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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Buchbesprechungen

Centre de Recherche et de Meditation, Prieure Sant Thiebault, Gorze in Frank­reich. Im ersten der insgesamt drei Kapi­tel gehen die Autoren auf diewahre Dimension des Menschen(S. 38) ein und empfehlen alsKönigsweg(S. 55) dorthin die Meditation. Im Kapitel 2 gibt es u.a. eine Reihe konkreter medita­tiver Übungen, die nicht nur auf die gei­stigen Hintergründe, sondern auch auf praktische Anweisungen etwa zu Sitzpo­sitionen, Haltung, Atmung etc. einge­hen. Kapitel 3,Die wahre Freude(S. 131), befaßt sich mit Themen der Aske­se und Liebe aus christlich-religiöser Sicht. Beeinflußt ist das Buch durch die Anschauungen Karlfried Graf Dürck­heims, der im Begleittext einen engen, persönlichen Kontakt zu den Autoren betont.

Prof. Dr. Ch. Anstötz, Dortmund

Fediuk, Friedhold: Integrierter Sport mit geistig retardierten und nicht-retardier­ten Jugendlichen. Theoretische Grund­lagen und Ergebnisse einer feldexperi­mentellen Untersuchung 1988, Köln.

Die von Fediuk als Dissertation vorge­legte Veröffentlichung basiert auf einem umfangreichen Forschungsprojekt(finan­ziell unterstützt vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft, Köln) zu dem Thema Normalisierungsperspektiven im inte­grierten Sportunterricht mit geistig be­hinderten und nichtbehinderten Kindern durch koordinative und konditionelle Fördermaßnahmen.

Ziel des Verfassers ist es, mit der vorge­legten Arbeit, die in einen theoretischen und einen experimentellen Teil geglie­dert ist, einen wissenschaftlichen Bei­trag zur kontrovers diskutierten integra­tiven Unterrichtspraxis zu leisten. Bezüg­lich des Integrationsverständnisses be­kennt sich Fediuk zu der Auffassung von Feuger, der Integration als gemein­same Tätigkeit am gemeinsamen Gegen­stand in Kooperation behinderter und nichtbehinderter Menschen versteht. Auf der Grundlage dieses praxisnahen Begriffsverständnisses wird Integration als Ziel pädagogischer Förderungskon­zeptionen, als Methode in unterschied­lichen Ländern und im engen Bezug zum

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG

Handlungsfeld Sport analysiert. Der Ver­fasser resümiert, daß bisherige Untersu­chungenSport als günstiges Handlungs­feld für Lernprozesse in integrierten Gruppen ausweisen(S. 101). Da jedoch die Auswirkungen integrierter Sportpro­gramme auf bestimmte Merkmale geistig retardierter und nicht-retardierter Kin­der bisher nur unzureichend dargestellt worden sind, ist es das Anliegen des Ver­fassers, gerade diese Lücke in der For­schung zu schließen.

Im theoretischen Teil der Untersuchung erörtert Fediuk die integrationstheore­tische Grundlegung, anschließend die motorischen Fähigkeiten der Zielgruppe. In einer umfangreichen Analyse werden die motorischen Fähigkeiten geistig Re­tardierter und Nichtretardierter vorwie­gend unter dem Aspekt konditioneller und koordinativer Kompetenzen sowie in Beziehung zum Intelligenzquotien­ten und hinsichtlich geschlechtsspezifi­scher Unterschiede dargestellt.

Anhand einer systematischen Gegen­überstellung von Fähigkeitsdimensionen entwickelt der Verfasser den Standpunkt, daß sich motorische Kompetenzen aus vier Funktionen zusammensetzen, die sich mit Erfahrung oder Lerngelegenheit, Retardierung oder Schädigung, motiva­tionaler Grundlage und methodischen Faktoren umschreiben lassen(S. 174). Die von Fediuk aufgeworfene Frage der Trainingseffekte auf_Persönlichkeits­merkmale wird auf unterschiedlichen Ebenen diskutiert. Sowohl die Auswir­kungen auf motorische Fähigkeiten im konditionellen Bereich(Ausdauerfähig­keit, Kraft, Reaktionsgeschwindigkeit) und im koordinativen Fähigkeitsbereich (Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit, Handgeschick­lichkeit und Auge-Hand-Sicherheit) als auch die Auswirkungen auf den kogniti­ven und den emotionalsozialen Bereich werden detailliert vorgestellt.

Dem experimentellen Untersuchungsteil legt der Verfasser die empirisch zu über­prüfende These zugrunde, daß ein Sport­programm dann als effektive Organisa­tionsform sportlicher Betätigung ange­sehen werden kann, wenn geistig retar­dierte und nicht-retardierte Jugendliche an koordinativen und konditionellen In­halten prinzipiell interagierend teilneh­men können(S.237). Weiterhin geht der Verfasser davon aus, daß beide Per­sonengruppen bezüglich sportlicher An­passungserscheinungen gleichmäßig vom

Band XV, Heft 3, 1989

Trainingsprogramm profitieren und sich dadurch positivepädagogisch/psycho­logische Veränderungen bzw.soziale Verhaltensmodifikationen nachweisen lassen(S. 237). Fediuk sieht aufgrund der Untersuchung seine zentrale These erhärtet: Bei den nicht-retardierten Jugendlichen der inte­grierten Gruppe waren die motorischen Leistungsverbesserungen und Anpas­sungserscheinungen durchaus mit den Steigerungsraten der Kontrollgruppe ver­gleichbar, teilweise sogar höher. Auch bei den geistig retardierten Teilnehmern der integrierten Gruppe ließen sich mo­torische Leistungssteigerungen und An­passungserscheinungen objektivieren, die den Steigerungsraten der Kontrollgrup­pe entsprechen. Was die intellektuellen Fähigkeiten betrifft, haben die geistig Retardierten die Steigerungsrate der Vergleichsgruppe sogar signifikant über­troffen. Komprimiert betrachtet, profi­tierten Nichtretardierte stärker als Re­tardierte, was sich weitestgehend mit Er­gebnissen von Modellversuchen zum inte­grativen Unterricht schlechthin deckt. Der Verfasser kommt aufgrund seiner Untersuchung zu dem Fazit, daß der vielfach artikulierte Effektivitätsmangel integrierter Sportgruppen nicht bestätigt werden kann. Er fordert weitere Erpro­bungen integrativ angelegter Konzeptio­nen im Sport. Die Veröffentlichung Fediuks stellt ei­nen wichtigen Beitrag zum wissenschaft­lichen Forschungsstand bezüglich des Sports mit Randgruppen und speziell innerhalb der Integrationsforschung so­wie der integrierten Unterrichtspraxis im Sport dar. Sie enthält wesentliche Hinweise zu den komplexen Themenbe­reichen der geistigen Behinderung, der Motorik und der Integrationsproble­matik. Aufgrund der umfangreich dargestellten feldexperimentellen Studie ist der be­achtenswerte Forschungsbeitrag vorwie­gend Wissenschaftlern und den in Leh­rerfort- und-weiterbildung tätigen Kol­legen zu empfehlen. Den Praktiker kann diese Veröffentlichung ermutigen, Sport und Sportunterricht zukünftig stärker integrativ durchzuführen. Winfried Kerkhoff und Irmhild Wolff-Brembach, Berlin

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