trierte Arbeiten beeinflussen können. Hierzu gehören z.B. das Verhältnis zum Lehrer, zur Klasse und zum Fach.
Systematischer Vergleich der Beobachtungen
Da Lehrer und Schüler die gleichen Aussagen und Fragen beantworten, können FBL und FBS Punkt für Punkt auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin verglichen werden. Lehrer und Schüler beurteilen die Häufigkeit, mit der eine bestimmte Verhaltensweise auftritt, dann als übereinstimmend, wenn sie dieselbe oder eine unmittelbar benachbarte Kategorie verwendet haben. Schwerpunkte des Gesprächs sind die gefundenen Unterschiede in der Wahrnehmung des Verhaltens sowie eindeutig unkonzentrierte Verhaltensweisen des Kindes. Mit dieser Betrachtung ist noch keine Bewertung des Verhaltens verbunden. Diese Art des Gesprächs fördert auf beiden Seiten eine objektive Grundhaltung.
Suche nach den Bedingungen für unkonzentriertes Verhalten
Die Informationen im Teil I von FBL und FBS helfen, systematisch nach Bedingungen für das unkonzentrierte Arbeiten eines Kindes in der Schule zu suchen, indem z.B. auch mehrere Lehrer vergleichen können, ob der Schüler oder die Schülerin das Verhalten in einem oder mehreren Fächern zeigt.
Ist das Kind in der Schule nur in einem Fach unkonzentriert, so kann dies bedingt sein durch:
(1) spezielle Lernprobleme wie Schwierigkeiten beim Lesen und/oder der Rechtschreibung oder eine Schwäche im rechnerischen Bereich;
(2) Desinteresse an diesem Fach;
(3) beeinträchtigende Klassenumgebung wie zu viele Schülerinnen und Schüler oder solche, die stark stören; ein großes Leistungsgefälle in der Klasse, so daß ein Teil immer entweder über- oder unterfordert ist; auch kann der Klassenraum z.B. zu
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Karl Westhoff+ Diagnostik und Intervention bei Konzentrationsstörungen
klein oder zu warm sein; Verhaltensweisen der Lehrpersonen, die den Kindern die Freude am konzentrierten Arbeiten nehmen können: ungerecht sein, schlecht erklären oder das Kind nicht als Person akzeptieren;
die ungünstige zeitliche Lage der Unterrichtsstunden.
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S)
Ist ein Kind in mehreren Fächern unkonzentriert, so kann dies durch seine häusliche Situation bedingt sein:
(1) Ist das Kind an geordnetes Arbeiten gewöhnt? Verfügt das Kind über alle Dinge, die es für die Schule braucht? Sind in der Schultasche nur die Dinge, die es wirklich braucht und keine sonst? Ist der Arbeitsplatz übersichtlich gestaltet? Erledigt das Kind regelmäßig seine Hausaufgaben? Wird das Kind während der Hausaufgaben abgelenkt?— durch andere Personen wie Freunde, Geschwister, Eltern oder andere Familienangehörige?— durch Lärm, z.B. von der Straße, vom Radio, Fernsehoder Videogerät?— durch einen ungünstig gelegenen Arbeitsplatz, z.B. mit Blick- und Hörkontakt zu spielenden Kindern?— durch Gegenstände am Arbeitsplatz, die nicht zur Arbeit gehören?
Hat das Kind Probleme mit sich selbst oder anderen?
Ist das Kind durch andere Aktivitäten überlastet?— durch zu viel Nachhilfeunterricht?— durch zu viele andere Tätigkeiten nebenbei wie übermäßiges Engagement in Sport, Musik, Fernsehen, Video, Hobbies oder momentane Interessen?
Wie verhalten sich die Eltern und andere Personen mit Modellwirkung? Sind sie hektisch, unruhig und unkonzentriert?
(6) Hat das Kind ausreichend Schlaf? (7) Wie gehen die Eltern mit dem Kind um? Welche Verhaltensweisen des Kindes verstärken sie? Welche 1öschen sie, z.B. durch entmutigende Kritik. Wie stark vertrauen die Eltern dem Kind?
Hat das Kind einen Ansprechpartner?
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Ein generell unkonzentriertes Verhalten in der Schule kann weiter bedingt sein durch:
(1) gesundheitliche Störungen. Jede Krankheit oder körperliche Beeinträchtigung kann die Konzentrationsleistung vermindern. Störungen im konzentrierten Arbeiten allein sind jedoch keine Krankheit. intellektuelle Überforderung. intellektuelle Unterforderung, die häufig schwierig zu erkennen ist, da ein intellektuell unterfordertes Kind nicht durch besondere Leistungen in der Schule auffallen muß. (4) Angst des Kindes.
(5) fehlende Arbeitstechniken.
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Gemeinsame Beratung
Damit das Kind sein Verhalten ändern kann, ist es wichtig, daß alle Beteiligten besprechen, um welches Verhalten es geht, wodurch es möglicherweise bedingt ist, was es aufrechthält und was weiter getan werden kann. Westhoff et al.(1990) geben Regeln für solche konstruktiven Gespräche an und unterscheiden fünf Phasen im Ablauf eines solchen Gesprächs:(1) Unterschiedliche Beobachtungen wahrnehmen;(2) Schwierigkeiten besprechen;(3) Lösungen suchen;(4) Lösungen vereinbaren und(5) Kontrolle.
Zunächst ist also sicherzustellen, daß beide am Gespräch Beteiligten erkennen, wie die andere Seite die Situation und das Verhalten sehen. Beide Seiten sollten bei dem bleiben, was sie beobachtet haben und dabei jede Interpretation, Erklärung oder Maßregelung unterlassen. Danach teilen sowohl die Lehrperson als auch das Kind einander mit, was Ihnen in den gemeinsamen Unterrichtsstunden Schwierigkeiten macht. Sie sagen sich dann gegenseitig, mit welchem Verhalten sie besser zurechtkämen, nicht aber, welches Verhalten ideal wäre. Danach können sie gemeinsam Änderungsvorschläge erarbeiten. Schließlich erstellen sie einen Plan, der dem Kind helfen soll, das gewünschte konzentrierte Verhalten zu zeigen. In gewissen Zeitabständen kontrol
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 4, 1993