Buchbesprechungen
setzung mit differenzierten Deutungen in seiner praktischen Kompetenz wachsen zu können, dem sei dieses Buch empfohlen.
Johannes Schumacher, Geldern
Lauth, G.W.& Schlottke, P.F.(1993). Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kindern. Diagnostik und Therapie. Weinheim: Psychologie Verlags Union. VII, 203 Seiten.
Die Autoren legen ein Trainingsprogramm Vor, zu dem man ihnen nur gratulieren kann und dem man uneingeschränkte Akzeptanz in der Praxis wünscht. Es ist theoriegeleitet, aber keineswegs theoretisch überfrachtet, sondern praxisnah und anwenderfreundlich. Darüber hinaus zeichnet es sich durch einen ungewöhnlich hohen Grad an Flexibilität aus, da man als Trainerin oder Trainer einen individuell auf das Kind bezogenen Behandlungsplan aufstellen und realisieren kann. Ferner ist von entscheidender Bedeutung, daß das Programm verschiedentlich kontrolliert vorerprobt worden ist, worüber die Autoren kurz berichten und was im einzelnen anderswo nachzulesen ist. Schließlich zeichnet sich das Programm durch eine Fülle guter Ideen aus, wobei die Autoren nicht den Ehrgeiz hatten, sich alles selbst auszudenken, sondern bereit waren, Einfälle, Vorschläge und Anregungen unterschiedlichster Quellen aufzugreifen, wenn sie in ihr Konzept paßten. In Verbindung mit einer vorzüglichen Ausstattung durch den Verlag führte das alles dazu, daß es überaus anregend ist, ja Spaß macht, das Buch durchzublättern, darin herumzustöbern.
Für welche Kinder ist das Programm gedacht? Wie der Titel deutlich macht, in erster Linie für aufmerksamkeitsgestörte Kinder. Aber schon im Vorwort und später auch beim Studieren der einzelnen Bausteine wird klar, daß das Programm auch für Kinder mit Lernschwierigkeiten in Frage kommt. Erstaunlich ist allerdings die Altersspanne, die mit dem Programm abgedeckt werden soll. Sie reicht von Vierjährigen bis zu Fünfzehnjährigen. In der Tat liegen Anregungen vor, wie man das Programm entsprechend anpassen kann, doch dürfte der Schwerpunkt im Anwendungsbereich dazwischen liegen. Und für welche Benutzer ist das Programm gedacht? Es erschien in der Reihe„Materialien für die psychosoziale Praxis“, die sich an praktizierende Psychologen wendet, sei
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es in klinischen Einrichtungen, sei es in privaten Praxen. Ausgebildeten Sonderschullehrern dürfte es ebenfalls zugänglich sein, zumal sich die Autoren um eine zwar wissenschaftlich einwandfreie, aber eben doch einfache und klare Sprache bemühen. Da es sich um eine praktische Anleitung handelt, nicht um ein Lehrbuch, haben die Autoren sich in der Sprache entsprechend darauf eingestellt, was ihnen übrigens gut gelungen ist. Dennoch sollte man den Aufwand nicht unterschätzen, der erforderlich ist, um mit dem Programm souverän arbeiten zu können. Es enthält eine solche Fülle von Materialien, die man sich selbst erst einmal gründlich zu eigen machen muß, ehe man loslegen kann. Nicht schlecht wäre, wenn Wochenendseminare zur Einführung in das Programm angeboten werden könnten.
Im Zentrum des Buches stehen die vier Therapiebausteine. Der erste Therapiebaustein bezieht sich auf das Basistraining und umfaßt zwölf Trainingseinheiten. Hier geht es zentral um die Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen, wobei Basisfertigkeiten wie genaues Hinsehen, genaues Hinhören usw. an vielfältigem Material eingeübt werden. Des weiteren geht es aber auch um reflexives Verhalten, um Handlungssteuerung und um Widerstand gegen Ablenkung. Dabei werden unterschiedliche Techniken wie etwa die Verstärkung mittels „Tokens“ oder die verbale Selbstinstruktion herangezogen.
Der nächste Therapiebaustein widmet sich dem Strategietraining. Dabei handelt es sich um die Weiterentwicklung des bekannten Trainings von Lauth. Auf unterschiedliche Weise sollen die Kinder dabei lernen, ihre Handlungen selber zu steuern, planvoll Probleme anzugehen und besser mit Ablenkungen, aber auch mit Fehlern und eigenem Versagen zurechtzukommen. Dieser Baustein umfaßt 13 Einheiten, ist also ebenfalls relativ aufwendig.
Der Therapiebaustein„Wissensvermittlung“ stellt sich zentral dem Problem, daß aufmerksamkeitsgestörte oft auch lernschwach in dem Sinne sind, daß sie Schwierigkeiten haben, in der Schule mitzukommen. Hier werden nun Techniken und Strategien des „Leaming-to-learn“ vermittelt, eben wie man zweckmäßig Informationen entnimmt, wie man sinnvoll übt, sich selbst kontrolliert, die eigenen Lösungen prüft, sich selbst abfragt und dergleichen mehr.
Von besonderer Bedeutung für das Trainingsprogramm ist die Einbeziehung der Eltern. Die Autoren haben deshalb mit dem Therapiebaustein„Elternanleitung“ ein Pro
gramm für die Arbeit mit den Eltern entwikkelt. Begleitend zum Basistraining sind drei Elternsitzungen vorgesehen, begleitend zum Strategietraining vier Sitzungen. Das Anleitungsbuch enthält selbst schon eine Fülle von Material, das man sich wohl herauskopieren kann. Das viele Material macht anschaulich klar, wie interessant die Trainingseinheiten für die Kinder gestaltet werden können. Darüber hinaus bietet— merkwürdigerweise— eine andere Firma ein Materialpaket an, das von den Autoren ausgewählt bzw. speziell entwickelt worden ist. Darunter befinden sich Folien und Dias zur Arbeit mit den Eltern, ein Videofilm für die beiden ersten Therapiebausteine, eine Reihe von Lernspielen, und schließlich findet man dort den Dortmunder Aufmerksamkeistest. Das Material kostet zwar DM 240,—-, aber mein Denktraining für Kinder I ist noch teurer. Die Therapiebausteine füllen nur vier der 15 Kapitel des Buches. Die übrigen Kapitel führen praxisnah ein in die Theorie und Diagnostik der Aufmerksamkeitsstörungen, erläutern sehr differenziert das diagnostische Konzept und die dabei einsetzenden Verfahren. Anschließend folgen ein Kapitel über die Zusammenarbeit mit den Lehrern, Hinweise für die eigene Weiterentwicklung je nach Bedarf und— besonders wichtig für die Praxis— eine Anleitung zur Bewältigung von„kritischen“ Therapiesituationen, etwa wenn die Kinder keine Lust mehr haben. Das Werk schließt ab mit einem kurzgefaßten Überblick über die bisherigen Erfolgskontrollen, die sich durchaus sehen lassen können. Verantwortlich empfehlen kann man schließlich nur solche Trainingsprogramme, die der experimentellen Erprobung auch standgehalten haben. Das gilt uneingeschränkt für das hier zur Verfügung gestellte Programm, auch wenn diesbezüglich noch Wünsche offenbleiben. Schön wäre, wenn sich Sonderpädagogen entschließen könnten, in größerem Umfang mit dem Programm zu arbeiten.
Prof. Dr. K.J. Klauer, Aachen
Grohnfeldt, Manfred(Hrsg.): Handbuch der Sprachtherapie. Band 3. Störungen der Semantik. Edition Marhold im Wissenschaftsverlag Volker Spiess, Berlin 1991, 255 Seiten, DM 54,—-. ISBN 3-89166-442-7
Der Band 3 des achtteiligen Handbuchs der Sprachtherapie gehört mit den Bänden 2
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 1, 1993