sachen dann neben Kosten auch Schäden.
Die Entwicklung eines konzentrierten Arbeitsstils
Eine der entscheidenden Lernaufgaben für Kinder in der Grundschule besteht darin, daß sie lernen sollen zu arbeiten. Man könnte dieses Ziel einschränken darauf, daß die Kinder lernen sollen, wie sie für die Schule und in der Schule erfolgreich arbeiten können. Damit ein Kind diese Lernaufgabe bewältigen kann, muß sie ihm gestellt werden, und es sind eine Reihe von Bedingungen für die Bewältigung dieser Lernaufgabe mehr oder weniger förderlich bzw. abträglich. Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen.
Viele Erwachsene erleben das Arbeiten nur als eine Last, und sie arbeiten nach ihrer Überzeugung nur, weil sie das Entgelt für die Arbeit brauchen. Sie sind überzeugt, daß Kinder ihre Kindheit ohne Arbeit genießen sollten. Kinder lernen in einer solchen Umgebung, daß Arbeit keine Freude macht und man ihr am besten ausweicht, während Unterhaltung hingegen Freude macht. Die Massenmedien fördern die Verbreitung dieser Überzeugungen.
Aus diesen wenigen Grundüberzeugungen der Eltern folgt für ihre Kinder: Sie lernen am Modell, Arbeit als Last und nicht als mögliche Quelle der Freude zu erleben. Für Arbeit bekommt man Geld, sonst ist es keine. Jedes Arbeiten bedeutet Anstrengung, und die sollte man möglichst vermeiden. Unterhaltung hingegen verlangt keine Anstrengung, denn da kann man jederzeit aufhören bzw. umschalten. Und: Kinder sollten nicht arbeiten.
Die Schule hingegen versucht, die Kinder zum Arbeiten, das Freude macht, zu erziehen, auch wenn manche Lehrpersonen dies ebenfalls ablehnen. Lernerfolge werden oft damit gleichgesetzt, daß jemand viel gearbeitet hat. Die vermutete Menge der Arbeit wird anerkannt, nicht die Effizienz des Arbeitens. Im Gegenteil, die spontanen Versuche von Kindern, ein Ziel mit möglichst wenig
Karl Westhoff* Diagnostik und Intervention bei Konzentrationsstörungen
Aufwand zu erreichen, werden oft getadelt.
Die Überzeugungen und Vorstellungen über die Arbeit und das Arbeiten sowie Alternativen dazu sind äußerst heterogen. Viele Erwachsenen sind hier längst orientierungslos oder haben Überzeugungen, die ihnen und ihren Kindern das Leben in unserer Gesellschaft schwer machen. Neben den jeweiligen Begabungen und Interessen, die jedes Kind mitbringt, wenn es in die Schule kommt, ist es innerhalb und außerhalb der Schule vielfältigen operanten und ModellLernerfahrungen ausgesetzt. Die Modelle für das Arbeiten sind widersprüchlich, eigentlich erwünschtes Arbeitsverhalten wird nicht verstärkt, manchmal sogar bestraft.
Möglichkeiten der Förderung eines konzentrierten Arbeitsstils in der Schule. Wagner hat in beispielhafter Weise erarbeitet und beschrieben(zusammenfassend z.B. 1991), wie Lehrpersonen die Entwicklung eines konzentrierten Arbeitsstils bei den ihnen anvertrauten Kindern fördern können. Sie geht dabei auf die Probleme ein, die Lehrpersonen mit der Aufmerksamkeitslenkung im Unterricht haben können und stellt danach ihren Förderansatz dar, der sich im schulischen Alltag bewährt hat. Eine Reihe von interessanten pädagogischen Beobachtungen, Überlegungen und Anregungen für die Förderung eines konzentrierten Arbeitsstils gibt Kleber(1991), der für die teilweise Individualisierung des Unterrichts plädiert, so wie sie in staatlichen allgemeinen Grundschulen praktiziert wird, die nach der Freinet-, Montessori- oder Petersen-Methode arbeiten. Hierbei rückt ein Prinzip in den Blickpunkt, das von entscheidender Bedeutung für das konzentrierte Arbeiten allgemein ist: Die gestaltete Umwelt.
Förderung konzentrierten Arbeitens durch Gestaltung der Umwelt
Jeder kann konzentrierter arbeiten, wenn störende Umweltbedingungen so weit wie möglich ausgeschaltet bzw. för
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 4, 1993
derliche Bedingungen geschaffen werden. Viele kennen Bedingungen, die sie am konzentrierten Arbeiten hindern, aber sie stellen sie nicht ab. Hier kann man sich fragen, welche Funktion die Konzentrationsstörung für das Kind bzw. das System hat, in dem es lebt.— Bei vielen Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern ist das gleichzeitige Musikhören und Arbeiten für die Schule ein beständiger Streitpunkt. Obwohl hierzu m.W. keine Experimente vorliegen, läßt sich in Anlehnung an die Ressourcen-Theorie von Wickens(1984) vermuten, daß Musik möglicherweise nur dann stört, wenn sie die gleichen kognitiven Ressourcen belastet wie die Hausaufgabe, also z.B. die inhaltliche Erfassung eines Textes. Auf der anderen Seite können Autofahrer bei sich beobachten, daß sie die Musik im Auto ausschalten, wenn sie sich in einer fremden Stadt unter Zeitdruck orientieren wollen. Zumindest in besonders belastenden Situationen schaffen wir uns also spontan möglichst störungsfreie Umgebungen.
Förderung konzentrierten Arbeitens durch Autogenes Training
Das Autogene Training(AT) führt nachweislich zu besseren Leistungen in Konzentrationstests(z.B. Siersch 1984) oder zum subjektiven Erleben von Kindern, sich besser konzentrieren zu können(z.B. Kruse 1990), offen ist jedoch die Frage, welche Komponenten des AT wie wirken. Es ist vorstellbar, daß die Entspannung durch AT Ängste reduziert und so die Kinder und Erwachsenen, die AT betreiben, weniger oft irrelevante Gedanken beim Arbeiten haben. Es ist aber auch vorstellbar, daß alternativ oder ergänzend dazu das AT bewirkt, daß Personen irrelevante Gedanken vorübergehen lassen können, so wie sie es im AT gelernt haben. Sie stoppen also nicht die störenden Gedanken, wenden sich ihnen aber auch nicht zu, auch nicht, weil sie sich darüber ärger.
Ob das AT die Konzentrationsfähigkeit steigert oder ob es allein zur Verbesse
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