es wurden 15 Späterblindete aus 10 Städten Deutschlands untersucht. Die Gespräche erstreckten sich über einen Zeitdauer von 2 bis 3 Stunden und fanden in den meisten Fällen in den Wohnungen der Betroffenen statt. Die Gespräche wurden vollständig auf Tonträgern fixiert.
Der Fragebogen zur sozialen Unterstützung wurde den Untersuchungsteilnehmern vorgelesen. Es sollten 54 Aussagen bewertet werden. Zu jeder Aussage sollte der Befragte den jeweiligen Grad der Zustimmung auf einer 5stufigen Likertskala angeben, wobei 1 „trifft nicht zu“ und 5„trifft genau zu“ bedeutete.
Die Untersuchungsteilnehmer wurden gebeten, jede der 54 Aussagen zweimal zu beantworten: In welchem Maße traf die Aussage— aus heutiger Sicht— für die Zeit unmittelbar vor der Erblindung zu? Inwiefern kann der gleichen Aussage heute zugestimmt werden?
Mit formal gleichen Graden der Zustimmung können vom Betroffenen je verschiedene Inhalte gemeint sein. Die Befragten sollten daher nicht nur die Grade der Zustimmung in Form von Zahlen angeben, sondern außerdem für jede Aussage und jede„Zeit“ Personen oder Personengruppen nennen, die als potenzielle Quelle für die jeweilige Art
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 3, 1993
von Unterstützung bzw. Belastung infragekamen/ infragekommen.
Die Späterblindeten wurden instruiert, nur den Einfluß der Erblindung auf eventuelle Veränderungen in den Graden der Zustimmung oder im Personenkreis zu reflektieren.
Darstellung und Diskussion ausgewählter Ergebnisse
An der Untersuchung nahmen 5 Frauen und 10 Männer teil. 9 Späterblindete lebten in den neuen, 6 in den alten Bundesländern. Der jüngste Untersuchungsteilnehmer war 26, der älteste 59 Jahre alt(x= 47,2 Jahre, s= 12,1 Jahre), Das Eintrittsalter der Erblindung variierte zwischen dem 21, und dem 54. Lebensjahr(x= 40,47 Jahre, s= 11,21 Jahre). Die Erblindung lag zum Untersuchungszeitpunkt durchschnittlich 6,7 Jahre (s= 3,8 Jahre), in keinem Fall aber weniger als 3 Jahre und länger als 15 Jahre zurück.
Zu Beginn des Gesprächs wurden zunächst objektivierbare Daten zur sozialen Integration und zur sozialen Aktivität erhoben. Dabei zeigte sich unter anderem: Fast alle Befragten waren Mitglied im Blindenverein. 8 Untersuchungsteilnehmer waren aktiv im Vorstand oder in speziellen Arbeitsgremien der lokalen Blindenvereine tätig. Viele nahmen mindestens wöchentlich an vom Blindenverband organisierten Veranstaltungen teil. 5 Befragte gaben eine weitere Mitgliedschaft in einem nicht blindenspezifischen Verein an.
Von den Betroffenen wurden die 54 Aussagen des Fragebogens vergleichend bewertet hinsichtlich ihres Zutreffens unmittelbar vor dem Eintritt der Erblindung einerseits und innerhalb der gegenwärtigen Lebenssituation andererseits. Schließlich konnten für die 7 Skalen des F-SOZU-A je 2 Mittelwerte errechnet werden: einer für„früher“(aufgrund der jeweiligen Einschätzungen für die Zeit vor der Erblindung) und einer für„heute“(resultierend aus den jeweiligen Bewertungen bezüglich der gegenwärtigen Lebenssituation). außerdem wurden Korrelationskoeffizienten als
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