Jens Wienhues- Krankenpädagogik
was die Arbeit der Krankenhauslehrer nicht selten erheblich erschwert.(Die Erwähnung der Tatsache, daß jeder Lehrer, unabhängig von seinem Anstellungsträger, in seinem Unterricht der schulischen und nicht der medizinischen Fachaufsicht untersteht, löste noch Anfang der achtziger Jahre in Kreisen von Kinder- und Jugendpsychiatern ungläubiges Erstaunen aus. Sie wollten nur einen Lehrer, doch mit ihm kaum eine Institution und ein gesellschaftliches Subsystem in ihrer Klinik.) Der Arzt kann zwar Ort und maximalen Umfang des Unterrichts bestimmen, er hat aber keinerlei Verfügungsgewalt hinsichtlich der Unterrichts
Literatur
inhalte. Auf dieser Basis können Art und Umfang der Kooperation(anders als bei den sog.„Heilhilfspersonen‘) nicht bestimmt, sondern nur partnerschaftlich ausgehandelt werden. Heilungsauftrag und Bildungs- und Erziehungsauftrag stehen zwar nebeneinander, können aber nie identisch sein.
„Krankheit“ ist kein pädagogischer Fachterminus, davon kann man sich beim Studium pädagogischer Fachlexika überzeugen,„Bildung“ kein medizinischer. Beide lassen sich jedoch aus der Betrachtung des Menschen nicht ausklammern. Gerade weil die Krankenpädagogik die in medizinischen Einrichtungen auffindbaren und die gemäß medizinischer De
finitionen als krank bezeichneten Menschen betreuen will, ist sie auf das jeweils geltende medizinische Krankheitsverständnis verwiesen. Umgekehrt ist sie allerdings aufgerufen, in Diskussion mit der Medizin deren Auffassung kritisch zu hinterfragen und über das Verhältnis von Bildung/Erziehung und Gesundheit, von Medizin und Pädagogik nachzudenken. Solange die Adressaten und Interaktionszeiträume von Medizin und Krankenpädagogik identisch sind, ist an eine Emanzipation von der Medizin nicht zu denken. Gerade diese Einsicht zwingt um so mehr zu kritischer Auseinandersetzung!
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Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. Jens Wienhues Igelweg 2 CH-4313 Möhlin
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