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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Kurze Replik auf Anstötz

Von Hansjosef Buchkremer

In vereinbarter Kürze werden:

die Frage nach Anstötzens eigener Position wie­derholt;

diezirkuläre Argumentation für die Zirkulari­tät des Lebens verteidigt;

ME CZ Short retrospect on Anstötz The question on Anstötz own point of view shall

be briefly repeated. Therotating argumentation for the rotating of

das Tötungstabu gefordert;

derPersonifizismus als neue Form vonChau­

vinismus gedeutet und

die argumentative Beteiligung der Leser erbeten.

Es ist vereinbart, daß meine zweite Er­widerung kurz sein soll. Diese Vereinba­rung möchte ich einhalten. Daher nur ei­nige kurze Bemerkungen zu Christoph Anstötz Antwort auf meine erste Ent­gegnung.

® Die Feststellung Anstötzens, in me­thodologischer Hinsicht mit Tooley über­einzustimmen, stellt mich nicht zufrie­den. Was ich vermisse, ist ein Bekennt­nis zur inhaltlichen Position Tooleys oder eine Absetzung von ihr.

® Anstötz hat Recht, wenn er auf das Zirkuläre meiner Argumentation für das Leben abhebt. Unrecht hat er, wenn er meint, ich wolle auf diese Weise das Leben oder das Recht auf Lebenbe­gründen. Das Leben selbst ist zirkulär: Es verläuft vor menschlichen Horizon­ten in Kreisläufen, ist da, ehe wir es noch denken und vergeht vielleicht, wenn wir es noch denken möchten. Es existiert vor, jenseits und wohl auch hin­ter allen kleinlichen und großmütigen Rechtsverhältnissen der Menschen.

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life will be defended.

The taboo of killing will be claimed.

Thepersonificism will be interpreted as a new kind ofchauvinism

and

an argumentative contribution of the reader shall

be asked for.

Allerdings ist es angreifbar mit Taten und Worten und dann gehört es vertei­digt, vor, während und nach den Über­griffen. Da es zirkulär ist, läßt es sich auch zirkulär verteidigen.

® Anstötz hat absolut Unrecht, wenn er mir unterstellt, auch ich maße mir an, eine Entscheidung darüber zu treffen, wer ein Recht auf Leben besitzt. Noch einmal: Das Leben darf kein Gegenstand menschlicher Rechtsgeschäfte sein, wer­den, bleiben.

Es gehört tabuisiert.

® Die durch zahllose hochrangige Geset­ze allen voran der Dekalog eingelei­tete Schonung von menschlichem Leben muß in(im) Ringen moralischen Wachs­tums auf die Stufe eines generalisierten Tabus sowie Zug um Zug auf nicht menschliche Lebenswelten ausgedehnt werden. Die in diesem Zusammenhang von Tooley verbreitete Trennungslinie zwischenPersonen undNicht-Perso­nen stellt einen solchen Wachstums­ring nicht dar:

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG

Sie gibt Anteile der Spezies homo verlo­ren, während sie Anteile anderer Spezies zu retten versucht.(Letztlich läßt sich der Personifizismus in die Riege von Ras­sismus, Sexismus, Speziezismus stellen, die jeweils an akzidentellen Eigenschaf­ten von Gruppen exitentielle Privilegien festmachen wollen. Die Personifizisten wie Tooley, Singer(und Anstötz?) be­nutzen dazu die Eigenschaften Selbstbe­wußtsein und Perspektive.)

Zum Abschluß, sehr geehrte Leser, möchte ich Sie, wie ich weiß auch im Namen von Christoph Anstötz, um Ihre Beteiligung an unserer Diskussion bitten. Befürchten Sie bitte nicht, wegen mögli­cher Unlogiken und Irrationalismen Ihrer Äußerungen kritisiert zu werden; Sie werden wielleicht deshalb kritisiert, aber befürchten Sie es nicht! das Leben ist nicht immer logisch, oft unlogisch, nicht immer rational, oft irrational. Wenn wir zu lange überlegen, wie wir es be-haupt­en, verlieren vielleicht unterdes einige von uns Kopf(= Haupt) und Kragen.

Band XV, Heft 3, 1989