teiligsten in Kompensation zu ihren unverdienten Schwächen bewerkstelligt (Herr 1977, 302).
Die gegenseitige Übereinkunft der Vertragspartner wird alle Wechselfälle des Lebens abzudecken streben. Die Verpflichtung, sich auch nach der Lüftung des Schleiers des Nichtwissens an die Übereinkunft zu halten, erwächst aus der vernünftigen Wahl der Prinzipien. Weiterhin wird diese Verpflichtung durch die schrittweise Lüftung des Schleiers gesichert.
Ein wichtiger Aspekt ist dabei, daß diese Prinzipien auf alle Mitglieder der Gesellschaft angewendet werden und somit dem Vorwurf entgegengewirkt wird, daß es sich um Privilegien der am meisten Benachteiligten handelt, denn jeder hat ja so das Recht auf eine solche Förderung. Es handelt sich somit um eine Vergrößerung der Rechte für alle und nicht um Privilegierung einzelner Gruppen(Murphy 1984, 3). Behinderte voll zu berücksichtigen ist eine Konzeption, die sich auf einer so allgemeinen Ebene bewegt, wie etwa die Menschenrechtserklärung. Solche Überlegungen müssen jeder verfassungsmäßigen Verankerung von Rechten vorausgehen und geben einen Bezugsrahmen ab, der ein moralisch verantwortliches Handeln erst möglich macht(Rutherford 1979, 1101).
Literatur
Die Wahlsituation, auch Urzustand genannt, ist durch ihre einschränkenden Bedingungen in der Form des Schleiers des Nichtwissens dazu geeignet, allgemeinverbindliche, da durch Konsens entstandene, Prinzipien zu finden. Der von allen menschlichen Schwächen bereinigte Urzustand verliert nach der Prinzipienwahl langsam den idealen Charakter, indem der Schleier des Nichtwissens sich lüftet. Durch das sogenannte reflektive Gleichgewicht kann, wenn ein Ungleichgewicht zwischen den Prinzipien und den wohlüberlegten Urteilen und der Intuition besteht, erneut die Wahlsituation auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Es müssen, wenn diese Prüfung negativ ausfällt, die Urteile geändert werden:„Die Rechtfertigung moralischer Normen ist umso effektiver, je größer die positive Korrelation zwischen den Resultaten der Anwendung unserer Theorien auf konkrete Situationen und unseren intuitiven moralischen Urteilen hinsichtlich dieser Situation ist... Wir behaupten damit nicht, daß unsere konkreten moralischen Urteile evident wären. Vielmehr können sie im Lichte überzeugender Theorien revidiert werden. Jedoch gilt in der Regel, daß die moralischen Intuitionen individueller Testpersonen Testfälle für Theorien der Rechtfertigung moralischer Normen sind. Dies ist eine Auffassung, die der von J. Rawls
Iris Bartkiewicz* Die Rawlssche Theorie
und seinem reflektiven Gleichgewicht nahesteht‘“(Patzig 1983, 353). Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Rawls Theorie der Gerechtigkeit in hohem Maße die Belange der Gruppe der Behinderten sowie anderer Minderheiten berücksichtigt. Hinsichtlich der Rechtfertigung, Behinderten zu helfen, läßt sich somit folgendes feststellen. Durch Urzustand und Maximin-Regel wird garantiert, daß sich potentiell jeder Wähler, als der am meisten Benachteiligte, somit als potentiell behindert, sieht und unter dieser Voraussetzung Grundsätze wählt. Die so gewählten Gerechtigkeitsprinzipien gewährleisten den Behinderten Hilfestellungen in Hinblick auf die Wiederherstellung der vollen Eigenverantwortlichkeit. Die Behinderten unterliegen den gleichen formalen Bedingungen wie alle anderen Menschen, da Ungleichheiten natürlicher Art als unverdient angenommen werden und damit nicht ins Gewicht fallen. Das Recht auf volle Inanspruchnahme der Freiheit (1. Prinzip) muß so gegebenenfalls durch Hilfen ausgeglichen werden(2. Prinzip). Dies ist eingebettet in das Modell einer funktionierenden Gesellschaft, die auf das größte Glück eines jeden Wählers ausgerichtet ist.
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