Erwin Breitenbach& Christine Plahl- Veränderungen im Störungsbild sprachbehinderter Vorschulkinder
Prozent
20
10
1988-1989
1980-1983
VM FG FK RL RB
LD HMS SG
KS FM GM
Abb. 5: Zusammenfassung der Ergebnisse aus allen Teilbereichen der visuellen und auditiven
Wahrnehmung sowie der Motorik
Prozent
20
15
10
Abb. 6: Gleichzeitige Auffälligkeiten in den Bereichen visuelle und auditive Wahrnehmung, der Motorik und der intellektuellen Leistungsfähigkeit (1= nur eine Auffälligkeit, 2= zwei Auffälligkeiten gleichzeitig, 3= drei Auffälligkeiten gleich
zeitig, 4= vier Auffälligkeiten gleichzeitig)
Diskussion
Die erhobenen und analysierten Daten widerlegen somit die eingangs formulierte Hypothese H3 nicht, sondern stützen sie. Ein vermehrtes Auftreten neurologischer Auffälligkeiten konnte
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nicht gefunden werden. Die gefundenen Gruppenunterschiede zu H, sind statistisch nicht signifikant.
Dennoch läßt sich zusammenfassend feststellen: Die Klientel der Schulvorbereitenden Einrichtung stellt sich uns im Jahr 1989 deutlich anders dar als im
Jahr 1980. Die Analyse der Daten läßt die Entwicklungsverzögerungen und Entwicklungsauffälligkeiten der Kinder aus den letzten Jahren vielfältiger, vielschichtiger und extremer erscheinen. Zur Erklärung dieses Phänomens bieten sich zwei Faktoren an:
1. Die beobachteten Veränderungen beim Vergleich der Daten sind Ausdruck einer tatsächlichen Veränderung im Erscheinungsbild der Kinder. Befunde, die diese Interpretation der Ergebnisse nahe legen, wären:
— Fälle zerebraler Komplikationen bei virusbedingten Kinderkrankheiten haben stark zugenommen(Asperger 1986; Radl 1970).
— Unsere hochtechnisierte Welt führt vermehrt zu Unfällen(z.B. Vergiftungen, Verkehrsunfälle) vor allem im Kleinkindalter. Die durch den medizinischen Fortschritt häufiger am Leben erhaltenen Kinder tragen oft als Residualschäden unterschiedlichste Defekte des Zentralnervensystems davon(Asperger 1986; Lesigang 1986). — Eine Reihe von Autoren konstatieren einen in beängstigendem Maße ansteigenden Medikamenten- und Drogenkonsum während der Schwangerschaft mit seinen vielfältigen Störungen der prä- und postnatalen Entwicklung der Kinder(Wittling 1980). — Die sich ständig verschlechternden ökologischen Bedingungen wie z.B. zunehmender psychischer Stress, immer höhere Giftkonzentration in Nahrung und Luft oder die ungünstiger werdende Wohnumwelt sind in ihren Auswirkungen auf den Menschen und damit im besonderen auf die kindliche Entwicklung nicht zu unterschätzen(Larbig 1980).
2. Die in den Untersuchungsergebnissen zum Audruck kommende Zunahme der Vielfalt und Komplexität der Entwicklungsverzögerungen ist die Folge eines Zuwachses an Wissen über Entwicklungsauffälligkeiten und Entwicklungsstörungen. In diesem Zusammenhang wurden auch die diagnostischen Verfahren verfeinert, so daß die Probleme und Schwierigkeiten dieser Kinder heute differenzierter
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVI, Heft 4, 1990