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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Erich Kurth& Uwe Streibhardt ­

Längsschnittstudie bei lernbehinderten Kindern

Tabelle 4: Korrelative Zusammenhänge(r) zwischen den IQ-Werten in verschiedenen Klassenstufen bei lernbehinderten Schülern.

IQ 2 5 8. Kl.

(n=31)(n=79) 5. Kl. 21 8. Kl. 65 ‚83 BHS 63 76 ‚80

Tab. 4), die im Verhältnis zu Stichpro­ben aus dem Normalbereich etwas höher liegen(Piatkowski 1986: 0,56 für 6 und 10 Jahre, Meyer-Probst nach mündlicher Mitteilung 0,52 für 6 und 14 Jahre), was auf die erwartungsgemäß geringere Ent­wicklungsvariabilität jedenfalls unter den bisherigen Erziehungs- und Bildungs­bedingungen hinweist. Andererseits kommt darin auch eine höhere Reliabili­tät der Testwerte zum Ausdruck.

Intervallvergleich in weiteren psychischen Bereichen

Die weiteren mit in die Untersuchung einbezogenen psychischen Bereiche wa­ren überwiegend nur über ein Längs­schnittintervall zu verfolgen, wobei wir uns im folgenden auf die 2.5. Klasse in den Bereichen Merkfähigkeit im opti­schen und akustischen Bereich, verbo­sensomotorische Differenzierung, Auf­merksamkeit, Motorik und Verhalten beziehen.

Es entspricht den Erwartungen, daß in­nerhalb der bezeichneten 3 Intervalljahre statistisch signifikante Verbesserungen hinsichtlich der absoluten Werte(Roh­werte) eintreten, die jedoch bei Einbe­ziehung der Altersnormwerte dann über­wiegend keine Signifikanz mehr errei­chen bzw. wegen Altersüberschreitung bezüglich der Normtabellen nur mit Ein­schränkung beurteilt werden können. Am deutlichsten sind die Fortschritte in der motorischen Entwicklung(ROS: von 68,8 auf 87 MQ-Punkte), wobei je­doch die Testaltersgrenzen überschritten werden. Ähnlich verhält es sich bei der beträchtlichen Zunahme der Leistungs­menge beim Differentiellen Leistungs­test von Kleber, bei dem jedoch die Sorgfaltsleistung nicht zunimmt. Bei

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den Merkfähigkeitstests(Meili-Figuren, Zahlen nachsprechen des HAWIK) war auf der Altersnormbasis keine Verbesse­rung nachzuweisen. Die in der 2. Klasse mit dem Fragebogen von Meyer-Probst im Vergleich zu POS-Schülern festge­stellten Verhaltensbesonderheiten, ins­besondere Skalenwert soziale Anpassung (z.B. Neigung zu Reizbarkeit, Trotz, Distanzlosigkeit, Aggressionen), treten nach der Einschätzung durch den Klas­senlehrer nach wie vor in Erscheinung (siehe Kirsten 1986; Risch 1984). Damit wird deutlich, daß neben dem engeren intellektuellen Bereich auch weitere psychische Bereiche bei Fördermaßnah­men berücksichtigt werden müssen, was für entsprechende Kompaktprogramme spricht. Dieses wird auch durch die er­mittelten Interkorrelationen mit der lehr­planabgeleitetenSchulleistungsprobe Mathematik deutlich(Addition, Subtrak­tion und Sachaufgaben), zu der hochsig­nifikante Korrelationen zwischen=.56 und r=.33 mit dem HAWIK, der Diffe­renzierungsprobe, dem Lernfähigkeitsver­such und dem Zeichnerischen Reproduk­tionsversuch bestehen(Kirsten 1986).

Problemlösungsverläufe

Gibt es nun Beziehungen zwischen die­sen mit wiederholter Anwendung eines konventionellen Intelligenztests erziel­ten Ergebnissen und den Leistungen bei einer in stärkerem Maße auch metakog­nitive Anforderungen stellenden Aufga­be? Hierbei wurde der Turm von Hanoi in einer für den Bildschirm bearbeiteten und durch Computereinsatz in den Ver­laufsparametern meßbar gemachten Auf­

Position A

gabenform verwendet(siehe Abb. 3). Die Grundstruktur dieser im Bereich der Denkpsychologie nicht selten eingesetz­ten Aufgabe(Klix 1963; Krause 1979; Fillbrandt 1986) kann als bekannt vor­ausgesetzt werden.

Unseres Wissens wurde die Aufgabe erst­malig vergleichend bei Lernbehinderten durch Schröder(1975) eingesetzt. Im Sinne der Sternbergschen Intelligenzauf­fassung(Sternberg 1985) interessierte uns auch der Umgang mitNeuartigkeit bzw. die Fähigkeit zurAutomatisie­rung des Problemlöseverhaltens, in die

ganz offensichtlich wesentliche Aspekte

des Lernens miteingehen. Wichtig ist die Überschaubarkeit der Lösung aufgrund des geschlossenen Problemraumes, so daß die Aktivierung von Faktenwissen als schwer zu kontrollierender Faktor hier entfällt. Wir greifen in dieser Darstellung die Anzahl der benötigten Schritte(es gibt jeweils eine optimale Schrittzahl) und den Zeitbedarf bei mehrfacher Aus­führung der Aufgaben als Meßkriterien heraus und vergleichen gruppenspezifi­sche Verläufe. Die Ausführungsart der Aufgabe mittels Bildschirm und Knopf­druck sprach die lernbehinderten Schüler unerwartet gut an, so daß diese überwie­gend mit recht guter Motivation arbeite­ten(siehe dazu auch Streibhardt 1990). Es wurden jeweils 3 Gruppen von Schülern in der 8. Klasse untersucht(POS-Schüler, Hilfsschüler der leistungsstärkerenAb­teilung I und der leistungsschwäche­renAbteilung II, siehe auch Tab. 1). Die Aufgabe wurde u.a. je 7 mal als Drei­Scheiben-Version(4 mal Umbau von Po­sition A auf C, danach 2 mal auf B und an­schließend noch einmal von A auf C, siehe Abb. 3 und 4), sowie als Vier-Scheiben­

Position Position B CC

Abb. 3: ProblemaufgabeTurm von Hanoi.

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 3, 1991