Alfred Fries*
Einstellungen gegenüber körperbehinderten Menschen
a) Auf das— im deutschsprachigen Raum— Fehlen geeigneter standardisierter Einstellungstestskalen in der Behindertenforschung wurde bereits hingewiesen. Ziel der Untersuchung ist es, eine Neueichung des„EBK-Einstellungstests gegenüber Körperbehinderten‘‘ von Seifert& Bergmann (1983) an der untersuchten Population vorzunehmen und— davon ausgehend— eine mögliche revidierte Fassung dieses Verfahrens vorzuschlagen.
b) Da eine Auswertung des„EBK-Tests‘“ nur anhand von statistischen Mittelwerten wenig aussagekräftig ist, soll zunächst eine sehr differenzierte Analyse der Antworten zu den verschiedenen Items der Dimensionen des ‚EBK-Tests‘ vorgenommen werden. Eine solche differenzierte Analyse kann dazu beitragen, die Einstellungsstrukturen in Richtung bestimmter Antworttendenzen zu erhellen.
c) Weiter sollen die Ergebnisse zum Einstellungstest nach den Faktoren Alter, Geschlecht und Persönlichkeitsmerkmalen analysiert werden, wobei einmal die Frage eines Zusammenhanges zwischen bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen(gemessen durch den in der Behindertenforschung bislang fast noch nicht verwendeten FPI-Fragebogen) und Einstellungstestverhalten und zum anderen eine Prediktorenanalyse mit den drei unabhängigen Variablen(Alter, Geschlecht, Persönlichkeitsmerkmalen) bezüglich der Antworten im ‚EBK-Test‘ von besonderem Interesse ist.
d) Schließlich soll das faktische Wissen der Respondenten über den Begriff ‚Körperbehinderung‘ ermittelt werden— auch deswegen, weil zu dieser Frage eine bereits von Jansen(1972) durchgeführte ältere Studie vorliegt und die Ergebnisse dieser Untersuchung somit, auch in Abhängigkeit des Zeitfaktors, miteinander verglichen werden können.
Durchführung der Untersuchung
Beschreibung der Meßverfahren
Die EBK-Skala: Fragebogen zur Messung von Einstellungen gegenüber Körperbehinderten(in Anlehnung an: Seifert& Bergmann 1983)
Seifert& Bergmann haben 1983 einen standardisierten Fragebogen zur Messung von Einstellungen gegenüber körperbehinderten Menschen vorgelegt. Nach Meinung der Autoren wird mit diesem Fragebogen nicht nur eine zuverlässige Ermittlung von Einstellungen gegenüber Körperbehinderten angestrebt, sondern darüber hinaus sollen Erkenntnisse über die Struktur dieser Einstellungen sowie ihre Abhängigkeit von anderen Einstellungen, Verhaltenstendenzen, Persönlichkeitsmerkmalen und sozialen und situativen Bedingungen gewonnen werden. In der vorläufigen Endfassung besteht die Skala aus 38 Items im Likert-Format. Die faktorenanalytische Überprüfung erbrachte nach Angabe der Autoren folgende vier Dimensionen:
1):„Unbehagen bei Kontakt mit Körperbehinderten, Kontaktunsicherheit“;
2):„Eingeschränkte funktionale Kompetenz Körperbehinderter, besonders in beruflicher Hinsicht‘‘;
3):„Emotionale Unausgewogenheit und soziale Unangepaßtheit.Körperbehinderter‘“ und
4):„Ablehnung sozialer Integration/ Befürwortung von Segregation“‘.
Diese Skala diente unserer Untersuchung als Vorgabe und wurde an der Population noch einmal faktorenanalytisch überprüft, wobei sich folgendes herausstellte:
Bei der ersten faktorenanalytischen Überprüfung ergaben sich vier, allerdings wenig eindeutig interpretierbare Faktoren. Es wurde deutlich, daß die Items, die bei Seifert& Bergmann dem Faktor: „Eingeschränkte funktionale Kompetenz Körperbehinderter, besonders in beruflicher Hinsicht‘ zugeordnet wur
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII; Heft 3, 1991
den, bei unserer Überprüfung sich auf alle Faktoren verteilten und dadurch eine eindeutige Faktorenzuordnung erschwerten.
Bei einer weiteren faktorenanalytischen Überprüfung wurden deshalb die Items Nr. 2,5,9,12,18,23,25,27,32,34,35 und 37 aus dem urpsrünglichen Fragebogen von Seifert& Bergmann eliminiert. Eine erneute Faktorenanalyse ergab drei gut zu interpretierende Faktoren mit folgender Charakterisierung der faktoriellen Struktur:
Faktor I(Varianzanteil: 18,06% mit den Items: 3,4, 7,11,13,14,17,19,22, 24, 31 und 38);
Faktor II(Varianzanteil: 11,06% mit den Items: 16, 21, 30, 33 und 36);
Faktor III(Varianzanteil: 0,23% mit den Items: 1,6, 8, 10, 20 und 26).
Eine Itemanalyse der den Faktor zugeordneten Items erbrachte für alle Items des Faktors I eine sehr günstige Trennschärfekorrelation von Minimum bei Item 4(.454) und Maximum bei Item 20 (.727). Ebenso günstig fiel die Itemanalyse der dem Faktor II zugeordneten Items aus: Die Trennschärfekorrelation reichte von.580 bei Item 21(Minimum) bis.726 bei Item 36(Maximum). Nach der Itemanalyse der Items des Faktors III wurden dieltems 6 und 20 wegen eines Trennschärfeindexes von.30 eliminiert, bei den verbliebenen Items reichte die Trennschärfekorrelation von.586 bei Item 20(Minimum) bis.646 bei Item 1 (Maximum). In Anlehnung an Seifert& Bergmann(1983) sollen Faktor I mit: „Unbehagen bei Kontakt mit Körperbehinderten; Kontaktunsicherheit‘“, Faktor II mit:„Emotionale Unausgewogenheit Körperbehinderter‘“ und Faktor III: „Befürwortung sozialer Integration Behinderter‘ bezeichnet werden.
In die Verrechnung der Ergebnisse gehen also zusammenfassend drei Dimensionen mit insgesamt 23 Items ein. Jedem Item wurde eine fünf-stufige Beantwortungsskala zugeordnet(völlig-weitgehend-teilweise-kaum-gar nicht zutreffend).
145